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 Der tatsächlich begangene Genozid fand wahrscheinlich überwiegend in den beiden umgebauten Bauernhäusern außerhalb des Lagers statt; von dem ersten, dem „Weißen Haus" oder „Bunker I", wurden erst jüngst die Fundamente entdeckt.

 [English translation  ]

Osteuropa, 52.Jg., 5/2002, S. 631-441 E5509E

Osteuropa

Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens

52. Jahrgang Mai 2002 ISSN 0030-6428

Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde

Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart


David Irving comments:

click for leafletTHIS was precisely the position that I adopted in the Lipstadt Trial: that there had been NO mass killings in Krema II, and any gassings that did occur were in the so-called "bunkers" outside the camp.

It is a pity that Meyer lacks the courage of his convictions. Having attacked me gratuitously in his opening paragraphs, in order to earn the right to probe into the taboo subject of the Auschwitz death-toll at all, he approvingly quotes Mr Justice Gray's perverse Judgment, on the absurdity of even questioning the homicidal nature of Krema I and II, -- and then proves quite brilliantly that (contrary to what Prof Van Pelt argued in his expert witness report and during the Lipstadt trial) I was in fact right: The killing, such as it was, was done off-campus in the two Bauernhäuser outside the camp perimeter, and not in the big concrete state-of-the-art crematorium (Krema) buildings.

I have always argued that the original Holocaust figures are probably exaggerated by a factor of ten, and Meyer's article also supports this proposition.

Published without any fuss in May 2002, Meyer's paper is nonetheless a noteworthy breakthrough, and a victory for revisionism and Real History (but won at what a price...)


Note: This is a provisional optical scan of the article, and may contain scanning errors.

 

Themen der Zeitgeschichte

 

Die Zahl der Opfer von Auschwitz

Neue Erkenntnisse durch neue Archivfunde

Fritjof MeyerFritjof Meyer

Fritjof Meyer (1932), Dipl. DHP, Dipl.-Politologe, Dipl.-Kameralist, Leitender Redakteur. Der Spiegel, Hamburg

VIER Millionen Opfer im nationalsozialistischen Arbeits- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau zählte 1945 die sowjetische Untersuchungskommission, ein Produkt der Kriegspropaganda. Lagerkommandant Höß nannte unter Druck drei Millionen und widerrief. Wie viele Menschen wirklich diesem singulären Massenmord zum Opfer fielen, ließ sich bislang nur schätzen. Der erste Holocaust-Historiker Gerald Reutlinger vermutete eine Million, der letzte Forschungsstand bezifferte mehrere Hunderttausend weniger. Zwei neue Belege zur Kapazität der Krematorien bestätigen jetzt die vorhandenen Unterlagen über Einlieferungen ins Lager. Damit rückt die Dimension des Zivilisationsbruchs endlich in den Bereich des Vorstellbaren und wird so erst zum überzeugenden Menetekel für die Nachgeborenen.

[Anmerkungen]

title pageEIN SCHLÜSSELDOKUMENT, das Auskunft gibt über die Kapazität der Krematorien von Auschwitz-Birkenau, ist jetzt aufgefunden worden. Zu deren Nutzungsdauer ist zugleich eine Aussage des Lagerkommandanten Höß ans Licht gekommen. In Verbindung mit den vorhandenen, aber weithin unbeachtet gebliebenen Unterlagen über die in dieses Lager Eingelieferten läßt sich nun genauer errechnen, wieviel Menschen in Auschwitz ermordet wurden. Um es vorweg zu nehmen: Eine halbe Million fiel dem Genozid zum Opfer.

Zu danken ist dieser Durchbruch Robert-Jan van Pelt, Professor für Architektur an der Universität von Waterloo in Kanada. Er ist hervorgetreten durch sein gemeinsam mit Debórah Dwork verfaßtes, herausragendes Buch „Auschwitz -- Von 1270 bis heute".[1] Im Londoner Prozeß David Irvings gegen Deborah Lipstadt, die ihn als Auschwitz-Leugner eingestuft hatte, trat van Pelt als Gutachter für die Beklagte auf. Über die Vorbereitung seiner Expertise -- mit Auszügen aus dem Gutachten -- und die Verhandlung hat van Pelt soeben ein sehr wichtiges Buch herausgebracht.[2] Irving verlor den Prozeß, und zwar verdient, da der als erfolgreicher Rechercheur ausgewiesene Autor Irving, der sich zunehmend den wirren Ansichten seiner NS-Gesprächspartner angeschlossen hat, auch vor Gericht auf dem unsinnigen Standpunkt beharrte, es habe in Auschwitz-Birkenau keine Gaskammern zur Menschentötung gegeben. Die von ihm vorgetragenen Argumente für die Untauglichkeit der Leichenkeller 1 der Krematorien I und II konnten nicht überzeugen. Richter Charles Gray befand, „no objective, fair-minded historian would have serious cause to doubt that they were operated on a substantial scale to kill hundreds of thousands of Jews".

