International Campaign for Real History
Check out the new David Irving bookstore at Irvingbooks.com
Quick navigation

Alphabetical site index (text)

[Transcript of Karl Thöt stenographic diary, 1942-19431]

To open footnotes in a separate window, mouse over footnote

 

Stenografisches Tagebuch geführt von Reichstagsstenograph Karl Thöt (Stenografischer Dienst des Führerhauptquartiers) September 1942 &endash; Mai 1945.

 

1942

11. September 1942

Wegen der knappen Zeit nicht zum Bahnhof Berlin-Charlottenburg sondern gleich nach dem Bahnhof Berlin-Friedrichstraße gefahren, dann mit dem Kurierzug ab 20,15 Uhr. Schlafwagen II. Klasse zusammen mit Kollegen Peschel.2 Gegen 22 Uhr zu Bett.

12. September 1942

6,50 Uhr geweckt. Um 7,50 Uhr Ankunft an einem Bahnhof vor Warschau. Vom Bahnsteig in bereitstehendem Auto durch die Vorstadt Warschaus zum Fliegerhorst. Dort gefrühstückt. Gegen 9 Uhr holt das Auto uns ab zum Flugzeug Junkers 52. 9,08 werden die Motoren angeworfen. 9,09 hebt sich der Vogel in die Luft. Herrliches Flugwetter. Strahlend blauer Himmel. Als größte Höhe erreichen wir 1800 Meter kurz nach dem Start über die mit Sandbänken übersäte Weichsel. Etwa von 10,30 Uhr bis gegen 11,50 geschlafen. 11,55 Zwischenlandung in Shitomir. Zehn Minuten Aufenthalt. Kurze Unterhaltung mit Reichsleiter Hilgenfeldt. Start 11,48 Uhr, Landung 12,20 Uhr.

Vom Flugplatz ab mit Auto 12,40 Uhr, gegen 13 Uhr am Ziel. Nach kurzer Vorstellung Heim - Bormann Mittagessen im Kasino. 16 Uhr Kaffeetrinken. 20,30 Abendessen. Am Abend 22 Uhr Kino „Masquerade" mit Paula .... [usw].

13. September 1942.

Aufstehen 7,45 Uhr. Nach dem Waschen: Niederschrift.1

14. September 1942.

Morgens beim Zahnarzt.

11,30 Uhr: Vorstellung, Meldung, Vereidigung.2

ab 12 Uhr: Dienstbeginn.

Die Entlassung des Generalstabschefs [Franz] Halder.3 Abends mit SS Obergruppenführer [Julius] Schaub bis 2,00 Uhr

Mit Arbeit ausgefüllt.4 Reichsmarschall Göring. Die folgenden Tage erwiesen, daß die Fülle der Arbeit die Zuziehen weiterer Kollegen erforderte. Es trafen dann bereits am 18. September Dr. [Ewald] Reynitz, Dr. [Hans] Jonaschat und Herr [Heinrich] Berger als Verstärkung ein.

An diesem Tage hatten sich meine Zahnschmerzen so verstärkt, daß ich den Zahnarzt anrufen und mich sofort zu ihm zur Zahnoperation begeben mußte. Es war das erste Mal, das ich auf dem Operationstisch lag. In einem Zustand noch anhaltender Betäubung wurde ich zurückgefahren und legte mich sofort aufs Bett. Hier wurde ich nach einigen Stunden geweckt durch das Hereintreten der inzwischen angekommenen Kollegen. Ich stand dann auf und es dauerte noch bis zum Abend, ehe ich richtig zu mir gekommen war und einen klaren Gedanken fassen konnte.

(26. September - 4. Oktober 1942 in Berlin Reichskanzlei.)

1. November 1942

Nach am Abend zuvor erfolgter Abschiedsfeier im Kasino erfolgte an diesem Tage die Übersiedlung ins Winterhauptquartier [Wolfsschanze]. Unmittelbar von der [Lage-]Aufnahme weg ging es ins Auto und von hier sofort zum Flugplatz. In der Eile des Aufbruchs war mein Käppi abhanden gekommen.1 Ohne Kopfbedeckung ging die Übersiedlung vor sich. Es war ein herrlicher Flug. Durch die tiefhängende Wolkendecke hindurch stieß unsere Kondor bald in den klarblauen Himmel, und der Anblick, der sich darnach bot, bezauberte mich immer wieder derart, daß ich, während fast alle anderen sich von der nächtlichen Abschiedsfeier erholend, schliefen, immerzu zum Fenster hinausschaute und ein Lied nach dem anderen vor mich hin summte.

Zum Nachmittagskaffee waren wir am Ziel, das heißt, wir waren so zeitig, daß noch das Mittagessen gereicht wurde. Unsere neue Unterkunft erwies sich als sehr schön: getrennte Arbeits- und Schlafräume, dazu einen wundervollen gediegenen Aufenthaltsraum.

8. November 1942

Nach Alarm und Aufbruch Start. Schon am Vormittag ging es heute zur ersten Fahrt im Sonderzug nach München, wo wir am Nachmittag des

9. November 1942

eintrafen. Vom 9. bis 13. November waren die Tage mit viel Arbeit mit Rücksicht auf die Landung der Engländer und Nordamerikaner in Marokko, Algier und Tunis angefüllt. Besprechungen mit Graf Ciano und Laval. Reichsmarschall Göring1 fand uns in unserer Reithose sehr wie er sagte „kriegerisch aufgemacht"! Am

13. November 1942

18,15 Uhr erfolgte die Weiterreise nach Berchtesgaden. Wir wurden im Platterhof untergebracht, wo wir sehr gut aufgehoben waren. Zehn Tage blieben wir dort. In dieser Zeit erkrankte Dr Reynitz an einer Grippe und Dr Hagen's Vater verstarb plötzlich, so daß beide Kollegen ausfielen. Trotzdem konnte ich in dieser Zeit einen Besuch bei Frau Graßl in der Schönau unsere Urlaubswirtin aus dem Jahre 1933 ermöglichen, und zwar bereits am 15. November. Ich habe einige Tage mit Berger zusammengearbeitet. An einem dieser Tage sprach uns der Führer auf der Terrasse des Berghofs an. Die Unterhaltung wurde leider nach kurzer Zeit durch das Dazwischentreten des Gesandten [Walther] Hewel unterbrochen.

Das Wetter war in den ersten Tagen unfreundlich und durch Nebel gekennzeichnet, dann aber schneite es anhaltend und nach wenigen Tagen war alles in eine zauberhafte Winterlandschaft verwandelt, die zu genießen mir leider nicht allzu viel Zeit verblieb. Am

23. November 1942

erfolgte die Abreise von Berchtesgaden. Der Omnibus des ,,Platterhofs" trug uns in eine vom Mond beschienene zauberhafte Schneelandschaft. Leider führte die Rückreise nicht, wie erhofft, über Berlin sondern geradewegs zurück ins Hauptquartier wo wir am

25. November 1942 früh

gegen 4 Uhr eintrafen. Von nun ab ging die Arbeit wieder ihren gewohnten Gang. Sie erfuhr für mich eine angenehme Unterbrechung dadurch, daß ich zur Feier meines 10. Hochzeitstages am

3. Dezember 1942

einen 36-Stunden-Urlaub nach Berlin erhielt.1 Ich fuhr am 2. abends ab und am Morgen des 3. kurz nach 9 Uhr kam ich am Schlesischen Bahnhof an. Am 4. Dezember abends erfolgte die Rückreise.

