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Die Welt

Hamburg/Berlin, March 1, 2000


 

"Ein schauriges Inferno"

Nach fast 40 Jahren hat Israel die Eichmann-Memoiren freigegeben

Die Form kommt vor dem Inhalt.

 

Von Norbert Jessen

 

In den Erinnerungen des NS-Verbrechers Adolf Eichmann, die er im israelischen Gefängnis 1961 niederschrieb, steht noch vor einem Vorwort ein Hinweis an den Lektor und vermuteten Zensor auf stilistische Schwächen: Die Sprache sei eher "süddeutsch-bajuwarisch".

Zur ersten Veröffentlichung dieses Manuskripts, das bislang im israelischen Staatsarchiv unter Verschluss lag, fanden sich gestern vor allem Pressefotografen ein. Historiker und andere Interessenten konnten den 1300 Seiten langen Text auch über Computer anfordern. Per E-Mail erhielt auch die Verteidigung der Historikerin Deborah Lipstadt ein Exemplar. In einem Londoner IrvingVerleumdungsprozess muss sie nachweisen, dass der britische Geschichtsforscher David Irving in seinen Werken das Ausmaß der Judenvernichtung und die Rolle Adolf Hitlers verharmlost.

Ein weiteres Exemplar wurde auch, den Erben Eichmanns zugesandt. Die gleichzeitige Freigabe zur Einsicht soll aber verhindern, so der Direktor des Staatsarchivs, Eviatar Friesel, dass die Familie Eichmanns aus einer Buchveröffentlichung Kapital schlagen kann. In großen Auszügen war die Schrift bereits bekannt. Von besonderem Interesse sind die persönlich gehaltenen Darstellungen Eichmanns zum eigenen Lebensweg: der Werdegang eines Schreibtisch-Mörders. Über den Holocaust sind Eichmanns Aussagen deutlich. Er schreibt klar vom "kapitalsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte".

Gleich zu Beginn seiner Ausführungen bemüht er sich dabei fast um poetische Eindringlichkeit: "Denn nicht nur die Felder des Todes musste ich sehen mit eigenen Augen, die Schlachtfelder auf denen das Leben erstarb, ich sah weit Schlimmeres. Ich sah, wie durch wenige Worte, durch den einzigen knappen und kurzen Befehl eines Einzelnen, dem die Staatsführung als Befehlsgeber dazu die Macht verlieh, solche Lebenslöschungsfelder geschaffen wurden ... Den größten und gewaltigsten Totentanz aller Zeiten. Den sah ich. Und ihn zu beschreiben, zur Warnung, schick ich mich an."

Bis in jede Einzelheit beschreibt er Massenerschießungen: "... da erschlug eine Kugel den Kopf des Kindes. Mein Fahrer wischte mir vom Ledermantel kleine Gehirnstücke." Auch die erste Stufe des mechanisierten Massenmordes durch Auspuffgase im Lager Kulm beschreibt er als Augenzeuge: "Ich sah nackte Juden und Jüdinnen in einen geschlossenen Omnibus ohne Fenster einsteigen ... die Türe wurde aufgemacht und heraus purzelten Leichen. Eine über die andere. Das war ein schauriges Inferno. Nein, es war ein Superinferno. Eben sah ich sie noch lebendig. Nun waren sie samt und sonders tot."

Die grauenvollen Darstellungen sind unverhohlene Zugeständnisse an die israelischen Ermittler. Doch gerade wenn er sich genau so unverhohlen um die Verkleinerung der eigenen Rolle im Räderwerk des Verbrechens bemüht, kommt es zu aufschlussreichen unbewussten Eingeständnissen: Der "Wetzel-Brief" ist ein Vorentwurf zu einer amtlichen Verlautbarung. Hier steht der berühmte handschriftliche Vermerk: „Vorschlag Eichmann, Vergasung der Juden, u. ä. m.". Seitenlang bestreitet Eichmann jeden Zusammenhang zu seiner Person: "Ein einwandfreies Falsifikat, wenigstens soweit es mich betrifft." Ein "Märchen".

Er gibt zu, dass die Fälschung eines Entwurfs statt eines Originals eine "merkwürdige Handlung" wäre. Aber in diesem Wortschwall kommt es zu keinem Angriff gegen die Darstellung einer "Vergasung von Juden". Dass es sich nur darum handeln kann, verdeutlicht Eichmann selber: "Es steht nicht so deutlich geschrieben, aber es ist der unmissverständliche Sinn." Ein Graphologe, dem die Zeitung "Jedioth" einen Schriftauszug vorlegte, sieht den Schreiber als "sehr gefügte Persönlichkeit mit eiserner Disziplin", von einem "großen Ausmaß an Fanatismus" charakterisiert.

Er ist auch "trocken, nörglerisch, technisch". Und "Kreisbewegungen, die Gefühle widerspiegeln, fallen dem Schreiber offensichtlich schwer". Persönliche Reue, Mitgefühl den Opfern gegenüber werden auch nicht geäußert. Allenfalls Selbstmitleid über das schlimme Schicksal, das ihn auf diesen Weg zwang. Ansonsten stellt der Graphologe auch "Intelligenz und außerordentliche Konzentrationsfähigkeit" fest. Tatsächlich: So genau wie die Massenmorde beschreibt Eichmann sein erstes Frühstück in Berlin bei "Aschinger" am Anhalter-Bahnhof. Bis auf die Anzahl der Mollen und Brötchen zum Gulasch.

Es war "ein sonniger Herbsttag im Jahre 1934". Erinnerungsschwächen hatte Eichmann keine.

Unser Buchtipp dazu: "Das Reich hört mit" von Irving, David versandkostenfrei bestellen bei bol.de

Die kompletten Eichmann-Tagebücher im Internet: www.welt.de/politik/dokumentation


Website-Hinweis: sämtliche Springer-Journalisten (etwa bei der "Welt") werden durch einen Sechs-Punkt-Arbeitsvertrag darüber verpflichtet, nichts zu schreiben, was gegen das Staatsinteresse Israels verstößt, und nur die reine Wahrheit zu schreiben.


March 1, 2000
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