Das war generell ein gerechtes Urteil. Hier kann nicht vertieft werden, daß die vorhandenen Belege, nämlich Dokumente über eine Nachrüstung der ursprünglich dafür nicht errichteten Bauten (zum Beispiel mit Einwurfschächten und Gasprüfgeräten) zum „Vergasungskeller" sowie die einschlägigen Zeugenaussagen eher auf Versuche im März/April 1943 deuten, die Leichenkeller nach Fertigstellung der Krematorien im Frühsommer 1943 für den Massenmord einzusetzen.

Das mißlang offenbar, weil die Ventilation kontraproduktiv war[3] und die erwarteten Massen an Opfern in den folgenden elf Monaten nicht eintrafen.[4] Der tatsächlich begangene Genozid fand wahrscheinlich überwiegend in den beiden umgebauten Bauernhäusern außerhalb des Lagers statt; von dem ersten, dem „Weißen Haus" oder „Bunker I", wurden erst jüngst die Fundamente entdeckt.[5]

In die zwei Räume dieser Gaskammer mit einer Fläche von zusammen 90 Quadratmetern ließen sich über 400 Menschen treiben, was vom Frühjahr 1942 an ein Jahr lang täglich geschah, zumeist abends.[6] Das „Rote Haus" oder „Bunker II", 105 Quadratmeter groß für maximal über 500 Opfer[7] war wahrscheinlich vom Dezember 1942 bis zur Einstellung der Gasmorde am 2. November 1944 in Betrieb. Der Schutzhaftlagerführer SS-Sturmbannführer Hans Aumeier hat am 29.10.1945 ausgesagt.[8] Im November 1942 wurden 50-80 Gefangene in der Leichenkammer des Krematoriums im Stammlager streng geheim mit Gas getötet. Am nächsten Tag eröffnete Höß unter äußerster Geheimhaltung ihm, dem Lager-Gestapo-Chef Grabner, dem Lagerführer Hößler, dem Arbeitseinsatzführer Schwan und dem Lagerarzt, er habe über das RSHA einen Befehl Himmlers empfangen, alle schwachen, kranken oder arbeitsunfähigen jüdischen Gefangenen „zu vergasen", um einer weiteren Ausbreitung der Epidemien vorzubeugen. Höß habe berichtet, daß er in der vorigen Nacht die ersten Vernichtungen vollzogen und sich dabei herausgestellt habe, daß die improvisierte Gaskammer überhaupt nicht den Notwendigkeiten entspreche. Deshalb seien bei der Errichtung der neuen Krematorien in Birkenau Gaskammern als ständiges Zubehör zu bauen. Das Ganze sei eine Geheime Reichssache, Indiskretionen oder sorgloses Geschwätz würden mit dem Tode bestraft, was die Anwesenden wie auch weiter hinzugezogene Mittäter schriftlich bestätigen mußten.

Von der Kapazität her konnten allein im „Roten Haus" oder „Bunker II" binnen zwei Jahren 350 000 Menschen ermordet werden. Irving freilich -- und dementsprechend van Pelt -- setzten sich nur mit den Krematoriumskellern [Krema I und II] auseinander, obwohl gerade mit deren Inbetriebnahme die Mordrate in Auschwitz dramatisch sank, für die Dauer eines Jahres, und zwar aufgrund eines Himmler-Befehls, der die vorgebliche Euthanasie-Aktion „14 f 13" und damit auch die Gasmorde in den Vernichtungslagern an der deutsch-sowjetischen Demarkationslinie von 1939, Belzec, Sobibór, Treblinka, einstellte.[9]

Beim Termin in London am 25. Januar 2000 [Gerichts-Protokoll] begrüßte der Kläger den Sachverständigen mit einem Kompliment zu seinem Buch über die Geschichte von Auschwitz: „It is one of the few books that I have read from cover to cover and it was a book that I found very difficult to put down." Dann verbissen sich die beiden in die Frage, ob die im Zuge der Umrüstung des Leichenkellers nachträglich in dessen Decke geschlagenen Öffnungen zum Einwurf von Zyklon-B heute noch sichtbar seien oder nicht (sie sind es, was van Pelt noch nicht wußte).

