Berlin, Tuesday, December 17, 2002[Images added
by this website] Ein
deutsches Nein im Sicherheitsrat wäre
katastrophal" Der
US-Regierungsberater Richard Perle
über Kanzler Schröder,
die Lücken in Iraks Bericht und einen
Pakt zwischen Al Qaida und Saddam
DIE WELT: Die Türkei hat beim
Kopenhagener EU-Gipfel kein Datum für
Beitrittsverhandlungen bekommen. Darauf
hatten die USA gedrängt. Sind Sie
enttäuscht? Website
Arabic expert Eric Mueller
comments: I saw a reference to this
interview in the Beirut daily
as-Safir (18 Dec. 2002)
and then pulled up the (long)
original. In it Richard
Perle, among other things,
tells Die Welt that if
Germany casts a vote in the UN
Security Council against war on
Iraq, it would mean that Germany
was siding with Saddam
Hussein. That, he says, would
be "catastrophic" for US-German
relations. Given past experience
around the world, I think that
the expression "katastrophal"
must be taken as a threat..
Related
file:
Our
dossier on some of the origins of
anti-Semitism | Richard Perle: Das könnte sich als
historischer Fehler erweisen. Der Westen
muss sich auf einen langen Kampf mit dem
militanten Islam einstellen. Die
Türkei ist das bei weitem
überzeugendste Beispiel für ein
moslemisches Land als säkulare
Demokratie. Ihre Integration in die
Vereinigung der europäischen
Demokratien ist essenziell. Genügend
islamische Fundamentalisten warten nur
darauf, eine Entfremdung der Moslems von
der westlichen Welt auszunutzen.DIE WELT: Präsident Bush hat die
EU-Regierungschefs noch kurz vor der
Entscheidung persönlich zu einem
Verhandlungsdatum gedrängt. War das
geschickte Diplomatie? Perle: Das Ergebnis wäre ohne die
Anrufe nicht anders ausgefallen. Wir haben
einen Rat gegeben, aber das war nichts im
Vergleich zu der Quantität an
Ratschlägen, die uns erreichten. DIE WELT: Der Eindruck war, die USA
wollten Ankara helfen, um US-Interessen zu
unterstützen, etwa bei einem
Irak-Krieg. Perle: Die Beteiligung der Türkei
hängt nicht von der EU-Mitgliedschaft
ab. Die USA sind schon lange für
einen EU-Beitritt. DIE WELT: Europa drängt ja auch
nicht die USA, Mexiko in die Vereinigten
Staaten zu integrieren. Perle: Das wird auch kaum passieren,
denn Europa schert sich einen Teufel um
Mexiko. DIE WELT: Im Fall eines Irak-Krieges
wird Berlin wohl die Spürpanzer in
Kuwait und deutsche Awacs-Soldaten nicht
verweigern. Reicht das, um als
Verbündeter betrachtet zu werden? Perle: Ein Kanzler hat die Angst vor
einem Krieg ausgenutzt, um eine Wahl zu
gewinnen. Das war eine schäbige
Vorstellung. Aber das heißt nicht,
dass Deutschland kein Verbündeter
ist. Mit
direktem Draht zu Rumsfeld und
Bush Berlin - Wie
viele Menschen mit
überdurchschnittlicher Macht
formuliert Richard Perle seine
Sätze in bedächtiger
Ruhe. Der 61-Jährige legt zwar
Wert darauf, nicht namens der
US-Regierung zu sprechen. Doch
als Vorsitzender des Defense
Policy Board Advisory Committee
im Pentagon verfügt Perle
über Einfluss. Sein Gremium,
dessen Mitglieder frühere
Außenminister,
Verteidigungsminister oder
wichtige Kongressmitglieder sind,
berät den für Politik
zuständigen Stellvertreter
Donald Rumsfelds, Paul Wolfowitz,
in allen strategischen und
bündnispolitischen Fragen.