5. Dezember 1942

nahm ich meine gewohnte Arbeit wieder auf.

24. Dezember 1942

Das Weihnachtsfest wurde am 18 Uhr eingeleitet mit einer kleinen Weihnachtsfeier. Zwischen den Essen hielt Reichspressechef Dr. Dietrich die Weihnachtsansprache. Der offizielle Teil war gegen 20 Uhr beendet, was nicht hinderte, daß ich bis gegen 4 Uhr in der Frühe in fröhlichem Kreise noch aushielt. Mit von der Partie waren die Kollegen Dr. [Fritz] Dörr und [Heinz] Buchholz,2 die als Verstärkung auf persönlicher Veranlassung des Führers noch zu uns gestoßen waren und leider gerade zwei Tage vor dem Fest von Hause weggeholt wurden. Der

25. Dezember 1942

trug für mich eine besondere Note. Ich war zusammen mit dem Kollegen Dörr Stenograf vom Dienst, der am Abend dieses Tages zum ersten Mal zur Aufnahme antrat. Wir wurden ziemlich zeitig in das Arbeitszimmer des Führers gerufen, und vor Beginn der Aufnahme, in welcher Zeit wir mit dem Führer allein waren, wurden wir von ihm angesprochen. Der Inhalt dieser Unterhaltung war doch für uns alle [Anm.: also, die beamteten Stenografen] doch so wichtig und interessant, daß ich sie im folgenden aus dem Gedächtnis und an hand skizzenhafter Unterlagen wiedergeben will. Die Unterhaltung begann damit, daß der Führer sich für unser Schreibwerkzeug interessierte und danach fragte. Ich erwiderte -- da Dr. Dörr völliger Neuling war spielte sich alle folgende, was Rede und Gegenrede betraf, zwischen dem Führer und mir ab -- ich erwiderte, daß sei individuell verschieden: ich selber schreibe mit Kopierstift nachdem ich bis vor kurzem noch mit Bleistift geschrieben habe; der Kollege (also Dr. Dörr) schreibe mit Füllfeder, andere Kollegen teils auch mit Füllfeder, teils mit Bleistift oder Kopierstift.

Der Führer führte dann dem Sinne nach folgendes aus und zwar selber am Tisch stehend, während wir auf seine Veranlassung hin sitzen blieben: „Ich habe mich früher schon öfter der Stenografen bedient. Noch in der Kampfzeit im Jahre 1931 oder 1932 wurde ich in einem Prozeß gegen Dr. Goebbels in Berlin als Zeuge vernommen. Der Rechtsanwalt - ein Halbjude - traktierte mich an diesem Tage von morgens 9 Uhr bis abends 7 Uhr mit einer Frage nach der anderen, um mir eine Falle zu stellen. Und ebenso wußte ich, daß die damalige Presse nur darauf wartete, mir an hand meiner Aussagen alles Mögliche zu unterstellen, um eine Handhabe gegen mich zu haben. Da nun Gerichtsprotokolle von der Verhandlung eines Tages einen Umfang von höchstens nur 3 bis 4 Seiten haben, daraus also nichts Genaues zu entnehmen ist, habe ich mir für diesen Tag zwei Stenografen aus dem Bayerischen Landtag mitgenommen, und diese Herren haben mir eigentlich die Freiheit gerettet" - eine Bemerkung, mit der er diesen Teil der Unterhaltung bereits eingeleitet hatte - „Es ist genauso gekommen wie ich mir das vorgestellt hatte. Die Presse hat an den folgenden Tagen meine Aussagen völlig entstellt wiedergegeben mit dem Ziel, eine Anklageerhebung gegen mich herbeizuführen. Daraufhin habe ich mich dem Gericht gegenüber auf die stenografische Niederschrift dieser beamteten Stenografen berufen, an der nicht zu rütteln war, und durch dieses unwiderrufliche Zeugnis ist es dann auch nicht zu einer Anklageerhebung gekommen."

Ich hatte den Führer zwischendurch bereits gefragt, ob er sich noch der Namen dieser beiden Herren erinnern könne, das würde uns interessieren, denn das müßten ja Kollegen von uns gewesen sein. Auf die Namen konnte er sich aber nicht mehr besinnen. Er meinte nur, das sei ihm sehr teuer gekommen, der Tag habe ihn 800 Mark gekostet!

Ich bemerkte sodann, daß wir seit 1935 vielfach, angefangen mit dem Reichstagsbrandstiftungsprozeß, zur Aufnahme von Gerichtsverhandlungen zugezogen worden seien. Der Führer fuhr dann fort: „Die Stenografie halte ich überhaupt für sehr wertvoll. Ich bin auch sehr froh, daß ich Sie jetzt hier habe, und bedauere nur, Sie nicht schon früher hergeholt zu haben, denn ich will durch die stenografische Aufnahme einmal die Verantwortlichkeit festlegen. Ich muß mich ja hier um jeden Kleinkram selbst kümmern. Und zum anderen sollen die Sachen hier auch für die spätere kriegsgeschichtliche Forschung festgehalten werden. Es ist doch zum Beispiel ein Skandal, daß heute noch nicht die Verantwortlichkeit für den Verlust der Marne-Schlacht 1914 feststeht, und ebenso, daß sich auch heute noch die Militärschriftsteller darum streiten, wer eigentlich die Schlacht bei Tannenberg gewonnen hat - ob Hindenburg oder Ludendorff. Aber ich will das auch für später beibehalten, zum Beispiel auch für die Aufnahme von Kabinettsitzungen, in denen zum Teil doch so wichtige Entscheidungen gefällt werden daß sie festgehalten zu werden verdienen. Das gesamte Material kann dann ja in Panzerschränken in der Reichskanzlei aufbewahrt werden, zu denen eben nur der spätere Bearbeiter Zutritt hat. Ich bin jedenfalls froh, daß Sie jetzt hier sind."

Hier warf ich ein, „Ich bitte, Ihnen, mein Führer, bei dieser Gelegenheit einmal sagen zu dürfen, wie stolz wir auf die Berufung zu Ihnen sind und wie froh wir sind, diese hohe Aufgabe hier erfüllen zu dürfen."1 Der Führer lächelte. Dann fuhr ich fort unter Hinweis auf den Kollegen Dr. Dörr, „Der Kollege hier empfängt übrigens hier heute abend seine Feuertaufe." Worauf der Führer sich Dörr zuwandte mit den Worten, „Nun es wird Ihnen anfangs auch etwas schwer fallen, aber Sie werden sich mit der Zeit genauso hineinfinden wie die anderen Herren."