Der zweite entscheidende Streitpunkt war die Frage, ob es sich bei einem Schlüsseldokument um eine Fälschung handele: dem Schreiben des Auschwitzer SS-Bauleiters Bischoff vom 28. Juni 1943 an das Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt (WVHA) in Berlin, in dem er die Fertigstellung aller vier Krematorien in Birkenau meldete, der beiden großen I und II mit je 15 Muffeln (Brennkammern für eine Leiche) wie auch der beiden kleineren, nur oberirdischen III und IV in Birkenau mit je 8 Muffeln.[10] In diesem Brief konstatiert Bischoff eilfertig eine durch die Praxis noch gar nicht belegbare Verbrennungsleistung der Krematorien I und II von jeweils 1440 Personen und der III und IV von je 768 Körpern bei 24stündiger Arbeitszeit, insgesamt täglich (einschließlich des alten Krematoriums im Stammlager Auschwitz, das aber seinen Betrieb schon eingestellt hatte) 4 756 Leichen. Mit seinen Argumenten vermochte Irving keinesfalls die in diesem Fall durchaus zulässigen Zweifel an der Echtheit des Dokuments zu belegen; van Pelts Widerspruch war gravierender, obwohl auch nicht unbedingt überzeugend: Der französische Sachkenner Jean-Claude Pressac hatte das Schreiben schon sieben Jahre zuvor „eine interne Propagandalüge" der SS genannt.[11]

In seinem Prozeßbericht hat Van Pelt jetzt zwei Informationen von nichts weniger als sensationellem Charakter beigebracht: In Verbindung mit bereits vorliegendem, aber kaum beachtetem Material gestatten diese beiden Quellen recht genau die Gesamtzahl der Opfer von Auschwitz zu berechnen. Van Pelt hat diese Belege in seinem 570-Seiten-Werk beinahe versteckt und kaum interpretiert, auch nicht in den Prozeß eingebracht. Sie laufen seiner Expertise zuwider, ohne Irving etwa zu bestätigen. Van Pelt zitiert zunächst ein in der Literatur meines Wissens bisher nicht nachgewiesenes Dokument, welches das Bischoff-Schreiben vom 28. Juni 1943 in Frage stellt, indem es Bischoffs Zahlen halbiert.[12]

Demnach wurde im Archiv der Krematoriumsfirma Topf & Söhne (jetzt: Erfurter Malzerei und Speicherbau), Ordner 241, ein Brief des zum Bau in Auschwitz eingesetzten Oberingenieurs Kurt Prüfer aufgefunden, der mit dem 8. September 1942 datiert ist, also neun Wochen nach Bischoffs Schreiben und nach Fertigstellung der Krematorien, mithin aufgrund der ersten Betriebsergebnisse. Laut Prüfer verbrannte jedes der beiden Krematorien I und II täglich 800, jedes der beiden kleineren III und IV 400 Körper, insgesamt 2400.

Die Verbrennungszeit betrug anderthalb Stunden[13] in einer Muffel, die für die würdige Einäscherung einer Leiche zwecks Gewinnung ausschließlich ihrer Asche konzipiert war. Bei einem hypothetischen 24-Stunden-Betrieb hätten sich 16 je Muffel verbrennen lassen, in den 15 Muffeln eines großen Krematoriums demnach 240. Wenn Prüfer 800 angab, ging er wohl davon aus, daß sich eine Muffel unter den KZ-Bedingungen mit mindestens zwei Leichen gleichzeitig beschicken ließ, und er hatte die Kapazität von mindestens 720 bzw. 384 Körpern noch nach oben abgerundet. Tatsächlich wurden bis zu drei der zumeist extrem ausgezehrten Opfer, gegebenenfalls mit einer technologisch möglichen Verzögerung von jeweils 30 Minuten, in einer Muffel untergebracht.[14] Somit ließen sich in I und II binnen 24 Stunden jeweils 720 Leichen einäschern, zusammen 1440, und in III/IV je 384 (Prüfer 400), zusammen 768. Exakt diese Zahlen waren in dem Schreiben des SS-Bauleiters Bischoff in seinem Schreiben vom 28. Juni 1943 für jeweils ein Krematorium angegeben und damit insgesamt verdoppelt. Nach Prüfers Bericht aber ließen sich in allen vier Krematorien insgesamt täglich 2400 Körper einäschern, nach vorstehender Rechnung 2208.

