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Die verhandelte Ehre des David Irving In Amerika wird der Verleumdungsprozess des dubiosen NS-Historikers wenig beachtet - mit einer glänzenden Ausnahme Von Uwe Schmitt, London
WELCHE Erwägungen auch immer Amerikas Qualitätspresse leiten, den Mitte Januar in London eröffneten Verleumdungsprozess von David Irving gegen die US-Historikerin Deborah Lipstadt nur sporadisch zu beobachten, die resultierende Ignoranz ist ärgerlich. Wer interessiert war, fand knappe Einführungen zu Beginn des Verfahrens, mit dem sich Irving gegen das angeblich rufmordende und - viel wichtiger für ihn - geschäftsschädigende Diktum Lipstadts wehrt, einer der gefährlichsten Wortführer der Holocaust-Verneinung zu sein. Der Vorwurf ist enthalten in Lipstadts Buch "Die Verneinung des Holocaust - der wachsende Angriff auf die Wahrheit und die Erinnerung" (1993) und bereitete Irving damals, als sich seine Bücher noch prachtvoll verkauften, nachweislich grimmiges Vergnügen. Er stellte die jüdische Professorin bei Debatten in Amerika, brüllte Provokationen und genoss den verkaufsfördernden Skandal. Erst 1996, als Verlage und Buchhändler von Ruf seine Werke nicht mehr mit spitzen Fingern anfassten, reichte Irving Klage ein. Die Vorgeschichte ließ sich wohl finden in den großen Zeitungen. Dann aber senkte sich Vernachlässigung über den auf drei Monate angesetzten Prozess. Die Zurückhaltung berührt seltsam, zumal der Gerichtsort den in den US-Medien sehr geschätzten Vorzug aufweist, keine Verständigungsprobleme zu bereiten. Aufklärung nötig hätte das US-Publikum wahrlich, wenngleich kaum jene Eliten, die anspruchsvolle Zeitungen lesen. Nicht zuletzt in den USA findet nämlich der nazisüchtige David Irving noch fette Vortragshonorare und eine gläubige Gemeinde in Bürgerwehren und rechtsradikalen Gruppen wie der "National Alliance". Während etwa Frankreich, Österreich und Kanada Einreiseverbote verhängten und seit geraumer Zeit ein deutsches Auslieferungsersuchen gegen den Briten wegen Leugnung von NS-Verbrechen anhängig ist, schützen Irving in Amerika die allerheiligste Redefreiheit (Erster Verfassungszusatz) und, bei allem Respekt, eine gefährlich ungebildete Unterschicht. Die giert nach Verschwörungslegenden mit "Washington", Juden, Japanern, Marsianern, Kommunisten, dem Papst oder sonst wem, und sie zählt nach Millionen. Nur acht Prozent der Amerikaner sind einer neuen Roper-Umfrage zufolge anfällig, die Judenvernichtung zu leugnen ("prone to Holocaust denial"). Eine Zahl, die anzuzweifeln geneigt ist, wer in Washington noch immer erlebt, nach dem Befinden der DDR gefragt zu werden. Amerika ist ideales Ackerland für Irvings Saatgut. Lipstadt-Anwalt Richard Rampton hieß den Kläger einen "perversen Rassisten" und hielt sich zur Begründung an eine Tagebucheintragung Irvings vom September 1994, die triumphierend einen selbst gefertigten Kinderreim für seine neunmonatige Tochter überliefert. Bei einem Spaziergang, der das Ehepaar samt Kind mit "Halbblut-Kindern" konfrontierte, erfand der Vater das Lied: "Ich bin eine Baby-Arierin / Keine Jüdin und keine Sektiererin / Und es fällt mir nicht ein zu heiraten / Einen Affen oder einen Rastari-Mann." Doch geht es nicht um David Irvings Kinderliebe und lustige Knittelverse. Gegen die Holocaust-Geschichtsschreibung selbst, vertreten durch die streitbare Deborah Lipstadt, hat der Revisionist Klage angestrengt. Mit dem Ziel, den beiden einzigen Überzeugungen zu dienen, welchen er über Jahrzehnte der