Nachdem danach eine kleine Pause eintrat, nahm ich die Gelegenheit wahr, dem Führer noch zwei dienstliche Wünsche vorzutragen. Ich machte den Führer auf das Geräusch beim Karten-zusammenfalten aufmerksam und wies daraufhin, daß währenddessen, wenn weitergesprochen wurde, wir nichts verstehen könnten. Er hörte sehr interessiert zu und antwortete, „So? Das ist gut, daß Sie mir das sagen, dann werde ich das berücksichtigen und abstellen." Und nachdem ich damit ein so williges Ohr gefunden hatte, trug ich anschließend noch eine weitere Bitte vor: besonders schwierig sei für uns auch die Aufnahme des allabendlichen Telefongesprächs, weil der eine Hörer bezw. Hörmuschel unzureichend sei; erstens sei die Lautstärke sehr schwach und zweitens müßte man die Muschel festhalten, so daß das Papier einem unter der anderen Hand wegrutsche. Sofort ging der Führer auch darauf ein und sagte, „Da gibt es doch solche Hörer mit Kopfbügeln. Gut, das werde ich sofort veranlassen." (In der Tat wurde dann dieser Wunsch schon nach zwei Tagen erfüllt.)

Am Schluß dieser Unterhaltung erlaubte ich mir dann noch den Hinweis, in Berlin habe man Anfang Dezember ihn, den Führer, erwartet. Er blickte mich daraufhin erstaunt an, worauf ich ihm sagte, die Berliner hätten das daraus geschlossen, daß die Krolloper für einige Tage geschlossen worden sei, was bis dahin Immer ein Zeichen für eine bevorstehende Reichstagsitzung gewesen sei. Der Führer lächelte und meinte, Nein, das habe nur mit der Übersiedlung der Staatsoper, die bis dahin in der Krolloper zu Gast gewesen sei, zusammengehangen. Die Staatsoper sei nun wieder in ihr altes Gebäude übergesiedelt, worüber er besonders froh und glücklich sei.

In diesem Augenblick wurde die Lage gemeldet und die Unterhaltung fand damit ihr Ende.

31. Dezember 1942

Der letzte Tag des alten Jahres brachte noch viel Arbeit. Nach der Abendlage wurden wir noch um 10 Uhr zu einer Sonderbesprechung gerufen, die erst kurz nach 11,45 beendet war; so überlegte ich bereits, ob wir dem Führer am Schluß unsere Neujahrswünsche aussprechen sollten. Nachdem aber die in der Besprechung anwesenden Herren das nicht taten, kam es für, uns infolgedessen auch nicht in Frage. Ich ging dann mit Dörr zu unsere Baracke zurück, um die Stenogramme einzuschließen. Aber die Kollegen und Damen waren schon alle zur Sylvesterfeier im Kasino, sodaß wir nichts ausrichten konnten, da wir die Panzerschrankschlüssel nicht hatten. Also machten wir uns auch auf zum Kasino. Unterwegs, mitten auf der Strasse, schlug es vom Kirchturm Mitternacht - das Neue Jahr hub an. Und so tauschte ich zum ersten Mal in meinem Leben Neujahrsglückwünsche auf der Landstrasse.

Als wir im Kasino anlangten, hielt Gruppenführer [Julius] Schaub gerade die Sylvesteransprache, sodaß wir, um nicht zu stören, solange noch auf dem Gang draußen blieben. Dann gerieten wir in den Austausch der Glückwünsche hinein.

Beim Betreten des Kasinos übermittelte ich als erstem dem Gruppenführer meine Glückwünsche und schloß mich dann der allgemeinen Runde an. Da wir aber nach wie vor das Paar vom Dienst bildeten, mußten wir uns im Alkohol-Sektgenuß betonte Zurückhaltung auferlegen, was für mich zur Folge hatte daß ich wieder einmal bewußter Zeuge wurde von im angeheiterten, um nicht zu sagen berauschten Zustand ausgestoßenen Bemerkungen, die sich - von Unkundigen oder aus anderen Gründen, die hier nicht näher zu erörtern sind, von gegen uns Voreingenommenen ausgesprochen - zum Teil gegen unsere Berufsehre richteten und mir den Rest der Sylvesterstimmung aber auch völlig verdarben.

In unserem Aufenthaltsraum setzten wir unter uns die Aussprache über diese Zwischenfälle fort und erst nach zwei oder drei Tagen hatten wir dann die Genugtuung, daß uns Gerechtigkeit widerfuhr und die in der Trunkenheit gemachten Äußerungen in aller Form zurückgenommen wurden, wenn dies auch in meinen Augen keine Rechtfertigung der Betreffenden bedeutet. Aber von diesem wenig netten Abschluß abgesehen - was für ein bedeutsames Jahr lag nun hinter mir!

  • Am 1. Januar 1942 war meine Ernennung zum unmittelbaren Reichsbeamten auf Lebenszeit erfolgt;
  • Am 20. April, dem Geburtstag des Führers, war mir das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern verliehen worden;
  • Am 11. September erfolgte meine Berufung ins Führerhauptquartier.

 

1943

„Des Dienstes ewig gleichgestellte Uhr" war noch in den letzten Tagen des alten Jahres für einige Kollegen in angenehmster Weise zum Stillstand gekommen; vom 23. bis einschl. 25. Dezember, d.h. für zwei Tage, waren Dr. Peschel und Dr. Jonuschat bereits nach Berlin beurlaubt worden. Am 30. Dezember begann dann der inzwischen durchgesetzte regelrechte Urlaubsturnus, Berger und Dr. Reynitz fahren an diesem Tage auf einen einschließlich der Reise 16 Tage dauernden Erholungsurlaub; am 16. Januar traten sie wieder zum Dienst an und nun traten Dr Hagen und ich als Zweiturlauber an ihre. Stelle. Nach einigen Überbrückungstagen trat Dr Hagen am 18. abends die Reise nach Berlin an, während für mich erst am 19. Januar der Urlaub begann. Sechzehn schöne Tage lagen vor mir, als ich den Kurierzug bestieg. [. . .]

4. Februar 1943

Ohne Fahrkarte, nur mit einem Sonderausweis und einer Bettkarte ausgestattet, nachdem die Ausstellung einer Fahrkarte vergessen worden war, verabschiedeten wir uns auf dem Potsdamer S-Bahnhof. Mit einem Einzelabteil war es durch das unerwartete Versehen nichts mehr. Aber in der Person eines älteren Hauptmanns, eines Wieners, der von der Front von Leningrad auf Urlaub in Berlin war und nun zum Besuch von Professor Dr. [Karl] Brandt [Prof. Dr. med. Karl Brandt, Begleitarzt des Führers] ins Führerhauptquartier fuhr, hatte ich einen angenehmen Partner. Wir unterhielten uns bis gegen 11 Uhr angeregt miteinander, und weder er noch ich selber ahnten, daß ich eine Episode aus dieser Unterhaltung am 5. Februar in einer neuerlichen Unterhaltung mit dem Führer verwerten sollte. Um 10 Uhr war ich in der Baracke eingetroffen und schon um 11,15 Uhr ging's mit Dr. Reynitz wieder zur Aufnahme. In einer kurzen Verhandlungspause, während der wir mit dem Führer im Zimmer allein blieben, sprach der Führer uns an. Im Zimmer war es sehr kalt und in seiner persönlichen Fürsorglichkeit für uns meinte er wir würden wohl frieren, er werde uns daher eine Heizsonne unter unserem Platz stellen lassen, womit wir wenigstens von unten her warm würden. [Anm.: Das ist im Bunker gewesen.] Er selbst könne die Wärme, wenn er über den Kartentisch gebeugt sei, nicht vertragen, dann bekomme er Kopfschmerzen.

