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Rezension zu Ernst Klee „Das Personenlexikon zum Dritten Reich"

 

Rosenberg

Alfred Rosenberg

Rezension zu Ernst Klee „Das Personenlexikon zum Dritten Reich"

 

von Werner Bräuninger

 Ernst Klee, Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945?, S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2003, geb., 731 Seiten, ¤ 29,90

Wer Ernst Klees soeben erschienenes „Personenlexikon zum Dritten Reich" mit seinen 4.300 Kurzbiographien zur Hand nimmt, um sich sachliche Informationen darüber zu verschaffen, „was sie waren, was sie wurden", der wird diese oberflächliche und überaus schlampig recherchierte Arbeit schon bald wieder enttäuscht beiseite legen. Der 1942 geborene gelernte Sanitär- und Heizungstechniker Klee, später Theologiestudent und nachmaliger Grimme-Preisträger, trat mit Arbeiten über „NS-Täter" und die Rolle der Medizin in der Zeit des Nationalsozialismus hervor.

In seinem neuen Buch hat er es sich mit der Frage „Wer war was vor und nach 1945?" allerdings allzu leicht gemacht. Dass sich aber ausgerechnet der traditionsreiche Verlag S. Fischer in Frankfurt dazu bereit fand, ein Werk in seine Obhut zu nehmen, welches es an Fehlern, Irrtümern, Lückenhaftigkeit und bewusster Irreführung der Leser allenfalls noch mit dem offiziellen Lexikon des SED-Staates aufnehmen kann, ruft bei dem Rezensenten Kopfschütteln und Unbehagen hervor.

 

Es beginnt damit, dass der Autor bei seiner Auswahl der beschriebenen Personen das Schwergewicht unzweifelhaft auf Personengruppen aus Medizin und SS gelegt hat; einem alten „Steckenpferd" Klees.

Parteiorganisation, Gliederungen der NSDAP oder Beamtenschaft nehmen demgegenüber nur sehr wenig Raum ein. Auffällig sind Klees zahlreiche Falschinformationen. So wird die Kurzbiographie Gotthard Urbans, Stabsleiter im Amt Rosenberg, am Ende mit „Verbleib unbekannt" abgehakt.

Dabei hätte nur ein Blick in das Buch „Großdeutschland. Traum und Tragödie" des Rosenberg-Mitarbeiters Heinrich Härtle aus dem Jahre 1969 genügt, um zu erfahren, dass Urban im Juli 1941 bei den Kämpfen um den Ilmensee gefallen ist. Mit den Sterbedaten nimmt es Klee offensichtlich ohnehin nicht so genau; jenes von Professor Hans Bernhard von Grünberg, dem letzten Rektor der Universität Königsberg, der 1975 starb, scheint ihm unbekannt zu sein.

Auch hätte man durchaus erwarten dürfen, dass Klee bekannt ist, dass der Gründer der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Ernst Anrich bereits im Jahre 2001 verstarb. Angesichts derartiger Defizite erscheint es denn geradezu verzeihlich, dass die Vornamen von Carl Röver und Carl Nabersberg mit „K" geschrieben werden. Bedenklicher aber ist es, wenn bei Klee nahezu alle nach 1945 auf Seiten der politischen Rechten aktiven Personen als angebliche Mitglieder des „Gauleiter-Kreises" um den früheren Goebbels-Staatssekretär und in Hitlers Testament zum Propagandaminister ernannten Dr. Werner Naumann auftauchen. Konkrete Belege hierfür bleibt er jedoch schuldig.

Bezeichnend sind seine Charakterisierungen der dargestellten Personen, die oft voreingenommen und geradezu willkürlich anmuten und in einem Werk mit wissenschaftlichem Anspruch nichts verloren haben.

Alfred Hugenberg, der Vorsitzende der rechts-konservativen DNVP und Inhaber der UFA wird dem Leser als „Steigbügelhalter Hitlers" vorgestellt; desgleichen wird der ehemalige geschäftsführende Justizminister Schlegelberger als „Erfüllungsgehilfe Hitlers" abgetan. Den Künstler Paul Mathias Padua degradiert Klee zum „Hofmaler der NS-Zeit".

Dass es der Stuttgarter Oberbürgermeister Dr. Karl Strölin gewesen ist, der Generalfeldmarschall Rommel für den Widerstand gewann, wird bei Klee verschwiegen, wäre aber ohne viele Mühen erfahrbar gewesen. Dass die Witwe des ermordeten Reinhard Heydrich „die volle Pension des Reichsprotektors" zugesprochen erhielt, scheint Klee immerhin mitteilenswert.