Die Krematorien waren freilich nicht permanent in Betrieb, sondern fielen häufig aus. Das am 15. März 1943 in Gang gesetzte Krematorium I war nach neun Tagen schon beschädigt, die Reparatur stand erst am 18. Juli „vor der Vollendung".[15] Am 3. April 1944 wurde die Reparatur von 20 Ofentüren der beiden großen Krematorien bestellt und erst am 17. Oktober erledigt.[16] Der Schornstein des seit 22. März funktionierenden Krematoriums III zeigte bereits am 3. April Risse und war schon Mitte Mai unbrauchbar.[17] Lagerkommandant Rudolf Höß berichtete nach dem Krieg: „III fiel nach kurzer Zeit gänzlich aus und wurde später überhaupt nicht mehr benutzt. IV [am 4. April 1943 in Betrieb genommen, FM.] mußte wiederholt stillgelegt werden, da nach kurzer Verbrennungsdauer von vier bis sechs Wochen die Öfen oder der Schornstein ausgebrannt waren"; daraus ergibt sich für I eine Betriebszeit von 509 Tagen, 462 Tage für II, nur 50 Tage für III und 309 Tage für IV,[18] mithin 971 Tage in 15 Muffeln und 359 Tage in 8 Muffeln.[19]

Eine zweite überraschende Information liefert van Pelt nun mit der Veröffentlichung einer Aussage von Höß im Kreuzverhör vor dem Krakauer Gericht 1947: „Nach acht oder zehn Stunden Betrieb waren die Krematorien für eine weitere Benutzung unbrauchbar. Es war unmöglich, sie fortlaufend in Betrieb zu halten."[20] Mit dem Mittelwert dieser Angabe, d.h. neun Stunden täglicher Betriebszeit, ergeben sich je Muffel bei drei Körpern täglich 18 Verbrennungen, in I/II mithin je 270, zusammen 540; in III/IV je 144, zusammen 288, je Tag demnach insgesamt 828.

Die Schlußfolgerung ist einfach: An den 971 Betriebstagen ließen sich hiernach in I/II insgesamt 262 170 Körper verbrennen, in III/IV an 359 Tagen 51 696, zusammen 313 866 Tote, die in den Krematorien von Birkenau verbrannt worden sind. Das sind noch nicht alle der in Auschwitz ums Leben Gekommenen. Laut Höß wurden 107 000 Leichen aus den Massengräbern bis Ende November 1942 auf Scheiterhaufen verbrannt.[21] Pressac bestreitet diese Zahl, er zählt 50 000.[22]

Da bislang ungeklärt, nicht einmal als Problem erkannt ist, wo die Opfer des besonders exzessiven Gasmords im Winter 1942/43 bis zur Inbetriebnahme der Krematorien verblieben sind, kann mit Fug angenommen werden, auch 57 000 der 100 000 vom Dezember 1942 bis März 1943 in Auschwitz angekommenen Opfer ohne Registrierung seien unter freiem Himmel verbrannt worden und Höß habe sie in seine Angabe einbezogen.

Ohne die (auf Scheiterhaufen verbrannten) Opfer der Ungarn-Aktion, aber zuzüglich der schätzungsweise 12 000 im alten Krematorium des Stammlagers Eingeäscherten[23] wären damit insgesamt rund 433 000 Leichen in Auschwitz verbrannt worden. Diese Zahl korrespondiert fast genau mit der Summe, die sich aus den Einlieferungen ins Lager Auschwitz-Birkenau abzüglich der Überstellungen in andere Lager ergibt -- eine gravierende Bestätigung.