Dr Reynitz's Bemerkung, „Wenn die Soldaten draußen Kälte, Schnee und Eis vertrugen würden wir das hier wohl auch aushalten" wiewohl es ihm gerade zu kalt war und er sich durch Schenkelreiben aufwärmen wollte, was den Führer wohl selbst erst aufmerksam gemacht hatte das brachte den Führer darauf, in einer besonders für uns nicht gewohnten Weise uns gegenüber von der Front zu sprechen und von der Härte und Brutalität der russischen Kriegführung: der Russe kenne eben überhaupt keine Rücksicht, er treibe zum Beispiel in einer bestimmten Gegend einfach alles, was Arme und Beine habe und sich überhaupt noch bewegen könne, zusammen und setze sie mit den brutalsten Methoden zu einer Arbeitsleistung an. -- Hierher paßte nun das, was mir am Abend zuvor mein Reisegenosse, der Wiener Hauptmann, erzählt hatte, und so meldete ich dem Führer, ich hätte gerade einen Hauptmann von der Leningradfront gesprochen, der mir unter anderem erzählt habe, in ihrem Abschnitt hätten die Russen 15- und 16-jährige Mädels junge Kommunistinnen drei Tage an Sprengladungen ausgebildet und sie dann mit Flugzeugen hinter die deutschen Linien gebracht. Dort mußten sie aus dem Flugzeug mit Fallschirm - teilweise sogar ohne Fallschirm - abspringen mit dem Auftrag, mit Hilfe der Sprengladungen deutsche Bahnlinien zu zerstören.

Auch dies ein Beispiel für die totale Kriegführung der Sowjets. (Der Hauptmann hatte noch hinzugefügt, die meisten dieser jungen Mädels hätten sie gefangen nehmen können, aber wie fanatisch schon diese Mädels seien und zum Beweise dessen, was ihnen vorgelogen worden war für den Fall, daß sie in deutsche Gefangenschaft gerieten, dafür führte er an, daß eines dieser Mädels, als es die Gefahr des Gefangengenommenwerdens vor Augen sah, sich mit einer Sprengladung selbst den Tod gegeben habe). Der Führer stellte dann den Sozialismus der Russen unserem deutschen Sozialismus gegenüber. Wenn der Russe irgendwo zum Beispiel eine Fabrik errichtet habe, so ziehe er einfach in dieser Gegend alle überhaupt noch Arbeitsfähigen heran, aber eine würdige Unterkunft schaffe er dann nur für die Kommissare und die technischen Beamten. Die Arbeiter dagegen müßten in den primitivsten Löchern sich selbst einen Unterschlupf suchen. Bauten wir hingegen in Deutschland eine neue Fabrik, so verschlinge der Bau der Fabrik nur einen Teil dessen, was daneben aufgewendet werde für eine menschenwürdige Heimstätte der Arbeiter. Der kulturelle Hochstand deutscher Arbeiter verlange nun einmal neben seiner Arbeit auch einen entsprechenden Ausgleich. Er habe die großen Werke zum Beispiel in Salzgitter errichtet: ja, dazu habe er eine ganz neue Stadt schaffen müssen, die jetzt schon über 100 000 Menschen umfasse und bald auf eine Viertel-Million ansteigen werde. Dazu müßten Strassen angelegt werden, Plätze, Elektrizität, Kanalisation, aber auch Theater, Kino und alle möglichen sonstigen kulturellen Einrichtungen. An all' das denke der Russe überhaupt nicht. Er überlasse seine Menschen ihrer Primitivität, und das ermögliche ihm jetzt auch eine viel totalere Art der Kriegführung.

Der Führer hatte sich in der Darstellung dieser Gegensätze richtig ereifert und mit einer Schnelligkeit auf uns eingesprochen, die uns, hätten wir das stenographieren müssen, sicherlich manche Schwierigkeit bereitet hätte. Dann wurden dem Führer die Herren zur Lage gemeldet und nun ging unser Arbeit weiter.

Für mich war dabei wieder das Bedeutsame, daß kaum eine Stunde wieder im Hauptquartier angelangt, ich bereits wieder den Vorzug hatte, mit dem Führer persönlich sprechen zu können.1

15. Februar 1943

Heute, da wir schon den 15. Februar schreiben, ist mir, als wäre ich eigentlich nie weg gewesen. So ist man sofort wieder in die Arbeit eingespannt. In der Abendlage fiel die Entscheidung des Führers, selber nach vorn zu gehen2 um die Führung der Heeresgruppe Süd zu übernehmen, was auch unseren Aufbruch bedeutet.

16. Februar 1943

Nervenzusammenbruch Dr. Dörrs, dem bereits am Vortage eine auffallende Gleichgültigkeit - fast Apathie - vorausgegangen war. Heute morgen nun unterlag er einer Wahnvorstellung, die sich dahin auswirkte, daß er sich zum Führer-Bunker begab und bereits die Hand auf der Klinke der Tür zum Arbeitszimmer des Führers hatte. Von dem dazwischentretenden Obersturmführer Linge3 gestellt, erklärte er, er sei zum Führer gerufen, der Führer wolle ihm sprechen und er müsse zum Führer! Hinterher entschuldigte er sich dann bei Gruppenführer Schaub und am Nachmittag veranlaßte Dr. Haagen, der in Vertretung Dr. Peschels die Leitung hatte, eine ärztliche Untersuchung durch Professor Brandt. Am Abend verließ er zusammen mit Herrn Helling, der in dienstlichem Auftrag im Kurierzug nach Berlin fuhr, unsere Wirkungsstätte, um sich in Berlin auszukurieren. Reichsleiter Bormann hatte bereits am Vormittag ohne unser Wissen beim Reichstag einen Ersatz angefordert und die Rückberufung Dr. Jonuschat's aus dem Urlaub außerdem befohlen.

17. Februar 1943

Um 11 Uhr rief ich Dörr in Berlin an, und teilte ihm im Auftrag von Professor Brandt mit, er möge sich in Berlin mit Professor Engel von der Ersten Medizinischen Klinik (Fernruf 52 00 15) in Verbindung setzen. Dr. Jonuschat war planmäßig gegen 10 Uhr, vom Urlaub zurück, hier eingetroffen. 10,15 Uhr verließen uns Dr. Haagen und Berger als erstes Paar, um dem Führer im Flugzeug zum neuen Wirkungskreis zu folgen. Mit dem Weggang Dr. Haagens fiel mir die Leitung der Gruppe zu, solange Dr. Peschel nicht vom Urlaub zurück war.

