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 Posted Tuesday, September 26, 2000


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Berliner Zeitung

September 23, 2000

 

Kein Benzin und keine Taxis für die Rechten

Passau macht mobil gegen die DVU-Kundgebung

Nicole Janz

PASSAU, 22. September. Wenn die rechtsextreme Partei Deutsche Volksunion (DVU) und ihre Anhänger am Samstag zu ihrer traditionellen Kundgebung nach Passau kommen, werden sich die Rechten erstmals einer gemeinsamen Front von Bürgern und Stadtverwaltung gegenüber sehen. Denn die Passauer planen, die ungebetenen Gäste -- die Polizei rechnet mit 3 000 Rechtsextremen -- aus der Stadt zu ekeln. Vereine, Bürgergruppen, Jugendgruppen, Künstler -- alle sind dabei und wollen mit originellen Aktionen den Extremisten deutlich ihre Abneigung demonstrieren.

Ein "Komitee Kritische Öffentlichkeit" will einige Ideen umsetzen, mit denen Parteichef Gerhard Frey und seinen Anhängern der Besuch in der Dreiflüssestadt vermiest werden soll: Keine Taxis und keine Hotelzimmer für Rechte; kein Benzin für DVU-Busse; keine Bedienung in Passauer Läden. Außerdem ist noch ein besonderer "Überraschungseffekt" für die Rechten in Vorbereitung, den man aber noch nicht bekannt geben will.

Auch die Stadt zieht mit: Sie organisiert dieses Jahr zum ersten Mal einen Protestmarsch durch Passau. "Es ist ermutigend, dass Bürgergruppen und Institutionen gemeinsam Gesicht zeigen gegen Rechts", sagt Oberbürgermeister Willi Schmöller (CSU). Denn schon lange kämpfe die Stadt gegen ihr braunes Image.

Seit 1984 kommt die DVU nach Passau und hält ihre zentrale Kundgebung in der Nibelungenhalle ab. Das Geld der DVU für die Hallenmiete will Passau in diesem Jahr nicht behalten. "Wir werden die Summe den Hinterbliebenen des in Dessau ermordeten Mosambikaners Alberto Adriano spenden", sagte der Oberbürgermeister.

Einen Rechtsstreit mit der DVU hat Passau kurz vor der Veranstaltung verloren: Ein Video von David Irving, deren Aufführung in der Nibelungenhalle die Stadt verboten hatte, darf nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg doch gezeigt werden. Der umstrittene britische Historiker Irving wurde 1993 in München wegen der "Auschwitz-Lüge" verurteilt. In Deutschland hat er Einreiseverbot.

 


Junge Welt

September 25, 2000

 

Kampf um sauberes Image

DVU-Veranstaltung in Passau: Boykott ging schief -- gemeinsame Gegendemonstration klappte

 

In Passau geht alles ein bißchen langsamer: Viele wollten die DVU-Kundgebung am Samstag total boykottieren. Wirklich gelungen war nur eines: Autonome Linke, Vereine und Passauer Bürger demonstrierten gemeinsam gegen Rechts. 2 200 Anhänger der Deutschen Volksunion (DVU) waren am Samstag mit Bussen nach Passau gekommen. Dort war eigentlich der totale Widerstand geplant gewesen. Keine Bestuhlung in der Veranstaltungshalle, kein Essen, keine Getränke, keine Taxis, keine Hotels für Nazis, die schon seit 1984 jährlich in die Stadt kommen.

Doch die meisten Ideen, die das Passauer »Komitee für Kritische Öffentlichkeit« angeregt hatte, haben sich nicht durchgesetzt -- in Passau braucht es Zeit, die Bürger wachzurütteln. »Die Leute müssen sich erst einmal daran gewöhnen, keine Angst zu haben«, sagt Dr. Werner Kraus, Sprecher des Komitees. Er ist enttäuscht, weil wenige seiner Ideen umgesetzt wurden. Die Hotels redeten sich heraus, die Nazis würden sowieso nicht übernachten, also seien keine Gegen-Rechts-Plakate nötig. Laut Taxifahrern käme die DVU sowieso mit Bussen in die Stadt, Tankstellenmitarbeiter wußten teilweise nichts von der Boykott-Idee. Nur wenige Geschäfte zeigten mit Plakaten ihre Abneigung gegen die Nazis. Immerhin: Eine Buchhandlung veranstaltete auf eigene Kosten eine Lesung zum Thema »Deutscher Geist und Judenhaß«.

