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Süddeutsche Zeitung vom 12. April 2000
"Irving ist Holocaust-Leugner, Antisemit und Rassist" Gericht weist Verleumdungsklage gegen US-Wissenschaftlerin ab Der britische Historiker David Irving hat eine Verleumdungs-klage gegen eine amerikanische Wissenschaftlerin verloren, die ihn als Holocaust-Leugner bezeichnet hatte. Das Oberste Gericht in London erklärte die erhobenen Vorwürfe für gerechtfertigt. Irving sei ein "aktiver Holocaust-Leugner, Antisemit und Rassist", der mit rechtsgerichteten Extremisten zusammenarbeite, sagte der Richter. Der 62 Jahre alte Historiker hat in seinen Büchern Zweifel an der Zahl der von den Nationalsozialisten ermordeten Juden geäußert. Irving habe aus ideologischen Gründen absichtlich historisches Material manipuliert und verfälscht wiedergegeben, erklärte der Richter weiter. Vor allem habe er ein ungerechtfertigt positives Bild von Adolf Hitler gezeichnet, was dessen Verantwortung für den Umgang mit Juden angehe. Es lägen keine Beweise vor, dass die Äußerungen der Wissenschaftlerin Deborah Lipstadt Irvings Ruf beschädigt hätten, sagte der Richter. Lipstadt hatte dem Historiker in einem 1994 veröffentlichten Buch vorgeworfen, den Massenmord der Nationalsozialisten an den Juden zu leugnen. Lipstadts Verteidiger sagte, Irving habe Unwahrheiten verbreitet, um Hitler zu rehabilitieren. Der Historiker hatte in Schriften und Vorträgen vor rechtsextremen Gruppen den Einsatz von Gaskammern im Dritten Reich in Frage gestellt. Außerdem äußerte er die Überzeugung, die meisten Juden im Konzentrationslager Auschwitz seien nicht getötet worden, sondern an Krankheiten wie Typhus gestorben. Er bestreite zwar nicht, dass auch Juden ermordet worden seien, bezweifle aber die als gesichert geltende Zahl von sechs Millionen Toten. Irvings Äußerungen hatten jüdische Organisationen und Holocaust-Überlebende auf der ganzen Welt empört. Deutschland, Kanada und Australien verhängten ein Einreiseverbot gegen den Geschichtswissenschaftler. Jüdische Organisation begrüßten das Urteil als Sieg der Wahrheit. "David Irvings Karriere als Historiker ist vorbei", hieß es in einer Erklärung des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Los Angeles. Der Verband britischer Juden erklärte, die Entscheidung des Gerichts beweise, dass Irving ein Geschichtsfälscher sei. Irving machte geltend, Lipstadts Veröffentlichungen hätten seinem akademischen Ruf geschadet. Dem neunwöchigen Verfahren gegen die Wissenschaftlerin und ihren Verlag Penguin wohnten zahlreiche Holocaust-Überlebende bei. Irving kündigte an, keine [sic. Unrichtig] Berufung gegen das Urteil einlegen zu wollen. Laut einer Meldung der britischen Nachrichtenagentur Press Association muss er die Gerichtskosten in Höhe von zwei Millionen Pfund (6,5 Millionen Mark/3,3 Millionen Euro) tragen. Alle Rechte vorbehalten - Süddeutscher Verlag GmbH, München |
Munich, 12.April 2000 |