19. Februar 1943

11,30 Uhr Start vom Flugplatz Wolfsschanze nach Kalinowka. mit einer Heinkel. Mit einigen Mißtrauen kletterten Reynitz und ich durch den Bauch der Maschine hinauf zu den vier Sitzen, auf denen man infolge des vielen für General Kempf mitgeführten Gepäcks zwar bequem, aber mit den Beinen doch etwas eingeengt saß. Eigentlich sollte der Flug nach Saporoshje gehen, aber nachdem wir zweieinviertel Stunden immer nur wenige Meter über der Erde mit der Heinkel geschaukelt waren, deren gelegentliche Bocksprünge. mir allerdings auch nicht schadeten und in die auch Reynitz ganz gut hinwegkam, landeten wir, nach dem Flugzeug zugegangener Weisung auf dem Flugplatz Kalinowka. Dort warteten wir etwa zwei Stunden von 13,45 bis gegen 16 Uhr und fuhren dann mit dem Kurierleutnant im Kübelwagen nach „Werwolf". Bald nach uns trafen auch, von Saporoshje kommend, Dr. Haagen und Berger ein, die bereits sehnlichst auf Ablösung warteten.

Abends vor der Lage wurden wir - Reynitz und ich - von allen „Lageherren" in der Diele freundlichst mit Handschlag begrüßt und als wir dann zum Führer eintraten ging über sein Gesicht eine helle Freude, sodaß wir fast das Gefühl hatten, er wolle aus Freude über das Wiedersehen uns die Hand drücken!

20. Februar 1943

Die Mittagslage war kurz 57 Minuten aber kalt. Daß uns fröstelte, mußte auch der Führer bemerkt haben, denn er sprach uns daraufhin an. Ich sagte, wenn man längere Zeit still sitze, werde man doch kalt. Das bestätigte der Führer auch und meinte, die anderen Herren könnten sich wenigstens zwischendurch bewegen. Er sagte uns dann die Beschaffung eines Heizofens zu, worauf ich mit den Worten erwiderte, „Ja, das wäre sehr schön, mein Führer!"

21. Februar 1943

In der Mittagslage ist der vom Führer zugesagte Heizofen tatsächlich da - ein kleiner Porzellanheizofen, der wunderbar wärmt, was wir während der Arbeit angenehm und dankbar empfinden.1

Am Nachmittag vor einem kurzen Empfang von sieben Offizieren, die zu Sonderaufträgen ausersehen sind und vom Führer in einer kurzen Ansprache eingewiesen werden, erkündigt sich der Führer in Anwesenheit von Generalmajor Schmundt, ob der Heizofen denn nun such wärme? Als wir ihm das bestätigten, freute er sich sehr und lachte aus vollem

Herzen, worauf ich ihm noch einmal sagte, „Doch, mein Führer, es ist sehr angenehm!"

Am späten Nachmittag trafen Dr. Jonuschat und Buchholz zur Ablösung ein, die bereits die Abendlage übernahmen.

22. Februar 1943

Flug von „Werwolf" nach „Wolfsschanze". 10,50 mit Auto ab Lager, 11,11 Start der Transport-Ju von Kalinowka. Da gab es nun leider keine bequeme Sitze sondern nur schmale Seitenstühlchen. Man kam sich vor wie ein Fallschirmjäger, der jeden Moment den Befehl bekommen kann, „Klar zum Absprung!" Dafür war es lausig kalt in der Maschine. Gegen 12 Uhr durchbrachen wir die Wolkendecke und brausten nun in 2 000 Meter Höhe über dem weißen Wolkenmeer in blauen Äther dahin. [. . .]

Endlich kurz vor 16 Uhr stieß die Maschine durch die dicke und finstere Wolkendecke durch und dann flogen wir in einer "Suppe" zum Flugplatz. Der Gegensatz zwischen dem strahlenden Blau, durch das wir nun Stunde um Stunde geflogen waren und dem düsteren Grau, das sich über der Erde breitete war außerordentlich bemerkenswert und beeindruckte mich tief.


Vom 22. Februar nachmittags bis 25. Februar vormittags Übertragungszeit in der Wolfsschanze.

24. Februar 1943

Eintreffen von Krieger1 in der Wolfsschanze, anstelle des ausgeschiedenen Kollegen Dr. Dörr. Ich hatte noch Krieger angerufen von meinem Zimmer aus und hatte ihm gesagt, er soll sich bereithalten, Dr. Dörr sei ausgeschieden, wahrscheinlich werde er jetzt einberufen. Krieger ist bereits am 2. früh in Berlin von Reichsleiter Bormann vereidigt worden, sodaß er sofort mit dem nächsten Turnus einsetzen kann.

25. Februar 1943

11,55 Uhr Start von Wolfsschanze nach Werwolf. Kriegers erster Flug überhaupt, der ihm zum Glück sehr gut bekommen ist und dadurch viel Freude gemacht hatte. Wir hatten eine Ju 52, die gute alte brave Ju. [. . .]

14,45 Uhr setzen wir auf dem Flugplatz auf, und wenig später ging die Fahrt mit dem Auto auf den holprigen russischen Straßen zum Lager, wo wir Dr. Haagen und Berger ablösen.

Heute abend habe ich nun den Vorzug, dem Führer den Kollegen Krieger vorzustellen und ihm zu melden, daß seine Vereidigung - wie schon erwähnt - durch den Reichsleiter bereits in Berlin erfolgt ist.


Daraus wurde nun leider doch nichts, weil Krieger durch den Obersturmführer Linge dem Führer vorgestellt wurde. Mir blieb infolgedessen lediglich, Herrn Krieger dem Feldmarschall Keitel, General Zeitzler und den übrigen Generälen und Offizieren vorzustellen.

Nach der ersten Aufnahme war Krieger doch ziemlich erschlagen von der Mühe und Schwierigkeit der Arbeit und begann einzusehen ---

27. Februar 1943

Erste Impfung gegen Fleckfieber durch Generalarzt Professor Dr. Brandt in Werwolf, linke Brust.

28. Februar 1943

Im Wagen mit General Buhle 10 Uhr ab Werwolf. 11,12 Uhr ab Flugplatz Kalinowka mit einer Ju 52, starker Gegenwind, gegen 15,30 Uhr Ankunft Flugplatz Wolfsschanze. Im Wagen mit General Buhle zur Lage.

1. März 1943

Beim Zahnarzt Dr. Wagner.

2. März 1943

Ferngespräch mit Lotte. Bericht über den Luftangriff auf Berlin in der vergangenen Nacht. Sehr große Schaden in Steglitz, Schöneberg und Wilmersdorf vor allem. Selbst glücklicherweise nicht betroffen. Auch bei den Kollegen alles in Ordnung.

6. März 1943

11,30 Uhr Start mit der Condor [Focke-Wulff 200] von Wolfsschanze nach Werwolf zusammen mit Gruppenführer Schaub, der mich nach der Ankunft auf dem Flugplatz auch in seinem Wagen mit-. nahm, Eintreffen in Werwolf bereits 14,30 Uhr.

7. März 1943

Zweite Impfung gegen Fleckfieber durch Oberstabsarzt

Dr. von Hasselbach in Werwolf.

9. März 1943

10 Uhr ab Werwolf. 11,10 Uhr Start der Ju 52 nach Wolfsschanze. 14,10 Uhr Landung, 14,30 Uhr an Wolfsschanze.

16. März 1943

Beim Zahnarzt Dr. Wagner. Abends 21 Uhr Ferngespräch mit Lotte.