Auch die Stadt blieb zurückhaltend: »Wenn der Wirt in der Nibelungenhalle die DVUler nicht bedient hätte, dann wären sie in die Innenstadt gelaufen«, sagt Oberbürgermeister Willi Schmöller (SPD). Die Konfrontation mit diesen Demonstranten war ihm zu gefährlich.

Obgleich er die Boykott-Idee nicht unterstützt hat, ein großes Zugeständnis machte der Bürgermeister: Er rief, im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, alle Bürger zu einem Protestmarsch gegen Rechts auf. 2 600 Bürger zogen dann auch gemeinsam mit Linken durch die Stadt. Es gab keine Krawalle, keine Verletzten. Schnell waren Anti-Nazi-Plakate, Aufkleber und Buttons vergriffen. Die Polizei nahm nach eigenen Angaben am Samstag 17 Personen in Gewahrsam, 16 davon zählten zur rechten Szene.

Der DVU-Vorsitzende Gerhard Frey wandte sich in einer einstündigen Rede vor allem gegen eine vermeintliche »Hetzkampagne gegen die DVU«, hinter der er eine »Medienmafia« und »Schweinejournalismus« vermutet. Frey gab dann in einer 80minütigen Pause seinen Anhängern Autogramme. Zum Abschluß der Kundgebung führte die DVU auf Video eine Rede des britischen Historikers David Irving vor, der in Deutschland wegen seiner Auschwitz-Lügen Einreiseverbot hat. Irving sprach in dem Video über die Zerstörung der Stadt Dresden im Zweiten Weltkrieg. Vor der Abfahrt der DVU-Busse erhob eine alte Frau den rechten Arm in Richtung der Demonstranten zum sogenannten Kühnen-Gruß. Gegen sie soll Anzeige erstattet werden.

Die Jugendlichen in Passau sehen den neuen gemeinsamen Protest positiv: »Früher wollte die Stadt nicht mit den Linken zusammen demonstrieren, jetzt gab es endlich einmal eine gemeinsame Demo«, unterstrich Petra Schmatz, Kreisvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen im Passauer Land. Doch ein Kritikpunkt bleibt. Eva Scheinost, von der »Passauer Jugend« findet die Zusammenarbeit mit der Stadt in diesem Jahr zwar auch gut. Trotzdem moniert sie: »Ich glaube, daß die Stadt erst jetzt mitmacht, weil in den Medien das Thema Rechtsradikale im Moment in ist.«

Dr. Werner Kraus vom »Komitee Kritische Öffentlichkeit« meinte im Nachhinein, er hätte mehr Zeit gebraucht, um die Aktionen besser zu organisieren, um mehr Überzeugungsarbeit zu leisten. Doch er bleibt optimistisch: »Dieses Jahr haben wir eine gute Basis geschaffen, auch wenn der Boykott nicht geklappt hat. Aber wir kommen wieder, nächstes Jahr.« Jana Nicolai


 

taz, die tageszeitung

September 25, 2000

 

Bürger gegen DVU auf der Straße Proteste gegen DVU-Treffen. Stadt spendiert Einnahmen aus der Hallen-Vermietung an Opfer rechter Gewalt

PASSAU taz Ein totaler Boykott sollte es werden. Doch der Plan für die DVU-Kundgebung am Samstag ging nicht auf. Nur eines gelang: Autonome Linke und Passauer Bürger demonstrierten gemeinsam gegen rechts.

