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The Eichmann Papers

VISITING BUENOS AIRES ON OCTOBER 20, 1991, David Irving was handed two packets containing 426 pages of Adolf Eichmann typescripts. He plans at a later date to publish them in facsimile. This is his draft Introduction (composed in no doubt less than flawless German) to this work. Numbers in [ ] brackets refer to pagination of the original. See too the Eichmann memoirs as published by Die Welt Aug 1999 in full [in German]

This is a copyright work, © Focal Point, 1998. 


[The painting above was commissioned by Time Magazine for its weekly cover portrait, but was not used. © copyright 1958-1997 Estate of Bernard Safran. The estate has forbidden us to mirror the image]

AM 20. OKTOBER 1991 WURDEN dem englischen Historiker David Irving in Buenos Aires zwei Paketen unentgeltlich übergeben, die rund vierhundert nicht signierten maschinenschriftlichen Unterlagen aus dem Besitz des ehemaligen S.S. Obersturmbannführers Adolf Eichmann zum Inhalt hatten. Darin waren u.a. acht nicht paginierten Kapitel eines biographischen Werkes, numeriert von V bis XII, und verschiedene fragmentarischen Abschriften von auf Tonband aufge zeichneten Dialogen, die in den mittleren 50er Jahren zwischen Eichmann und einem anderen (dem Publizisten Willem (Wim) Sassen) geführt worden waren. Die Unterlagen seien angeblich in der Wohnung Eichmanns in Argentinien aufgefunden worden, nachdem dieser von einem israelischen Kommando unter Befehl des MossadAgenten Rafi Eitan im Jahre 1960 auf der Strasse überfallen und nach Israel verschleppt wurde; Eichmann wurde in Israel von einem Gericht zum Tode verurteilt und 1962 aufgehängt.

Bei dem nach dem Überfall entstandenen Chaos waren viele Papiere Eichmanns verloren gegangen, seine Frau rettete aber diese Unterlagen und gab sie einem ihr bekannten Industriellen zu treuen Händen; dieser, zunächst geneigt, die gefährlich erscheinenden Dokumente zu vernichten, gab sie "in einem schmutzigen Koffer" einem argentinischen Flugtechnikhistoriker Dr Hugo T Byttebier weiter.

Es vergingen beinahe drei Jahrzehnte. Byttebier, der wie Sassen flämischer Herkunft war, hatte u.a. Irvings Werk "Der Untergang Dresdens" und seine Churchill-Biographie gelesen sowie auch das Werk des Vater Irvings über die Skagerrak-Schlacht, und beeindruckt dadurch schrieb er ihm am 8. November 1989 und deutete an, man habe ihm ein Jahr zuvor zu Treuen Händen einen Satz Papiere "geliehen", die er an Irving heranbringen wolle: "Es handelt sich um eine unvollständige Sammlung von Erinnerungen, autobiographischen Notizen und Gesprächsprotokolle eines Mannes, der mit ziemlich bedeutsamen Vorgängen des Zweiten Weltkrieges in Zusammenhang stand." Den Namen wollte er verständlichen Gründen einem Brief nicht anvertrauen, bei einem persönlichen Besuch bei Mr Irving am 27. Mai 1990 in London identifizerte er die Person als Adolf Eichmann.[s.Anm.1]

Der ordnungshalber nahm Historiker Irving die Verbindung mit dem ihm bekannten Sohn Eichmanns Dieter in Konstanz. Das Ergebnis war eine Unerwartete: Dieter Eichmann begab sich nach Argentinien, wo er am 26. Dezember 1990 Hugo Byttebier aufsuchte und verlangte entweder die Übergabe oder die Vernichtung der ganzen Unterlagen diese seien am sichersten bei der Familie Eichmann selber aufbewahrt, auf keinem Fall dürften sie in die falschen Händen geraten; er habe sonst mühsam sämtliche Ausfertigungen der Papiere bis auf zwei schon sichergestellt, die ganze Wahrheit über diese Dinge sei kaum vor fünfzig oder hundert Jahren zu ermitteln, "alles" sei ja schon im Buch "Ich, Adolf Eichmann" erschienen (hierzu siehe unten).[s.Anm.2]

