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![]() Hamburg/Berlin, February 7, 2000
David Irving oder Wie man alles leugnet... ...und doch ein Wissenschaftler sein möchte. Der Verleumdungsprozess in London geht in seine fünfte Woche Von Thomas Kielinger
EIN Drama wie dieses hat es in britischen Gerichtssälen noch nicht gegeben. Es ist der erste Revisionismus-Prozess zum Thema Holocaust, der überhaupt je über die Bühne geht, das beklemmende Hin und Her von Zahlen, Dokumenten und Aussagen, über ein Kapitel, welches längst über seine Historizität hinaus im Gewissen der Zivilisation selber verankert ist.
Aber nicht Irving sitzt in London auf der Anklagebank,
sondern die US-Historikerin Deborah Lipstadt und ihr
Verlag, Penguin Books, wegen des 1993 erschienenen Buches
"Den Holocaust leugnen - Der wachsende
Angriff auf die Wahrheit und das Gedächtnis".
Darin wird der Verfasser von "Hitlers
Krieg" (1977) ein "Holocaust-Leugner" und
"Geschichtsverfälscher" genannt - Anschuldigungen, so
begründet Irving seine Verleumdungsklage, die ihm
inzwischen den Zugang zur internationalen Verlagswelt
versperrt und damit seine ökonomische Basis
zerstört haben. ![]() Website
photos: beneath the collapsed roof of Krema II, MIT dieser Trophäe einer Aussage versuchte Irving anschließend, sämtliche Zeugnisse über die Einführung des Giftgases Zyklon B in die Kammer zu entwerten. Die Geständnisse des letzten Lagerkommandanten Rudolf Höß - Zeichen pathologischer Persönlichkeitsentfremdung. Das Zeugnis von Hans Almeyer [sic. Aumeier], dem zweiten höchstrangigen SS-Offizier in Auschwitz - erpresst unter der Folter der britischen Verhörer. Amerikanische Luftaufnahmen, die auf eine für die Benutzung von Zyklon B geeignete Dachkonstruktion hinwiesen - unbeweisbares Material. Die Aussagen von Überlebenden - verständliche Übertreibungen, wenn nicht Schlimmeres: die Sucht nach pekuniärem Vorteil. In der Kammer, so hält Irving schamlos dagegen, seien lediglich Seuchentote fumigiert worden, um weitere Ansteckung zu verhindern. Die Stoßrichtung des Klägers ist klar: Er will
die Dokumente anders lesen dürfen als die Mehrzahl der
Historiker und sich damit sein Recht auf abweichende
Interpretation bestätigen lassen. Gelänge ihm das,
hätte er gewonnen. Wo er hingegen mit Beweismitteln
konfrontiert wird, die ihm keinen Ausweg lassen, behauptet
er einfach, sie nicht gekannt zu haben: Also könne man
ihm auch nicht "Geschichtsfälschung" unterstellen. Da
Irving alles anzweifelt, was die Forschung gesichert zu
haben glaubt, bleibt der Verteidigung nur, die behauptete
Wissenschaftlichkeit des Klägers selber zu
desavouieren. Den zweiten Stoß führt der Verteidiger gegen Irving als "pervertierten Rassisten." Doch der kehrt vor der Fülle des Beweismaterials den "patriotischen Engländer" in sich heraus. So, wenn er bei seinen diversen Rückeinreisen über den Flughafen Heathrow beklagt, "von einem Pakistani" nach dem Pass gefragt zu werden. Oder, wenn er sich rechtfertigen muss, in einer Tagebuchnotiz 1995 seiner damals neun Monate alten Tochter zuliebe ein arisches Kinder-Hetzlied gedichtet zu haben: Es laufen einfach zu viele fremde Hautfarben in seinem geliebten England herum. Auf Tagungen rechtsradikaler Gruppen versteigt sich der
Autor routinemässig in Kommentare wie: "Wenn ich jetzt
krude sein wollte, würde ich sagen, die Juden sind
nicht nur besser im Geldmachen, sie sind obendrein auch
raffgierig." Zu solchen Zitaten von Richard Rampton befragt,
zieht sich Irving gerne auf das zurück, was man als
deutscher Zuhörer die "Jenninger-Volte" nennen
könnte: "Ich habe mich nur in den Kopf von Leuten
versetzt, die sich so etwas über eine sehr clevere
Rasse fragen könnten." Der Prozess dauert an.
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February 7, 2000 |