Laut Kalendarium von Danuta Czech[24] wurden -- ohne die von ihr nicht bezifferten Transporte aus Ungarn[25] -- 735 000 Menschen an den Tatort verbracht. 15 000 waren sowjetische Kriegsgefangene[256], von den verbleibenden 720 000 wurden laut Czech 346 000 registriert, also ins Lager aufgenommen, und 374 000 nicht registriert. Czech schloß auf den Tod dieser Nichtregistrierten in der Gaskammer, wofür allerdings keine dokumentarischen Belege vorliegen;[27] es lebten auch Häftlinge ohne Registriernummer im Lager.[28] Da die Gesamtzahl der Registrierten 405 000[29] betrug, müssen von den 374 000, die zunächst ohne Registriernummer eingeliefert wurden, 59 000 nachträglich registriert worden sein, so daß 315 000 ohne Registriernummer verblieben. Von den 720 000 wurden 225 000 in andere Lager überstellt[30] -- bei Czech ist nur ein Zehntel davon notiert. 58 000 wurden bei Auflösung des Lagers evakuiert und 8 500 zurückgelassen,[31] so daß 428 500 verbleiben, eine Zahl, die zuzüglich der Kriegsgefangenen mit den aus der zum Teil geschätzten Krematoriumskapazität errechneten 433 000 Toten übereinstimmt: Sie wurden ermordet.[32]

Unterstellt, alle 315 000 Nichtregistrierten seien als „Unproduktive" im Gas getötet worden (wobei die Zahl der auf andere Weise Gestorbenen gegen die im Lager zum Gastod selektierten Registrierten aufgerechnet werden soll), erweist sich, daß hierfür die beiden zu Gaskammern umfunktionierten Bauernhäuser ausreichten. Erst für die Transporte aus Ungarn im Frühsommer 1944 mußten andere Mordeinrichtungen hinzugezogen werden, etwa das stillgelegte Krematorium III oder die Gaswagen, die bereits auf sowjetischem Gebiet von den Einsatzgruppen und im wartheländischen Tötungszentrum Chelmno durch Gauleiter Greiser mit Himmlers, sicher auch Hitlers Genehmigung eingesetzt worden waren.[33]

Das Schicksal der aus Ungarn Deportierten 1944 bedarf einer eigenen Untersuchung. Wenn wir uns allein auf die Angaben von Danuta Czech stützen, gelangten von Mitte Mai bis Anfang Juli 60 Züge nach Birkenau.[34] Jeder Transport umfaßte 3 000 Personen, so daß danach 180 000 eingetroffen wären, von denen laut Czech 29 210 eine Registriernummner erhielten. 110 000 wurden in andere Lager überstellt,[35] nach Czech wurden wahrscheinlich 40 564 Menschen allein im Monat Oktober 1944 im Gas getötet.[36]

Diese Überlegungen führen hier zu dem Ergebnis, daß in Auschwitz eine halbe Million Menschen ermordet wurden, davon etwa 356 000 im Gas.[37]

Die Diskussion um die Zahlen der Opfer von Auschwitz hat in den vergangenen Jahren weite Kreise gezogen und bislang zu keinem Resultat geführt. So erklärte der Forschungskurator des APMO, Wáclaw Dlugoborski, im September 1998 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu der Opferzahl:

Kurz nach Kriegsende wurde sie von einer sowjetischen Untersuchungskommission ohne weitere Nachforschungen auf vier Millionen festgelegt. Obwohl von Anfang an Zweifel an der Richtigkeit der Schätzung bestanden, wurde sie zum Dogma. Bis 1989 galt in Osteuropa ein Verbot, die Zahl von vier Millionen Getöteten anzuzweifeln; in der Gedenkstätte von Auschwitz drohte man Angestellten, die an der Richtigkeit der Schätzung zweifelten, mit Disziplinarverfahren.[38]

In Nürnberg hatte der sowjetische Ankläger Smirnov am 19. Februar 1946 die Vier-Millionen-Zahl vorgetragen.[39] Kurz darauf, am 11. März 1946, wurde der 1924 vom Staatsgerichtshof wegen Mordes vorbestrafte Höß verhaftet. Er folgte danach dem Vorhalt, für rund zwei Millionen Tote verantwortlich zu sein.[40] Nach drei Tagen Schlafentzug,[41] gefoltert, nach jeder Antwort verprügelt, nackt und zwangsweise alkoholisiert,[42] war die erste Vernehmung „unter schlagenden Beweisen" zustande gekommen. so berichtete auch Höß selbst: „Was in dem Protokoll drin steht, weiß ich nicht, obwohl ich es unterschrieben habe. Doch Alkohol und Peitsche waren auch für mich zuviel."[43] Er zeichnete um 2.30 Uhr nachts mit angestrengter Unterschrift diese Sätze:

In Auschwitz selbst sind meiner Schätzung nach cca [sic] 3 000 000 Menschen ums Leben gekommen. Schätzungsweise nehme ich an das [sic] davon 2 500 000 vergast worden sind.[44]

Wenn die Ergebnisse dieser Studie zutreffen, hätte seine Auskunft wahrheitsgerecht lauten müssen: In Auschwitz sind weit über 300 000 Menschen vergast worden und insgesamt 500 000 ums Leben gekommen. Mit zwei zusätzlichen Nullen und einer 2 näherte sich seine umgekehrte Aussage im Protokoll den sowjetischen Zahlen.