Inzwischen hatte Byttebier am 14. September des gleichen Jahres die Fotokopie eines Teils (und zwar die "Anlage zu IV", eine Gesprächsniederschrift) nach London geschickt. Nach anfänglicher Neigung, die Papiere der Familie Eichmann doch zukommen zu lassen, händigte Byttebier die ganze Sammlung im Original dem Herausgeber dieses Werks bei dessen Besuch in der argentinischen Hauptstadt am 20. Oktober 1991 aus, ermuntert durch die sonst unwillkommene Tatsache, daß die argentinische Presse soeben eine Bekanntmachung der jüdischen Dachgesellschaft "Daja" veröffentlicht hatte, wonach Irving wenig schmeichelhaft als einen "internationalen Agitator" verschmäht wurde, der gerade zu Besuch in Buenos Aires weile.[s.Anm.3]

Sofort nach seiner Rückkehr nach London nahm Irving mit den deutschen Behörden die Verbindung auf, denen er die Eichmann-Unterlagen als Geschenk offerierte. Die deutsche Botschaft verwies ihn mit Dank an das Politische Archiv des Auswärtigen Amtes.[s.Anm.4] Irving gab die Originalunterlagen aber, nachdem er diese bis Ende des Jahres fotokopiert und verzeichnet hatte, an das Bundesarchiv in Koblenz, mit dem eine über dreißig Jahre währende Freundschaft und Zusammenarbeit verbunden hatte. Beim Bundesarchiv hatte er schon mehr als eine halbe Tonne Forschungsunterlagen unentgeltlich deponiert, darunter Tagebücher von Rommel, Himmler, und Goebbels. Das Ergebnis seiner Geste mit den Eichmann-Papieren war allerdings ein unerwartetes. Herr Tilman Koops, ein Sprecher des Bundesarchivs, verkündete wenig schmeichelhaft, Irving habe Kontakte zur rechtsradikalen Szene und gelte als geschicktes "historisches Trüffelschwein."[s.Anm.5]

Als bekannt wurde, daß Irving in Besitz dieser Unterlagen war, entstand in der ganzen Weltpresse ein schier unverständliches Wirbel. Auch in der deutschen Presse, wo gerade berichtet worden war, daß Irving wegen seiner anderslautenden Ansichten zu einer sehr hohen Geldstrafe (von schließlich dreißigtausend Mark) verurteilt worden sei, wurden Stimmen laut, wonach er zugegeben habe, er müsse seine Ansichten zum "Holocaust" ändern, denn er habe in den Unterlagen Hinweise auf einen Befehl Hitlers zur Ermordung der Juden gefunden.[s.Anm.6]

 Photo: Himmler with Heydrich

EIN WEITERER Erfolg dieses Pressewirbels war, daß im März 1992 Herr Günter Pleyer von Hennef dem Herausgeber schrieb mit der Mitteilung, er habe in einem Buchantiquariat die vom Münchner Institut für Zeitgeschichte (IfZ) herausgegebenen autobiographischen Aufzeichnungen von Rudolf Höß gekauft, in dem sich die handschriftlichen Randbemerkungen Eichmanns zu erkennen waren -- es handelte sich nämlich um das persönliche Exemplar Eichmanns, das er während seines gezwungenen Aufenthaltes in Tel Aviv benutzt hatte. Die Echtheit dieses Dokuments ist ebenfalls vom Bundesarchiv bestätigt worden, und es wurde somit bei der Edition dieser Eichmann-Papieren mit herangezogen.

Als Sonderdienst für die Geschichtswissenschaft werden diese Eichmann-Aufzeichnungen nunmehr im Faksimile vorgelegt. Wir nennen sie am besten den "Sassen-Diktat." Eichmann diktierte diese Materialien nämlich dem belgischen Publizisten Willem Sassen von Elsloo, einem früheren Propaganda-Offizier und ehemaligen Freiwilligen der Waffen S.S.[s.Anm.7] (Sassen sollte später als Ghostwriter die Memoiren von Ulrich Rudel und andere Kriegshelden verfassen.) Die Absicht Sassens war ein Buch zu schreiben. Auf dem Tonband hört man einmal wie der Publizist sagt,

