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Stuttgarter Zeitung

Tuesday February 29, 2000


 

Politik

Israel gibt Adolf Eichmanns Memoiren frei

Exemplar der handschriftlichen Aufzeichungen des NS-Verbrechers soll ausgestellt werden

EichmannSeit 40 Jahren sind die Memoiren des NS-Verbrechers Adolf Eichmann unter Verschluss gehalten worden. Nun sollen die 1300 Seiten veröffentlicht werden.

Von Annette Pfeiffer

Bereits Mitte vergangenen Jahres hatte Israel entschieden, die Dokumente herauszugeben. Unklarheit herrschte jedoch über den Zeitpunkt. Auch war nicht geklärt, ob die Tagebücher wissenschaftlich ediert und mit Anmerkungen versehen werden sollten oder ob sie unkommentiert erscheinen sollten.

Gestern nun hat der israelische Generalstaatsanwalt Eljakim Rubinstein bekannt gegeben, dass die Öffentlichkeit Kopien der handgeschriebenen Seiten erhalten soll. Schon in den nächsten Tagen könne man mit der Verteilung beginnen. Die Erstellung einer kommentierten Ausgabe hätte dagegen wohl Jahre in Anspruch genommen - doch so lange wollte man nicht warten. Außerdem werde eine Kopie der Eichmann-Memoiren im israelischen Staatsarchiv ausgelegt.

Der Entscheidung Israels ist ein zäher Streit um die Rechte an den Aufzeichnungen vorausgegangen. Der älteste Sohn Eichmanns, Dieter Eichmann, hatte die Herausgabe der Manuskripte verlangt. Sie seien ein Erbe der Familie und dürften keinesfalls an Dritte weitergegeben werden. Daraufhin hat Israel beschlossen, dass die Dokumente israelisches Staatseigentum seien und nicht an die Erben herausgegeben werden. Die Aufzeichnungen sollten vielmehr der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Adolf Eichmann, einer der maßgeblichen Organisatoren der Vernichtung der europäischen Juden, hatte im Gefängnis ein Tagebuch geschrieben. Er wollte, dass seine Auffassung der Geschehnisse gleichzeitig mit dem Gerichtsurteil veröffentlich werden sollte. Am 1.Juni 1962 wurde Eichmann exekutiert. Der damalige israelische Ministerpräsident David Ben-Gurion hatte eine Veröffentlichung abgelehnt. Er verfügte, dass das Manuskript mindestens 15 Jahre lang unter Verschluss gehalten werden müsse.

Seitdem ist immer wieder über den Sinn der Veröffentlichung debattiert worden. Historiker haben sich wiederholt dagegen ausgesprochen, die Memoiren des ehemaligen Obersturmbannführers, in welchen er sich als kleiner Befehlsempfänger darstellt, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zum einen könnten die Rechtfertigungen Eichmanns von den Holocaust-Leugnern missbraucht werden.

Zum anderen versprechen sich Forscher keine neuen Erkenntnisse über die Vernichtung der europäischen Juden. Willi Dreßen, Leiter der Zentralen Stelle für die Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg und der Historiker Eberhard Jäckel bewerten den Inhalt der Memoiren als wenig sensationell. Allerdings haben bisher nur wenige Historiker überhaupt die Möglichkeit erhalten, die Manuskripte einzusehen. Vielleicht wird durch die Veröffentlichung nun endlich eine objektive Beurteilung der Eichmann-Aufzeichnungen möglich.

 

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February 29, 2000
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