19. März 1943

9,50 Uhr Start der Condor vom Flugplatz Wolfsschanze nach Berlin-Tempelhof Übersiedlung des Lagers nach Berlin aus Anlaß des Heldengedenktages am 21. März. Ein wundervoller Flug, größtenteils bei klarstem Wetter, nur an der Weichsel eine Wolkenbank, bei der sich ein interessantes Bild zeigte: auf der Wolkenoberfläche entstand durch Brechen des Lichts der Sonne ein Kreis in den Regenbogenfarben, in dessen Mitte sich die Konturen des Flugzeuges abhoben. Jeder bestaunte das von meinem Stammplatz am besten zu sehende Bild, das nach Aussage des begleitenden Fliegeroffiziers sehr selten ist. Dieser Flug über großenteils deutsches Land war sehr schön und bezauberte mich besonders wenn ich diesen Anblick verglich mit dem auf russischen Boden. Die Reichshauptstadt hob sich herrlich klar ab im blauen Sonnenschein. So recht erkannte man bei diesem klaren Wetter die riesenhafte Ausdehnung Berlins. Freilich gewann man auch von oben auch bereits einen Einblick in die Zerstörungen, die der Angriff vom 1./2. März hinterlassen hatte.

11,45 Uhr Landung in Tempelhof. Mit dem Auto bis Anhalter Bahnhof, von dort zu Hause angerufen mit dem Lied „Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf mein Fuß!" Betretenes Schweigen auf der Gegenseite, das sich erst nach Erklärung löste Am 12,30 Uhr daheim.

21. März 1943

Der Führer spricht im Zeughaus im Rahmen der Heldengedenkfeiern. Noch am gleichen Tage nachts verläßt er wieder Berlin, Reynitz und Krieger als Paar vom Dienst im Sonderzug des Führers.


Die Übrigen fliegen am 22. März, Von da ab bleibe ich allein in Berlin zurück, mit dem Auftrag, von 86 Sonderbesprechungen mit rund 3,500 Schreibmaschinenseiten ein Inhaltsverzeichnis anzufertigen. Befristung des Auftrags vorläufig bis zum 8. April.


27. März 1943

Früh morgens rief Dr. Peschel an und beauftragte mich, von Herrn Helling vergessene Lagen. zu überbringen. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge fuhr ich deshalb

am Abend mit dem Schlafwagen 20,40 Uhr von Berlin nach Salzburg. Die Reise verlief sehr angenehm. Erst las ich eine halbe Stunde in „Fridericus" von Walter von Molo, dann unterhielt ich mich bis 22,60 mit dem Kurier Obersturmbannführer Michaelis und seiner Frau, legte mich dann zu Bett und las „Fridericus" zu Ende. Ich schlief danach fast ungestört und erwachte am

28. März 1943

gegen 8 Uhr und stand um 8,50 Uhr auf. Nach dem Frühstück gab ich mich im Qualm einer Morgenzigarre dem genußreichen Anblick der Landschaft hin.

(Es folgen belanglose Einzelheiten des Aufenthalts in Berchtesgaden.)

Um 18,45 hielt das Kurierauto vor dem Hotel, das mich wieder zurück nach Salzburg entführte. Bei Tageslicht fuhren wir ab und kamen bei völliger Dunkelheit in Salzburg an. 19,40 Uhr rollte der Zug aus dem Bahnhof. Einen schönen Vorfrühlingstag in Berchtesgadener Land ließ ich als Erinnerung zurück. [. . .]

30. März 1943

Wiederaufnahme der Arbeit in der Reichskanzlei.


10. April 1943

Dreiundzwanzig Tage Berlin mit dem Kurierzwischenspiel in Berchtesgaden sind vorüber. Lotte bringt mich zum Zuge der mich 20,40 Uhr nach Salzburg entführt. Schon auf dem Bahnsteig hatten wir Dr. [Rudolf] Eggeling und Dr. [Hermann] Janicke getroffen, die nach Freilassing fuhren und mit denen ich mich in ihrem Wagen etwa von 10 bis 11 Uhr unterhielt.1

 

11. April 1943

Pünktliches Eintreffen in Salzburg. Mit dem Wagen nach Berchtesgaden zum Hotel Solekurbad. Hier ist es ziemlich still. Wie mir berichtet wird, ist das Arbeitsmaß sehr erträglich. Morgen am 12. April wieder erster Aufnahmetag.

12. April 1943

15,25 Uhr Lage auf dem Berghof bis 14,28 Uhr.

15,45 Uhr mit dem Wagen nach Schloß Kleßheim.

16,45 Uhr Eintreffen des Führers, Besprechungen mit Marschall Antonescu, bei denen wir nicht in Tätigkeit zu treten brauchten.

Nachmittags: Kaffee und Kuchen.

Abends: nach Rücksprache mit Staatsminister Dr. Meißner Abendessen im Kavalierhaus, ausgezeichnetes Essen! Vorspeise italienischer Salat; Hauptgericht Kalbskotelett mit Reis, dazu Weißwein, später Rotwein; Nachspeise Eis mit gefüllten Waffeln. Nach Tisch wurde im Nebensalon Mokka gereicht und dazu eine Zigarre geraucht. Buchholz und ich gingen dann zurück zum Schloß, wo nach einiger Zeit der Führer mit dem Marschall und dem Reichsaußenminister das Speisezimmer verließ, den Marschall in seine Gemächer im ersten Stock begleitete und bald darauf die Rückfahrt zum Berg antrat. Es war kurz nach 22 Uhr, als Buchholz und ich auf den Berg anlangten, hatte die Lage schon begonnen, und wir brauchten nicht mehr in Aktion zu treten [Anm.: da der Führer mit seinem Wagen viel schneller auf den Berg war als wir mit unserem Wagen], mit Rücksicht auf die ohnehin zu erwartende Kürze der Lage. Nach nur fünf Minuten Aufenthalt verließen wir daher den Berg wieder und trafen um 23,15 Uhr in unserem Quartier ein. So war der erste Tag meiner Tätigkeit zugleich ein sehr interessanter und ereignisreicher.

13. April 1943

Nach dem Mittagessen mit Dr Reynitz und Buchholz über Maria Gern zur Kneifelspitze. [. . .]

15. April 1943

Nach dem Mittagessen mit Buchholz bei sehr schönem Wetter über Vorderbrand zur Dietrich-Eckart-Hütte. Dort Zusammentreffen mit den Kollegen Dr. Haagen und Berger. [. . .]

16. April 1943

Früh 7,10 Uhr ab Berchtesgaden mit Frl. Kreß und Buchholz nach Bad Reichenhall. [. . .]

17. April 1943

Aufnahme in Schloß Kleßheim. Staatsbesuch von Reichsverweser Admiral Horthy.


An einem der folgenden Tage1 Besuch ebendort von Staatspräsident Dr. Tiso mit Gefolge und Ministerpräsident Quisling (Norwegen).


28. April 1943

Abreise von Berchtesgaden nach Berlin.