"Wenn wir jetzt ein Buch über Sie [Eichmann] schreiben, geht es uns sehr wohl an, ob Sie sich Gedanken gemacht haben. Es wäre sogar sehr interessant." [75]

Es entstanden neben schriftlichen Aufzeichnungen [vgl. SS. 114ff] insgesamt zweiundsechszig Tonbandaufnahmen. [124ff] Die Bände wurden abgeschrieben und teilweise danach leider gelöscht, um wieder verwendet zu werden; von den restlichen, noch erhalten gebliebenen verfügte der eine Sohn Eichmanns, Dieter, über eine Anzahl, die er im Jahre 1992 der schweizerischen Zeitschrift "Weltwoche" verkauft hat. Sassen hatte seinerzeit eine Urschrift und sieben Durchschläge angefertigt. Andere Teile dieser Unterlagen gelangten schon vor einigen Jahren auf Umwegen über Jerusalem und den Rechtsanwalt Eichmanns in Besitz des deutschen Bundesarchivs in Koblenz.

ZUM NUNMEHR über siebzigjährigen Journalisten Wim Sassen selbst ist folgendes zu sagen: diejenigen, die ihn kennen bezeichnen ihn als "un loco" -- ein Verrückter, großsprecherisch, labil.[s.Anm.8] Dieser zweimal verheiratete ehemaliger Pk-Berichter flämischer Herkunft, Verfasser des Buches "Die Jünger und die Dirnen", ist mit falschen Papieren auf einem Frachter, der von Irland nach Argentinien fuhr, aus Europa entkommen. Der Frachter gehörte einem in der Lüneberger Heide ansässigen Reeder namens Schneider. Dieser hatte seine beiden Zwillingstöchter an Bord. Die eine heiratete später den Kapitän Lehmann-Willenbrock ("Das Boot"), die andere den Südamerika-Vertreter von Bayer, einen Herrn Löns. Jene Frau Löns war mit Wim Sassen damals eng liiert.[s.Anm.9]

Die beiden Zwillingstöchter Schneider waren dabei, als Eichmann seinen Lebenslauf auf Tonband diktierte. "Oftmals," so zitiert Hans Werner Woltersdorf die Aussagen der beiden Töchter Schneider, "berief sich Eichmann auf Mitteilungen aus der Nachkriegspresse, deren Aussagen (über millionenfache Vergasungen) er nicht im geringsten bezweifelte, sie als historische Tatsachen akzeptierte und oftmals seine Erinnerungen nachträglich im Hinblick auf diese neuen Erkenntnisse korrigierte."[s.Anm.10]

Die Zwillingstöchter Schneider schilderten den ehemaligen S.S. Obersturmbannführer Eichmann als einen sehr höflichen, geradezu dienernden, subalternen Typ, der einen kolossalen Respekt vor allen Vorgesetzten hatte. Wenn man die Niederschriften der Vernehmungen Eichmanns in Jerusalem liest, so muß einem dessen Unterwürfigkeit auffallen. Wenn ihm irgendwelche noch so unsinnigen und offensichtlich gefälschten Briefe oder Befehle vorgehalten wurden, kam er gar nicht auf die Idee deren Echtheit anzuzweifeln, sondern wandte bestenfalls ein, daß sie ihm nicht bekannt oder wieder entfallen seien.[s.Anm.11]

Ohne Wissen und ohne Genehmigung Eichmanns bat Wim Sassen eine Story der New-Yorker Magazinkonzern Time/Life an. Dieser schien zunächst uninteressiert, Sassen erschien aber bald darauf er kam mit einem 80.000 Mark teueren MercedesWagen angefahren: Time/Life hatte doch gekauft. In mehreren Folgen ab 23. November 1960 als Eichmann in israelischer Haft auf seinen Prozeß wartete, erschienen in der U.S. Millionenzeitschrift "Life" Fragmente dieser Erzählungen Adolf Eichmanns.[s.Anm.12] Es liegt die Vermutung nahe, daß der Erwerb dieser Aufzeichnungen zum bald darauf erfolgten Verschleppung von Eichmann geführt haben mag.