Irrungen, Dementi, Demagogie treu geblieben ist: Die Shoah als aufgeblasenen Mythos zu behaupten und sein viel bewundertes Idol Hitler freizusprechen als eine Art entnervten "Topmanager, viel zu beschäftigt, um genau zu wissen, was sich in seinen Außenbüros Auschwitz und Treblinka abspielt" ("Time"). Der besessene Hobbyhistoriker scheint in London, wo er sein eigener Anwalt ist, manchmal im Begriff, sich um Millionentantiemen und letzten Ehrenrest zu reden. Er, der Kläger, hat die Anwälte der Gegenseite gezwungen, seine Ergüsse aus Jahrzehnten zusammenzutragen. Nur in England, dessen strenge Verleumdungsgesetzgebung dem Beklagten die Beweispflicht zu seiner Entlastung auferlegt und wenig Unterschied macht zwischen öffentlichen und Privatpersonen, hat Irving Aussicht auf Erfolg. Jedes Detail der Shoah, jede Zeugenaussage unwiderlegbar zu dokumentieren ist schier unmöglich. Nach US-Recht liegen die Beweispflichten auf Seiten des Klägers, und der Prozessverlierer trägt die Kosten des Verfahrens. Irving hat natürlich keine Sekunde lang erwogen, die unbekannte Religionswissenschaftlerin und Historikerin Deborah Libstadt vor ein US-Gericht zu zerren. Und weil das so ist, und weil weit entfernt in London nach ungeläufigen, schwer zu erläuternden Rechtsnormen verhandelt wird, mag die amerikanische Presse auf eine intensive Berichterstattung verzichten. Eine andere Erklärung ließe sich aus einem Kommentar des Professors für Ethik und internationale Beziehungen Walter Reich filtern, der in der "New York Times" erschien. Der Holocaust sei so überwältigend dokumentiert, schrieb Reich, dass jeder Alarmismus Irving, dem Prozess und dem Urteil zu viel Ehre antäte. Vor Gericht als Strategie der Verteidigung könnten all die aufgeregten Warnungen vor David Irving wohl taugen, aber nicht in der US-Gesellschaft. Das mag so sein oder auch nicht. Märtyrerlicht ist für einen so schamlosen Selbstdarsteller wie Irving mehr als der halbe Reiz. Aber es gibt auch einen anderen, nobleren Weg, sich aus der Affäre Irving vs. Lipstadt zu ziehen. Diesen Weg wählte zur Ehrenrettung der Vereingten Staaten das angesehene Magazin "The Atlantic Monthly", gegründet 1857. Es gewährte dem in London lebenden US-Journalisten D. D. Guttenplan die Titelseite und 16 Netto-Seiten, um eine viele Monate währende Recherche "Holocaust on Trial" zu veröffentlichen. Zu lesen ist ein Stück glanzvollen Journalismus', wie man ihm nur alle paar Jahre begegnet. Es ist ein Jammer, dass man sich fragen muss: Wer liest schon "Atlantic Monthly"? D. D. Guttenplan ringt auf bewundernswerte Weise um Fairness, er rühmt Irving für Fleiß, freien Zugang zu seinen Papieren, eminente Kenntnis des NS-Staats. Um so schlimmer die Resultate, Scharlatanerie wider besseres Wissen. Doch nicht der Autor, sachkundige Zeugen verurteilen in dem Artikel den Kläger und am Ende überführt der sich selbst. An Stelle einer Konklusion schildert Guttenplan ein Kindheitserlebnis. Sechs Jahre war er alt, als eines Abends sein Vater einen Freund mitbrachte, der sich nach einem gemeinsamen Essen anschickte, den TV-Apparat zu reparieren. Als der Mann seine Hemdsärmel aufkrempelte, fiel dem Jungen eine Reihe tätowierter Ziffern auf. "Was hast Du da, Onkel Mike?", fragte er. Die hätten ihm die Deutschen hingemalt, antwortete der Mann, als er selber noch ein Junge gewesen war, "damit ich nicht verloren ging".
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Berlin, Donnerstag, February 16, 2000
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