Die Tatsache, dass der ehemalige SS-Hauptsturmführer Waldemar Schütz jahrzehntelang den rechtsstehenden K.W. Schütz Verlag leitete, fällt bei Klee merkwürdiger Weise unter den Tisch, hätte sich doch gerade hier -- mit den Augen Klees gesehen -- eine weitere Möglichkeit der Denunziation angeboten. Die Wirkung des bedeutenden Historikers Heinrich Ritter von Srbik erschöpft sich nach Klee in dessen Ausspruch „Treue dem Volk, dem Reich, dem Führer!"

Weitere Informationen zu Srbik: Fehlanzeige. Von Percy Ernst Schramm, dessen verdienstvolle Herausgabe des „Kriegstagebuchs des OKW" innerhalb der Historikerzunft hoch geschätzt ist, wird berichtet, er sei als Ordinarius in Göttingen „in Uniform der Reiter-SA mit Reitpeitsche" aufgetreten; ein erstaunliches Apercu. Gregor Strasser, im Grunde der bedeutendste Mann in der NSDAP bis 1932, wird dem Leser lapidar als „Hitlers Konkurrent in der Frühzeit der Bewegung" vorgestellt. Über den Philosophen Hans-Georg Gadamer weiß Klee nicht mehr zu berichten, als dass dieser 1933 das „Bekenntnis der Professoren zu Adolf Hitler" unterzeichnete. Post coitum triste.

Ungemein wichtig ist es Klee augenscheinlich stets zu betonen, dass ein Protagonist Mitglied der „Akademie für deutsches Recht" gewesen sei, einer Institution, die im System des NS-Staates eine völlig untergeordnete Rolle einnahm und die ihre Angehörigen „pro forma" auswählte. Kaum hinzunehmen aber ist es, wenn mit keinem Wort erwähnt wird, dass es sich bei dem ehemaligen Danziger Senatspräsidenten Hermann Rauschning erwiesenermaßen um einen ausgesprochenen Geschichtsfälscher handelt, dessen vermeintliche „Gespräche mit Hitler" (Buchtitel) ausschließlich in seiner Phantasie stattfanden und die bis zu ihrer Entlarvung als plumpe Fälschung dennoch von Generationen von Historikern als authentisch zitiert wurden.

Letztlich erscheint es besonders bemerkenswert, dass Klee in seinen Kurztexten immer dann -- zumeist diffamierende - Zitate aus dem Tagebuch des Dr. Joseph Goebbels einfließen lässt, wo es ihm zur Charakterisierung der benannten Person opportun erscheint. Daß Klee mit der Zitierung gerade solcher gehässiger Passagen aus dem Munde des Berliner Gauleiters und Reichspropagandaministers in die Gefahr gerät, sich mit diesem wahlverwandtschaftlich in eine Galerie zu begeben, ist ihm hierbei offensichtlich nicht bewusst geworden.

Es bleibt der ernüchternde Eindruck eines äußerst flüchtig hingeworfenen Nachschlagewerkes, welches den Anspruch des S. Fischer Verlages, es sei „in seiner Art konkurrenzlos und unverzichtbar" in keinem Falle rechtfertigt. Tatsächlich rangiert es substantiell weit hinter den bewährten Standardwerken von Stockhorst, Weiß oder Wistrich.

Das größte Versäumnis liegt aber wohl darin, dass es der Verlag unterließ, eine redaktionelle Bearbeitung des Kleeschen Elaborates vorzunehmen. Eine gleichsam „osmotischere" wissenschaftliche Vorgehensweise hätte S. Fischer gut angestanden.

Götz Aly hat Klee einmal einen „glänzenden Rechercheur" genannt. Treffender -- wenn auch in diesem Falle ungewollt -- wäre denn aber ein Wort über Ernst Klee von Elisabeth Bauschmid, welches unlängst in der SZ auftauchte. Klees Bücher, so heißt es da, vermittelten ein „Gefühl der Hilflosigkeit und doch auch den Wunsch, die Dinge, wie sie sind, zu verändern". Dem ist kaum etwas hinzuzufügen.

Copyright by Werner Bräuninger

(Veröffentlichung - auch im Internet -- und Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verfassers)

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