Perles tatsächlicher
Einfluss beruht allerdings
darauf, dass er auch Zugang zu
George Bush hat. Unter Ronald
Reagan war der Enkel
jüdischer russischer
Einwanderer Abteilungsleiter
für Sicherheitspolitik im
Pentagon. Mit Perle sprachen am
Rande des
Europäisch-Israelischen
Dialogs in Berlin Torsten Krauel
und Jakob Menge. Related
file:
Our
dossier on some of the origins of
anti-Semitism | DIE WELT: Gerhard Schröder regiert,
obwohl Sie ihn wegen seines
Antiamerikanismus zum Rücktritt
aufgefordert haben.Perle: Das war natürlich ein
Scherz. DIE WELT: Deutschland führt die
Kritiker eines Irak-Krieges an . . . Perle: . . . und hilft damit Saddam
Hussein. Wenn ein Kanzler sich weigert,
sogar eine UN-geführte Aktion zu
unterstützen, kann man das nur als
De-facto-Unterstützung für
Saddam Hussein verstehen. Wir haben
Gerhard Schröder allerdings nie um
Hilfe gebeten. Er sagt, er gehe nicht zu
dieser Party? Er hat gar keine Einladung.
Die Lage wäre anders, wenn deutsche
Unterstützung lebenswichtig
wäre. Das ist sie nicht. Sie hat
für uns keine große
Bedeutung. DIE WELT: Deutschland ist ab 1. Januar
im UN-Sicherheitsrat. Was passiert, wenn
es gegen eine Intervention im Irak
stimmt? Perle: Das wäre katastrophal
für die deutsch-amerikanischen
Beziehungen. DIE WELT: Katastrophal? Perle: Wenn Deutschland in dem Moment,
in dem die USA den Sicherheitsrat
überzeugt haben, dass eine
Intervention nötig ist, um die
UN-Resolution durchzusetzen, dagegen
stimmt -- dann wäre das wirklich sehr
ernst (very serious). Das wäre eine
so schwere Enttäuschung (severe
disappointment), dass ich sehr
überrascht wäre, wenn das ohne
eine Kontroverse vorüberginge. DIE WELT: Und eine Enthaltung? Perle: Würde nicht viel
ändern. Das ist etwas für die
Leute, die sich nicht entscheiden
können. DIE WELT: Der Irak hat fristgerecht den
Bericht über seine Rüstung
vorgelegt. Wie wird er von den USA
bewertet? Perle: Ich habe ihn nicht gelesen. Aber
wie ich höre, scheint auch er ein
Packen Lügen zu sein. Frühere
Inspektionen haben ans Licht gebracht, wie
viel Giftgas, welche Biowaffen, wie viele
Raketen produziert wurden. Ein kleiner
Teil dessen wurde zerstört, über
einen großen Teil haben wir keine
Informationen. Es ist Saddam Husseins
Aufgabe, zu beweisen, dass diese Waffen
zerstört wurden. Kann er das nicht,
müssen wir davon ausgehen, dass er
sie versteckt. DIE WELT: Aber das sollen ja die
Inspekteure überprüfen. Perle: Sie können die Waffen nicht
finden. Hans Blix und seine Leute
können wahrscheinlich nicht einmal
ein Areal verlässlich prüfen,
das man von einer Berliner Dachwohnung aus
überblicken kann. Es gibt Millionen
möglicher Verstecke, aber nur 200
Inspekteure. DIE WELT: Und wenn Saddam Hussein die
Beweise nicht liefert? Perle: Dann liegt ein wesentlicher
Verstoß (material breach) gegen die
UN-Resolution vor, und der Präsident
wird Saddam wie angekündigt
entwaffnen. DIE WELT: Reicht der Bericht wirklich
aus, um einen solchen Verstoß
festzustellen? Perle: Wenn Saddam sagt, ich habe keine
Massenvernichtungswaffen, kann aber nicht
erklären, was mit dem produzierten
Anthrax, dem Sarin-, dem VX-Gas passiert
ist, dann ist das meiner Meinung nach eine
wesentliche Verletzung. DIE WELT: Kofi Annan fordert auch von
den USA Beweise für Saddams
Programme. Perle: Einiges können wir nicht
weitergeben, ohne die Quelle zu
gefährden. Es gibt aber manches, das
wir der UNO geben können. Allerdings
sind die Koordinaten nicht immer für
eine Inspektion präzise genug.
Außerdem lässt Saddam Hussein
alles auf Transportern durchs Land rollen.
Er hat eine Organisation mit 6000
Mitarbeitern -- sechstausend! --, deren
einziger Job es ist, zu verstecken, was
wir nicht finden sollen. DIE WELT: Viele in Europa zweifeln auch
an einer Verbindung von Saddam zu Al
Qaida. Perle: Das ist schlicht falsch und wird
nicht richtiger, wenn man es wiederholt.