Im Verhör am 1./2. April 1946 nannte Höß zunächst 1,1 Millionen Getötete, dann wieder 2,5 Millionen.[45] Von der Auslieferung nach Polen und Hinrichtung bedroht,[46] blieb Höß vor dem Nürnberger Militärtribunal dabei: drei Millionen Opfer, davon 2,5 Millionen „Vergaste und Verbrannte",[47] korrigierte das aber gegenüber dem amerikanischen Gefängnis-Psychologen[48] und hernach in seiner Krakauer Niederschrift („Hätte die Staatsanwaltschaft nicht eingegriffen, so hätte man mich fertig gemacht"[49]) als „viel zu hoch" auf 1, 13 Millionen „zur Vernichtung" Eingelieferte zuzüglich „der kleineren Aktionen",[50] damit näher dem Resultat dieser Studie von fast 900 000, doch noch immer im Detail -- exakt seinem ersten Protokoll entsprechend --weit überhöht. Für Frankreich nannte er etwa 110 000 Opfer -- insgesamt wurden 75 721 eingeliefert. Aus den Niederlanden kamen laut Höß 95 000, es waren aber 60 026,[51] für die Slowakei zählte er etwa 90 000, obwohl lediglich 26 661 slowakische Juden nach Auschwitz verbracht worden waren,[52] für Griechenland 65 000 bei 53 789 tatsächlich Deportierten.[53] Für Belgien nennt Höß 20 000,[54] angeblich 400 000 aus Ungarn, 250 000 aus Polen (300 000 laut Piper[5]) und 100 000 aus Deutschland -- ohne das von Höß oder seinem polnischen Vernehmer Jan Sehn Polen zugeschlagene Oberschlesien, aber mit Theresienstadt (zusammen 69 000 laut Piper).

Die Unzuverlässigkeit Hößscher Millionenzahlen ist so gravierend, daß Martin Broszat sie bei Herausgabe der Höß-Papiere an anderer Stelle einfach fortgelassen hat.[56] Die fehlenden Passagen lauten:

„Als nächstes Land war Rumänien vorgesehen. Von da erwartete Eichmann nach Angabe seines Beauftragten in Bukarest ca. 4 Millionen Juden [. . .]."[57]

Mehr als eine Null zuviel: Nur 342 000 Juden lebten 1940 in Rumänien laut „Enzyklopädie des Holocaust"[58] und Protokoll der Wannseekonferenz vom 20. Januar 1942.

Höß weiter: „Gleichzeitig oder zwischenzeitlich sollte Bulgarien mit schätzungsweise 2 1/2 Millionen Juden folgen." Diese Zahl ist um das 50fache überhöht: Es gab nur 63 403 Juden in Bulgarien 1943,[59] gemäß Wannseeprotokoll waren es 48 000.

Gerald Reitlinger schätzte schon 1953 die Zahl der Menschenopfer in Auschwitz auf insgesamt eine Million, davon bis zu 750 000 im Gas Ermordete, von denen 550000 -- 600 000 gleich bei Ankunft umgebracht worden seien.[60] Laut Piper starben im Lager 1 110 000 Menschen, davon 202 000 Registrierte und 880 000 Nichtregistrierte, unter ihnen 95 000 registrierte und 865 000 nichtregistrierte Juden.61 Allerdings ist Pipers Zahl der aus Polen Eingelieferten mit 300 000 wahrscheinlich weit überhöht. Auch die Zahl der Überlebenden aus Ungarn bleibt bei ihm unklar.

Den letzten Forschungsstand nennt 1994 Pressac mit 631 000 bis 711 000 Toten insgesamt, davon 470 000 bis 550 000 nichtregistrierte, im Gas ermordete Juden.[62] Davon entfernt sich nicht allzuweit das Resultat dieser Studie mit mutmaßlich 510 000 Toten, davon wahrscheinlich 356 000 im Gas Ermordeten.[63] Dieses Ergebnis relativiert nicht die Barbarei, sondern verifiziert sie -- eine erhärtete Warnung vor neuem Zivilisationsbruch.

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