29. April 1943

Wiederaufnahme der Arbeit in der Reichskanzlei.2


Anfang Mai3 Eintreffen des Führers in Berlin.

9. Mai 1943

20,15 Uhr ab Potsdamer Bahnhof, Abreise nach Saarbrücken zu Vaters 70. Geburtstag am 10. Mai. [. . .]

Wenige Tage darnach Rückkehr nach Wolfsschanze.

21. Mai 1943

Abreise des Lagers nach Berchtesgaden, ich selbst mit Dr. Haagen zur Bearbeitung von Sonderbesprechungen nach Berlin.

22. Mai 1943

Eintreffen in Berlin. Aufnahme der Arbeit in der Reichskanzlei. . [. . .]

31. Mai 1943

Abreise nach Salzburg und Berchtesgaden zur Überbringung von Arbeiten und Mitnahme neuer Arbeit nach Berlin. [. . .]

3. Juni 1943

Abreise nach Berlin.

4. Juni 1943

Wiedereintreffen in Berlin. Fortsetzung der Arbeit mit Dr. Haagen bis 16. Juni.

Vom 17. Juni bis 2. Juli Urlaubsantritt.


2. Juli 1943

Rückreise nach Wolfsschanze.

3. Juli 1943

Wiedereintreffen in Wolfsschanze.

30. Juli 1943

- Mein Geburtstag. Der Geburtstag begann noch während einer Aufnahme und mein erstes Wort an diesem Tage lautete, „Jawohl!" und war an den Führer gerichtet, der um 00,30 Uhr uns entließ.

Im Laufe des Tages von der Stenografengruppe beglückwünscht. [. . .]

Von Major Waizenegger eine Kiste mit zehn auserlesenen Zigarren.

8. August 1943

Abreise nach Berlin.

9. August 1943

Eintreffen in Berlin zu kurzem Räumungsurlaub.

Luftschutzbereitmachung der Wohnung. Mitnahme von Sachen nach Wolfsschanze. Insgesamt 35-stündiger Aufenthalt.

10. August 1943

Abreise nach Wolfsschanze. Lotte bringt mich zum Schlesischen Bahnhof.

11. August 1943

Wiedereintreffen in Wolfsschanze.

14./15. August 1943

Besuch von König Boris von Bulgarien.

21. /22. August 1943

Geburtstagsfeier für Dr. Reynitz im Kasino. Dr. Reynitz, Krieger, Berger, Buchholz, ich, Frl. Keller, Frl. Winterholler, anfänglich mit Hauptsturmführer Pfeiffer, später Standartenführer Ministerialrat Kliever, Ministerialdirektor Dorsch von der O.T. [Organisation Todt] und einigen weiteren Leuten der O.T.

Kurz nach Mitternacht - also Geburtstagsbeginn - eine Aufschnittplatte, hinterher Biscuitkuchen, Bier und Liqueur. Gegen 2,30 Uhr erneut Biscuittorte mit süßem Pflaumen- und Erdbeerkompott. Letztere bekam mir nicht, sodaß ich die Toilette aufsuchte und dort nach einiger Zeit aus tiefer Bewußtlosigkeit erwachte. Es dauerte geraume Zeit, bis ich, mit Erstickungsanfällen kämpfend, bemerkte, daß ich ausgestreckt auf dem Fliessen lag. Ich sprang auf und nach einem Blick in den Spiegel verfügte ich mich, völlig nüchtern, sofort zur Baracke, wo ich mich in mein Zimmer begab, eine erste Reinigung von Jacke und Hose vornahm, mich wusch und zu Bett legte. Ich las dann noch eine Weile Zeitungen und verfiel dann in einen wohltuenden Schlaf, von dem ich mich am Morgen voll arbeitsfähig um 9 Uhr wieder erhob. Dr. Reynitz hingegen war zusammen mit Buchholz noch länger geblieben und, wie ich dann erfuhr, erst um 6 Uhr nach Hause gekommen, aber derart mitgenommen, daß er am Vormittag überhaupt nicht zum Vorschein kam, auf das Mittagessen verzichtete und den ganzen Tag auch noch nicht arbeitsfähig war, sodaß Krieger und ich allein die Aufnahme bestritten.

25. August 1943

Vom Reichstag, Dr. Christophe, wird telefonisch mitgeteilt, daß bei dem schweren Luftangriff auf Berlin in der Nacht vom 23./24. August unser Haus getroffen, die Wohnung aber vollständig unbeschädigt sei. Die oberen Stockwerke seien ausgebrannt, meine Wohnung unbeschädigt. Die Decke sei noch darüber, „darüber aber wohl der Himmel". Dr. Peschel total bombengeschädigt, Kriegers Haus als einziges im Block stehen geblieben, Dr. Eggeling und Dr. Koppert gleichfalls bombengeschädigt. Leider bestätigte diese Nachricht sich nicht. Gegen 15,30 Uhr erhalte ich einen Anruf von der Reichskanzlei, Herrn Welzel, demzufolge ihm Lotte kurz vorher angerufen habe mit der Mitteilung daß auch unsere Wohnung vollständig ausgebrannt sei. Durch Freundinnen seien gerettet aus dem Schlafzimmer die Daumendecken, die Matratzen, Kleider und Wäsche, die sie aus den Schränken gerade greifen konnten und die beiden Stühle, aus dem Herrenzimmer der Teppich, der Rundfunkapparat, die vier Stühle, die Schreibtischlampe, der elektrische Heizofen aus dem kleinen Zimmer die Nähmaschine und die Schreibmaschine. Nach kurzer Besprechung mit den Kollegen abends Abreise nach Berlin. [. . .]

1. September 1943

Eintreffen in Wolfsschanze. Die Gruppe hat mir als äußeres Zeichen der Teilnahme einen schönen Asternstrauß aufs Zimmer gestellt.

8. September 1943

Meldung über den Verrat Italiens und den bereits am 3. September durch die Regierung Badoglio abgeschlossenen Waffenstillstand.

10. September 1943

Rundfunkrede des Führers vom Hauptquartier aus.

12. September 1943

Ein Jahr im Führerhauptquartier!

Kurz nach 22 Uhr Sondermeldung über die Befreiung Mussolinis. Beide Anlässe, insbesondere letzterer, bewegen uns, nach dem Kasino zu gehen und dort zu feiern. Selbstgewählter Abschluß: 1 Uhr.

14. September 1943

Nachmittags Eintreffen Mussolinis im Führerhauptquartier.

20. September 1943

Abreise nach Berlin.

21. September 1943

Eintreffen in Berlin. [Bombenurlaub]

27. September 1943

Wieder Abreise von [Potsdam-] Werder und Berlin.

28. September 1943

Eintreffen in Wolfsschanze.

Da ich am 28. und 29. September noch nicht aufzunehmen brauche, kann ich die beiden Tage benutzen, um alle meinen Briefschulden zu tilgen, was mir auch gelingt.

3. Oktober 1943

11. Jahrstag unserer Verlobung. Gestern 23 Uhr mit der Arbeit fertiggeworden, habe ich heute einen dienstfreien Tag, der mir sehr willkommen ist.

