Mr Winston Churchill
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Berlin, Germany, October 31, 2000
Wer sprach, wenn Churchill sprach Alle sind sich einig, dass das Echtheits-Prinzip im Zeitalter des Internets leidet. Was ist noch wirklich? Alles und nichts. Dabei war es um den Gedanken der Authentizität schon früher nicht gut bestellt. Nicht bloß japanische Fürsten hielten sich Doppelgänger, auch die österreichische Kaiserin Elisabeth ließ eine Hofdame als sie selbst umhergehen und repräsentieren. Doch schrieb kein Zeitgenosse und kein Historiker vom drohenden Verfall der Sitten. Das blieb den empfindsamen Beobachtern der Postmoderne vorbehalten. Sie erhalten jetzt neuen Stoff. Denn der britische Premierminister Winston Churchill (1874-1965) hat einige seiner berühmten Radio-Ansprachen während des Zweiten Weltkrieges nicht selbst gehalten. Er überließ den Vortrag in der BBC dem Schauspieler Norman Shelley. Dies erzählte Shelleys Sohn jetzt dem "Observer". Churchill ließ sich einfach ersetzen. Die Radios rauschten damals noch ordentlich, nur die Wochenschauen zeigten gelegentlich Churchill in Bild und Ton. Kurz, keiner hat etwas gemerkt und die Regierung nichts gesagt. Die Repräsentation des Staatsgedankens vereinigt sich im charismatischen Führer, der spricht. Hat Churchill die Reden denn selber geschrieben? Wir wissen es nicht, nicht wirklich. Im Zeitalter der Talkshows sind Staatsmänner und Abgeordnete immer für ihr rethorisches Geschick selbst verantwortlich. Ist das ein Fortschritt? Sicher wäre es schön, wenn etliche der heutigen Politiker ebenfalls Schauspieler engagieren würden, um Reden zu halten, die denen Churchill nahe kämen, mindestens in Wort und Tonlage.krei
Notice that Die Welt scrupulously avoids identifying the historian (named in The Observer article) who first revealed the fact that Churchill did not deliver his own famous radio broadcasts in 1940 - ar
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