Es gibt sehr viele Beweise, nicht nur das
Treffen Attas mit einem irakischen Spion
in Prag. Václav Havel hat das
übrigens nie dementiert, wie
fälschlich gemeldet wird. Es gibt
noch viel mehr Belege, und sie reichen
mindestens zehn Jahre zurück. Wir
wissen sogar von einer Nichtangriffs- und
Unterstützungsvereinbarung zwischen
Saddam Hussein und Osama Bin Laden,
ähnlich dem Hitler-Stalin-Pakt. DIE WELT: Würde ein Krieg gegen
den Irak wirklich so leicht, wie manche
Experten behaupten? Perle: Ich glaube nicht, dass viele
Iraker für Saddam kämpfen
werden. Ein Großteil seiner Truppen
wird mit uns den Irak befreien. Und es
wird als Befreiung empfunden werden, wenn
auf Saddam Hussein eine Regierung folgt,
die wirklich alle Iraker vertritt. DIE WELT: Macht die UNO mit? Perle: Ich würde einen
UN-autorisierten Einsatz nicht
ausschließen, aber nicht darauf
bauen. Doch wenn sie weiß, dass die
USA in den Krieg ziehen, egal ob mit oder
ohne UNO -- was hat sie davon,
draußen zu bleiben? Die UNO
würde ihre Relevanz infrage stellen,
besonders wenn die USA gegen den Irak
vorgehen, um UN-Resolutionen
durchzusetzen. DIE WELT: Was folgt nach einem Krieg?
Condoleezza Rice hat angedeutet, dass die
USA bereit wären, eine lange Zeit im
Nahen Osten zu bleiben. Perle: Wir müssen ein sicheres
Umfeld für einen politischen Prozess
schaffen. Es wird ein multilateraler
Einsatz sein. Anders als während der
Clinton-Administration und der frühen
Tage der Regierung Bush sind die USA jetzt
bereit, sich auch beim Staatsaufbau zu
beteiligen. Es gibt wohl vorerst keinen
Ersatz für die Sicherheit und
Stabilität, die wir
gewährleisten können. DIE WELT: In Afghanistan läuft der
Aufbau nicht gut. Die Zentralmacht hat in
den Provinzen der Warlords nichts zu
sagen. Perle: Afghanistan ist ein eigener
Fall. Die irakischen Kurden wollen nicht
mit den irakischen Schiiten und Sunniten
Krieg führen. Sie wollen eine gewisse
Autonomie, sind aber bereit, einen
einheitlichen Irak zu akzeptieren. Niemand
will die territoriale Integrität des
Irak antasten. Das ist das Letzte, was wir
wollen: Chaos auszulösen, indem wir
uns mit Gebietsansprüchen
beschäftigen. DIE WELT: Welche Folge würde ein
Sturz Saddams auf das saudi-arabische
Herrscherhaus haben? Perle: Die Saudis denken schon lange
darüber nach, wie sie ihr Land
modernisieren sollen. Sie sagen, dass sie
vom 11. September geschockt wurden.
Seither sind sie offensichtlich auf
Sinnsuche. Sie merken, glaube ich, dass
der wahhabitische Extremismus, den sie
unterstützen, außer Kontrolle
geraten und auch für sie eine direkte
Gefahr geworden ist. DIE WELT: Aber saudi-arabische Minister
sammeln Geld für die Hamas und andere
Terrorgruppen. Perle: Die Saudis haben begriffen, dass
diese Dinge problematisch sind. Aber Sie
sollten auch Europas Einstellung zur Hamas
bedenken. Hamas steht nicht auf der
schwarzen Liste der EU -- wegen einer
Entscheidung, sie nicht auf diese Liste zu
setzen. Der Chef der Hamas
unterstützt öffentlich die
Tötung israelischer Frauen und
Kinder, und die Europäer haben damit
offenbar kein Problem. DIE WELT: Auch Nordkorea ist ein
brutales Regime, das Atomwaffen baut und
Verträge verletzt. Mit Nordkorea aber
gehen die USA anders um. Warum? Perle: Eins nach dem anderen. Diese
Woche wählt Südkorea. Wir
müssen eng mit der Region
zusammenarbeiten, besonders mit
Südkorea. Die schlimmsten der
Entwicklungen, die wir befürchten,
werden nicht über Nacht passieren.
Meistens fürchtet Europa, dass wir
uns in Abenteuer stürzen. Jetzt sagen
Sie: Geht es nicht schneller? Geben Sie
uns ein bisschen Zeit. |