From the world's press

 

Quick navigation  

[verbatim trial transcripts]

 

Salzburg, den 17. Februar 2000


 

Irvings Kampf

Der britische Historiker David Irving, selbsternannter Ehrenretter Adolf Hitlers, steht vor Gericht - als Kläger. Er fühlt sich verleumdet.

ERHARD M. HUTTER

LONDON (SN). -- Niemand könne bei "gesundem Verstand" behaupten, dass hunderttausende Juden Ende 1942 in ein Niemandsland an der russischen Grenze verfrachtet worden sind, "um ihre Gesundheit wieder herzustellen", sagte Verteidiger Richard Rampton dem Gericht.

IrvingTags zuvor hatte der 62-jährige Historiker David Irving im Prozess erklärt, aus einem vom britischen Geheimdienst abgefangenen deutschen Telegramm gehe hervor, dass Juden für ihren dreitägigen Transport nach Litauen mit Nahrung für 24 Tage versorgt waren, um dort "ein neues Leben zu beginnen!" Sein Fazit: "Wenn man Juden vernichten will, dann schickt man sie doch nicht mit ausreichend Lebensmittel auf die Reise!"

Szenen aus dem bis Ende März anberaumten Verleumdungsprozess im Londoner Hochgericht: Irving gegen die Historikerin Prof. Deborah Lipstadt und Penguin Books. Lipstadt hatte in ihrem 1994 veröffentlichten Buch "Denying the Holocaust" den Briten bezichtigt, ein Parteigänger Hitlers zu sein und die Geschichte zu entstellen. Irving ging vor den Kadi, weil er angeblich als Opfer einer internationalen (zionistischen) Verschwörung in seinem Ruf geschädigt und finanziell ruiniert worden ist, denn niemand druckt mehr seine Bücher.

Der Autor von 30 Abhandlungen, darunter "Hitlers Krieg" und eine Goebbels-Biografie, führt persönlich die Anklage. Dabei tischt er beredt seine Erkenntnisse aus der neofaschistischen Musterkollektion auf: Nein, er habe den Holocaust nie geleugnet, wohl aber dessen offiziell anerkanntes Ausmaß von sechs Millionen Opfern: "Massenmord ist logisch unmöglich". Die Gaskammern, als Instrument der Massenvernichtung eine Fiktion, hätten nur zur Entlausung von Leichen gedient. "Der Holocaust, symbolisiert in Auschwitz, ist ein Mythos, eine Lüge der Juden, um riesige Summen der Wiedergutmachung an angebliche Opfer" zu erschwindeln.

Irving -- der Ehrenretter Hitlers. Der Führer hat seiner Überzeugung nach den Holocaust nie angeordnet und nichts von der "Endlösung" gewusst, ja Himmler ausdrücklich eine Liquidierung der Juden untersagt. Die Geständnisse von Eichmann, Auschwitz-Kommandant Rudolf Höss und vieler anderer fallen einfach unter den Tisch, wenn es Irving nicht ins Konzept passt: Die Polen hätten erst nach dem Krieg Auschwitz mit den schaurigen Öfen als Touristenattraktion aufgebaut, so Irving.

Laut Lipstadts Verteidiger Rampton ist der Kläger ein "Verfälscher der Geschichte und Lügner". Die Unterschiede der ersten Ausgabe von "Hitlers Krieg" 1977 und der zweiten 1992 reflektierten die Wandlung des KZ Auschwitz "von der monströsen Tötungsmaschinerie zu einem bloßen Arbeitslager". Irving unterschlage Beweise und begehe für einen Geschichtswissenschafter Todsünden: Falschheit, Erfindung, Manipulation.

Die als Zeugen geladenen Experten sind durchwegs über Irvings Verharmlosung des schrecklichsten Massen-Verbrechens im letzten Jahrhundert entsetzt.

©Salzburger Nachrichten 2000


Leserreaktion auf diesen Artikel: Suggestion: Did this journalist accurately reflect the proceedings? Check the transcripts and then...


February 17, 2000
|Return to Clippings Index | ©Focal Point 2000 e-mail:  write to David Irving