Die Boykottidee hatte sich so gut angehört: Kein Passauer sollte die Anhänger der Deutschen Volksunion (DVU) bei ihrer Kundgebung in der Nibelungenhalle bedienen. Kein Essen, keine Getränke, keine Taxis, keine Hotels für Nazis, die schon seit 1984 jährlich in die Stadt kommen.

Doch die meisten Ideen, die das Passauer "Komitee für Kritische Öffentlichkeit" angeregt hatte, haben sich nicht durchgesetzt. Das Fazit am Samstag: Die Hotels waren sowieso ausgebucht. Warum dann noch Anti-Nazi-Schilder in die Tür hängen, so die verbreitete Meinung. Taxifahrer sprachen davon, dass die DVU sowieso mit Bussen käme, Tankstellenmitarbeiter zuckten bloß mit den Schultern. Nur wenige Geschäfte zeigten mit Plakaten ihre Abneigung gegen die Nazis. Immerhin: eine Buchhandlung veranstaltete auf eigene Kosten eine Lesung zum Thema "Deutscher Geist und Judenhass".

"Die Passauer müssen sich erst einmal daran gewöhnen, keine Angst zu haben und aktiv zu werden", vermutet Werner Kraus, Sprecher des Komitees. Außerdem hätte er mehr Zeit zum Organisieren gebraucht -- und mehr Aufgeschlossenheit bei der Stadt.

Die war vorsichtig. "Wenn der Wirt die DVUler nicht bedient hätte, dann wären sie in die Stadt gelaufen", sagt Oberbürgermeister Willi Schmöller (SPD). So war er am Ende froh, dass die DVUler in der Halle unter sich blieben -- und nicht mit den Gegendemonstranten auf offener Straße zusammenstießen.

Über fünfzig Mal hat die Stadt dagegen geklagt, dass die Rechten die Nibelungenhalle nutzen -- immer wieder hat das Verwaltungsgericht gegen Passau entschieden: Die Halle ist ein städtischer Veranstaltungsraum und muss, wie es etwa die bayerische Gemeindeordnung vorsieht, nicht verbotenen Parteien zur Verfügung gestellt werden. Immerhin: Das von der Stadt eingenommene Geld für die Hallenmiete, etwa 5.000 Mark, wird den Hinterbliebenen des in Dessau ermordeten Afrikaners Alberto Adriano gespendet.

Einen weiteren Rechtsstreit hatte die Stadt kurz vor der Veranstaltung auch verloren: Die Aufführung eines Videos von Holocaust-Leugner David Irving vor den 2.200 Rechten war erst von der Stadt verboten worden, wurde dann vom Gericht wieder erlaubt.

Obgleich die Stadt die Boykottidee wenig unterstützt hat -- ein großes Zugeständnis machte der Bürgermeister: Er rief, im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, alle Bürger zu einem gemeinsamen Protestmarsch gegen rechts auf. 2.600 Bürger zogen gemeinsam mit Linken durch die Stadt.

Es gab keine Krawalle, keine Verletzten. Kurzzeitig nahm die Polizei 29 Personen fest, 17 davon in Gewahrsam. Nach Angaben der Polizei zählten davon 16 zum rechten und eine zum linken Spektrum. Bis zum Sonntagmorgen waren alle wieder auf freiem Fuß.

Werner Kraus vom Komitee Kritische Öffentlichkeit zeigte sich nach den Protesten gegen die DVU optimistisch: "Dieses Jahr haben wir eine gute Basis geschaffen, auch wenn der Boykott nicht geklappt hat. Aber wir kommen wieder, nächstes Jahr."

Spätestens in zwei Jahren wird sich DVU-Chef Gerhard Frey sowieso einen neuen Versammlungsort suchen müssen: Die Stadt plant eine Neugestaltung der Innenstadt und wird die Nibelungenhalle abreißen. NICOLE JANZ

PASSAU 1984: David Irving approaches the stage, followed by DVU chairman Dr Gerhard Frey. Marxist rioters have tried for years to stop these assemblies.

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Relevant links:

Deutsche Volksunion (DVU) http://www.dvu.net
Passau http://www.passau.de

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