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Unverschämtheit,
den Leuten so das Geld aus der
Tasche zu ziehen. Wenn Sie die
Nummer wählen, die 0190
00 45 00, müssen Sie
automatisch fünf Mark
spenden, kommt auf Ihre
Telefonrechnung |
Hamburg, Juli, 2000 [Picture added
by this website]"Welches
Plakat?" von DIRK KURBJUWEIT
Eine Kampagne zur
finanziellen Unterstützung des
geplanten Holocaust-Mahnmals in Berlin
sorgt für Diskussionen. Aber was
sagen die Bürger? Sie kommen vom Brandenburger Tor, zwei
Ehepaare, nicht mehr ganz jung. Sie gehen
die Straße des 17. Juni entlang,
plaudern, lachen. Dann bleibt der eine
Mann stehen, guckt, hält die anderen
zurück. Sie betrachten das Plakat,
das an der Wand der DG Bank hängt.
Die eine Frau sagt: "Was? Spenden sollen
wir? Wir zahlen doch schon so viel
Steuern." Sie
sehen ein Idyll, See, Wald, Berge. In
großen Buchstaben: "Den Holocaust
hat es nie gegeben". In kleinen
Buchstaben: "Es gibt immer noch viele, die
das behaupten. In 20 Jahren könnten
es noch mehr sein." Dazu ein Spendenaufruf
für das geplante Denkmal für die
ermordeten Juden Europas in Berlin. Es
soll auf der Brache schräg
gegenüber gebaut werden. "Die
Ausländer verstehen das Plakat
nicht", sagt einer der beiden Männer.
"Die denken dann, wir wären immer
noch so." Der Mann schiebt die Hände in die
Hosentaschen und macht ein Gesicht wie
jemand, der eine Rede halten will. "Wissen Sie", sagt er, "ich bin 1940
geboren, ich habe damit nichts zu tun.
Aber ich will Ihnen mal was sagen, die
Juden in Deutschland ..." "Komm, wir müssen weiter", sagt
seine Frau. "... die können sich alles
erlauben, und der Vorsitzende von denen,
das ist die große Eminenz in diesem
Land. Also, das ist meine persönliche
Meinung." Er lächelt. Seine Frau
zieht ihn am Arm fort. Am Himmel schwebt ein blaues
"Goodyear"-Luftschiff. Auf der
Straße des 17. Juni stauen sich die
Autos. Niemand achtet auf das Plakat, 30
mal 15 Meter groß. Aufgehängt
wurde es im Auftrag des Förderkreises
zur Errichtung des Holocaust-Mahnmals.
Vorsitzende: die Journalistin Lea
Rosh. Zwei Männer und eine Frau gehen
auf das Plakat zu, gucken lange. Sie
arbeiten bei der DG Bank und wollen sich
ansehen, was auf der anderen Seite der
Bürowand hängt. Ihnen
gefällt der Schriftzug, eine
Provokation, das rege zum Nachdenken
an. "Das Problem ist das Foto", sagt einer
der Männer. "Warum nimmt man eine
amerikanische Landschaft, um ein deutsches
Thema zu illustrieren? Sehen Sie die
dünnen Fichten da an der Seite? Die
gibt es nur in Nordamerika." Eine Schulklasse zieht achtlos vorbei.
Nur wenige Passanten beachten das Plakat.
Es gibt so viel zu sehen. Das
Brandenburger Tor ist mit Planen
verhüllt und wirbt für die
Telekom. Ein Bus, im Stau auf der
Straße des 17. Juni, preist
Gaffel-Kölsch an: "Die Revolution der
Frische". David Copperfield
lädt zum "Portal der Träume".
Ein Heißluftballon steigt auf und
ab, "Sat.1" steht groß auf der
Hülle. Ein Mann fotografiert das
Plakat. Er sagt, er sei Historiker.
"Unverschämtheit, den Leuten so das
Geld aus der Tasche zu ziehen", sagt er.
"Wenn Sie die Nummer
wählen, die 0190 00 45 00,
müssen Sie automatisch fünf Mark
spenden, kommt auf Ihre
Telefonrechnung. Das ist
Abzockerei." Ein Bauarbeiter geht im Abstand von
fünf Metern am Plakat vorbei, roter
Helm, Blaumann. Wie findet er das Plakat?
"Welches Plakat?" Er ist überrascht, guckt lange.
"Weeß ick nich, weeß ick
wirklich nich." Inzwischen schweben zwei
Luftschiffe am Himmel, "Goodyear" und
"Mazda". Zwei Radfahrer nähern sich,
ein Mann, eine Frau, um die 60. Er
schüttelt den Kopf. "Nee, das
funktioniert nicht. Von da drüben
kann man die kleine Schrift gar nicht mehr
sehen." Ein Blick zur anderen
Straßenseite, dann wieder zum
Plakat. "Natürlich hat es den
Holocaust gegeben", sagt er. Schweigen. Motoren lärmen. "Aber wissen Sie, die Juden wurden alle
entschädigt, die Zwangsarbeiter auch,
und jetzt kriegen sogar die Griechen was.
Das hört nie auf, mir steht das bis
hier." Er wischt mit einem Zeigefinger an
seinem Hals entlang. "Die Juden sind nicht ganz schuldlos",
sagt seine Frau, "es hätten nicht so
viele umkommen müssen, wenn die
reichen Juden den anderen geholfen
hätten. Also, wir haben damals in
Danzig gelebt, und meine Mutti hat mir
später erzählt, dass es da einen
Laden gab von einem reichen Juden, und
wenn da die armen Juden betteln gingen,
dann hat der reiche Jude sie von den
Hunden hinausjagen lassen." Sie macht eine Pause, guckt traurig.
"Die eigenen Leute", sagt sie, "mit den
Hunden hinausgetrieben." Die beiden verabschieden sich
freundlich. Der Ballon von Sat.1 steigt
wieder auf, im Stau steht ein Bus, der
für die Zeitung "BZ" wirbt. Ein Anruf mit dem Funktelefon: 0190 00
45 00. Eine sanfte Frauenstimme erklingt:
"Diese D1-Nummer ist uns nicht bekannt.
Bitte überprüfen Sie die
Nummer." (C) Der Spiegel
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