7. Oktober 1943

Abreise nach Berlin mit Dr. Haagen zur Bearbeitung von Sonderbesprechungen in der Reichskanzlei.

8. Oktober 1943

Eintreffen in Berlin. Unterbringung der im Panzerkoffer mitgenommenen Arbeiten im Keller, dann mit dem Vorort

12,21 Uhr nach Werder.

9. Oktober 1943

Aufnahme der Arbeit in Berlin.

31. Oktober 1943

Abreise nach Wolfsschanze zu dem am l. November geplanten Kameradschaftsabend.

1. November 1943

Eintreffen in Wolfsschanze. Hier erfahre ich, daß der Kameradschaftsabend abermals verschoben ist und zwar auf den 4. November. Ich kann also nicht, wie beabsichtigt, am 2. wieder zurückfahren und am 3. wieder in Berlin sein, sondern erst am 5. und am 6. wieder zurück sein. Die dazwischenliegende Zeit werde ich aber mit Arbeit ausfüllen: am 2. abends werde ich in die Lage gehen, die ich, mit Reynitz zur Kollation, allein übertragen werde, und am 3. werde ich mit Krieger in die Mittagslage gehen, wobei ich nur kollationiere. Die nach der Übertragung noch verbleibende bezw. vor der Aufnahme noch freie Zeit werde ich mit der Bearbeitung von Sonderbesprechungen ausfüllen.

2. November 1943

Aufnahme der Abendlage.

3. November 1943

Aufnahme der Abendlage. Übertragung am 3. und 4. November mit Frl. Dietrich.

4. November 1943

Erster Kameradschaftsabend des Stenografischen Dienstes im Teehaus, 20 Uhr, auf Veranlassung der Persönlichen Adjutantur des Führers in Anwesenheit von Reichsleiter [Martin] Bormann, Generalleutnant [Rudolf] Schmundt, Botschafter [Walther] Hewel, Generalarzt Professor Dr. [Karl] Brandt, Konteradmiral [Karl-Jesco] von Puttkamer, Brigadeführer [Alwin-Broder] Albrecht, Oberführer Rattenhuber, Frau Oberst [Gerda] Christian, Major Waizenegger, Sturmbannführer [Fritz] Darges, Hauptsturmführer Pfeiffer, Hauptmann von Szymanski. Während des offiziellen Teils wurde in beiden Räumen an fünf Tischen das Abendbrot eingenommen.Heinrich Himmler, Walther Hewel, Martin Bormann sharing a joke on the Berghof terrace

Photo by Walter Frentz shows Heinrich Himmler, Walther Hewel, Martin Bormann sharing a joke on the Berghof terrace

Während des Essens nach der Suppe hielt Dr. Peschel die -- von einer kleinen unfreiwilligen Unterbrechung abgesehen - wohldurchdachte und gut vorgebrachte Begrüßungsansprache, die mit einem Trunk unserer Gruppe auf unsere Gäste schloß. Bald nach dem Zusammenrücken der Tische bat mich Dr. Peschel, der sich seinerseits verschiedener hoher Gäste annahm, am Tisch des Reichsleiters [Bormann] Platz zu nahmen. „Gestatten, Herr Reichsleiter?" „Bitte, Herr Thöt!" Bald gesellte sich auch Krieger von der anderen Seite dazu, und es entwickelte sich eine im Ganzen flüssige Unterhaltung.

Gegen 22 Uhr entfernten sich diejenigen Gäste, die an der Lagebesprechung beim Führer teilnehmen müßten. Aber sie alle kamen nach der Lage wieder, darunter auch Botschafter Hewel, der dann zwischen dem Reichsleiter und mir Platz nahm. Schon während des Essens war er mein Nachbar zu rechten gewesen, während links von mir Frl. Kreß und die Reihe weiter Sturmbannführer Darges, Frl. Winterholle und Kollege Buchholz saßen, der nun der rechte Nachbar von Botschafter Hewel war. Mit Botschafter Hewel hatte ich mich schon bei Tisch über Irland und England unterhalten, und diese Unterhaltung setzten wir auch nach seiner Rückkehr aus der Lage fort. Dr. Peschel kündigte dann einige vorbereitete Darbietungen an, an denen Dr. Jonuschat mit zwei Vorträgen, Dr. Reynitz, Herr Helling und Herr Lutz mit je einem Vortrag beteiligten. Diese Vorträge hatten das Nebenzimmer angelockt und die weitere Folge, daß auch die Insaßen des Nebenzimmers in den größeren Raum übersiedelten und so eine lange aufgelockerte Tafel entstand. Dem Reichsleiter Bormann gefiel es offensichtlich so gut, daß er erst, nachdem der Führer zum Tee hat bitten lassen, sich verabschiedete und Dr. Peschel, der ihn zur Tür begleitete, anerkennende Worte über das Gelingen des Abends sagte. Kurze Zeit darnach wurde in dem inzwischen freigewordenen und aufgeräumten Nebenzimmer nach den Rundfunkklängen und später den lockenden Tönen eines Plattenspielers mit dem Tanz begonnen, zu dem ich allerdings keine allzugroße Lust verspürte. Bezüglich der Getränke blieb es bei der Erdbeerbowle, sodaß es bis ich um 4 Uhr mit Frl. Kreß und Dr. Reynitz aufbrach, eigentlich keine Leiche gab. Nur Darges war schon sehr zeitig ziemlich angegangen. Beim Rausgehen erwischte uns Generalleutnant Schmundt, der uns feiger Flucht bezichtigte, was uns aber nicht hinderte, uns schließlich doch zu verabschieden. Im ganzen war am nächsten Tag allenthalben die Überzeugung verbreitet, daß der Abend ein voller Erfolg war.

5. November 1943

Abreise nach Berlin.

6. November 1943

Eintreffen in Berlin. Wiederaufnahme der Arbeit in der Reichskanzlei.

20. November 1943

Erkrankung an Grippe.

3. Dezember 1943

Außer Bett. Feier unseres 12. Hochzeitstages.

14. Dezember 1943

Abreise nach Wolfsschanze.

15. Dezember 1943

Eintreffen.

16. Dezember 1943

Erster Aufnahmetag. Wieder Erwarten gut.

24. Dezember 1943

Weihnachtsfeier. Vorfeier im engeren Kreise im Aufenthaltsraum, dann in großem Kreise in Kasino II. An meinem Tisch Professor [Heinrich] Hoffmann und Oberst [Hansl] Baur.

31. Dezember 1943

Sylvesterfeier. Mit Reynitz in der Abendlage, dann zum Teehaus. Platz neben General Scherff.

Um Mitternacht betritt Generalfeldmarschall Keitel die Räume, und entbietet mit den Worten „Heil dem Führer!" allen Anwesenden seinen Neujahrswunsch. Sehr ruhige und stille Sylvesterfeier. 4,30 Uhr nach Hause. Ein schweres Jahr zu Ende: was wird uns bringen das neue Jahr!   

Continuation 1944-1945

 

 

Free Download: David Irving: The Secret Diaries of Hitler's Doctor (Theodor Morell) download

Free Download: The latest version of David Irving: Hitler's War & The War Path download

donations help keep this research going
© Focal Point 2009 write to David Irving