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 Posted Wednesday, December 13, 2000


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Deutsche Gerichte können ausländische Rechtsextremisten auch dann wegen Volksverhetzung bestrafen, wenn sie die Auschwitz-Lüge aus dem Ausland im Internet verbreiten

Munich Tuesday, December 12, 2000


BGH: Auschwitzlüge im Internet strafbar

DAS oberste deutsche Gericht hat entschieden, dass die Verbreitung der Auschwitzlüge über das Internet vom Ausland aus nach deutschem Recht bestraft werden kann.

Karlsruhe (dpa) - Deutsche Gerichte können ausländische Rechtsextremisten auch dann wegen Volksverhetzung bestrafen, wenn sie die Auschwitz-Lüge aus dem Ausland im Internet verbreiten. Mit diesem Urteil fällte der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag erstmals eine Entscheidung zu der umstrittenen Frage, ob eine durch einen Ausländer irgendwo auf der Welt begangene Volksverhetzung nach deutschem Recht geahndet werden darf, wenn die einzige Inlandsberührung das Internet ist.

Der 1. Strafsenat des Gerichts in Karlsruhe korrigierte damit ein Urteil des Landgerichts Mannheim gegen den australischen Holocaust-Leugner Fredrick Töben. Das Landgericht hatte eine Strafbarkeit Töbens wegen Volksverhetzung verneint, weil er seine Schriften nicht im Geltungsbereich des deutschen Strafrechts, sondern auf einem australischen Rechner ins Internet gestellt hatte. Der deutschstämmige Mann - selbst ernannter Direktor des "Adelaide Institute" in Australien - hatte auf seiner Website den Völkermord im Dritten Reich geleugnet und als Erfindung "jüdischer Kreise" dargestellt.

Die im Internet weltweit abrufbaren hetzerischen Schriften seien gerade in Deutschland "geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören", argumentierte der Senat. Der "Erfolg" der Handlung sei damit in Deutschland eingetreten, so dass die Tat als in Deutschland begangen gelte. Er stellte indes klar, dass er nur über die Strafbarkeit eines Autors entschieden habe, der seine eigenen Äußerungen über das Netz verbreite.

Der damals 55-jährige Töben war im November des vergangenen Jahres wegen Beleidigung von Juden und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Er hatte seine revisionistischen Äußerungen über das Internet und in einem offenen Brief verbreitet.

Der BGH gab wegen eines Verfahrensfehlers zugleich der Revision Töbens statt, sodass der Prozess vor dem Landgericht Mannheim neu aufgerollt werden muss. Töben war in der ersten Instanz durch den Strafverteidiger Ludwig Bock vertreten worden, der allerdings aus dem Verfahren ausscheiden wollte, weil gegen ihn ebenfalls ein Prozess wegen Volksverhetzung lief. Die Weigerung des Gerichts, ihn von der Pflichtverteidigung zu entbinden, wertete der BGH als Verletzung des Rechts auf effektive Verteidigung.


Süddeutsche Zeitung, Meinungsseite

vom 13. Dezember 2000

Virtuelle Hetzer verwarnt

(ker) - Das Internet ist wie ein Küchenmesser. Es kann sehr nützlich sein. Und es kann sehr gefährlich sein, vor allem in den Händen von Kindern und Verrückten. Man kann deshalb weder Messer noch Internet verbieten. Aber man muss versuchen, Schaden zu verhindern. Bei Messern ist das Problem schon lange allgemein bekannt, beim Internet zerbrechen sich noch Politiker und Juristen den Kopf. Einen kleinen, kühn konstruierten Beitrag zur Bekämpfung der Sozialschädlichkeit von Internet-Seiten hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe geleistet: Auch wer die „Auschwitz-Lüge" als Ausländer auf einem ausländischen Server in das Netz stellt, macht sich hier zu Lande wegen Volksverhetzung strafbar.

Die juristische Begründung ist kompliziert, der Grundgedanke einfach: Solche Web-Sites gefährden ein wichtiges Rechtsgut der Deutschen, nämlich das friedliche Zusammenleben von Bevölkerungsgruppen. Deshalb hat der Gesetzgeber das verbale Vorfeld von Gewalt gegen Minderheiten und 1994 das Leugnen des Holocaust unter Strafe gestellt. Dafür gibt es in Deutschland gute Argumente.

Sie gelten auch dann, wenn die Hetze im virtuellen Netz steht und wenn sie in anderen Ländern nicht strafbar ist. Für die Umsetzung des Richterspruchs gilt zwar: „Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn." Aber der Fall des verurteilten australischen Rechtsextremisten ist eine Warnung: Ein zweites Mal wird er wohl nicht in das Land reisen, das er vom Vorwurf des Völkermordes reinwaschen wollte. So ist eine willkommene Nebenwirkung des Internet-Urteils die Abschreckung ausländischer Neo-Nazis.

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