Eichmanns Rechtsanwalt sagte der Weltpresse sofort: "Wenn das stimmt, verteidige ich ihn nicht!"[s.Anm.13]

Beim Durchlesen der Fortsetzungsfolgen wollen die beiden Töchter Schneider aber auf Passagen gestoßen sein, die Eichmann nie gesagt hatte. Sassen, danach verhört, erklärte, daß er ein Tonband verschwinden lassen und durch eine Abschrift ersetzen mußte, in die er diese Passagen eingebaut habe; nach fünfundzwanzig Jahren dürfe er das Tonband wieder ausgraben. Die beiden Töchter Schneider gaben diese Geschichte im Jahre 1978 wieder, im Gespräch mit dem deutschen Woltersdorf, der mit ihnen mehrfach auf seinen spanischen Urlaub in Playa de Aro, Costa Brava, zusammentraf, wo beide ein Appartement hatten. "Die beiden Damen konnten mir Inhalt und Wortlaut der Passagen nicht mehr sagen," erinnerte sich Woltersdorf, "Doch sollen diese beim Eichmann-Prozeß [in Jerusalem] eine so wichtige Rolle gespielt haben, daß sich Sassen als Zeuge dort gemeldet habe, aber nicht zugelassen wurde."[s.Anm.14] Während die eine Töchter, Frau Lehmann, Sassen als "Schwein" bezeichnete, war die andere, Frau Löns, anderer Meinung.

Ende der siebziger Jahren setzte sich der Sohn Eichmanns mit David Irving in London in Verbindung, mit der Bitte, er möchte einen Verlag suchen, der die gesamten in Deutschland befindlichen Aufzeichnungen veröffentlichen würde. Frau Eichmann hatte dem Rechtsanwalt Dr Rudolf Aschenauer, einem Verteidiger bei mehreren Nachkriegsprozessen, die Aufzeichnungen zur Verwertung übergeben. Mit dem Arbeitstitel "Ich, Adolf Eichmann" setzte sich Irving mit einer Anzahl ihm befreundete, namhaften Verlagen in Verbindung, keiner zeigte jedoch für das Vorhaben ein gebührendes Interesse. Mit Kommentar und Bemerkungen vom Rechtsanwalt Dr Aschenauer versehen erschien das Band "Ich, Adolf Eichmann" schließlich in Augsburg im Jahre 1980, und in der spanischen Sprache als "Yo, Adolfo Eichmann" ein Jahr (??) später. Aschenauer hatte eine Anzahl irrtümlicher Aussagen Eichmanns in den Aufzeichnungen nachgewiesen; vor allem hatte Eichmann seine eigene Bedeutung in der Geschichte der "Endlösung der Judenfrage" kolossal überbewertet.

Es mag erstaunen, daß ein trotzdem so aufschlußreiches und an manchen Stellen sensationelles Werk keinen Verleger von Weltrenommee fand. Das Buch stellt weder eine mea culpa Eichmanns da, noch ist es ein Versuch der Selbstrechtfertigung. Das mangelnde Interesse mag an der Unübersichtlichkeit des Materials gelegen haben.

AUF GRUND deutscher und jüdischer Unterlagen wurde versucht, das Gedächtnis Eichmanns aufzufrischen. [139] Aus einigen Eröffnungen Eichmanns und zwar aus der einleitenden Formulierung "Wenn mir jetzt gesagt wird..." [190], geht hervor, daß sie in der Form entstanden, daß der Publizist Sassen ihm Fragen stellte bzw. Behauptungen aus der Nachkriegsliteratur vorhielt, die Eichmann so oder so beantwortete, und daß diese Kapitelentwürfe anhand der Gesprächsniederschriften eher von Sassen als von Eichmann selber angefertigt wurden. Dieser Eindruck wird von den zahlreich vorhandenen orthographischen und grammatischen Schreibfehlern in der Vorlage bekräftigt (z.B. "Sippschaft" anstelle von "Sippenhaft" [194]).

Insofern dürfte der Quellenwert von einigen Stellen problematisch sein, denn sie unterscheiden sich nicht so sehr von den Aufzeichnungen und Geständnissen von Höß[s.Anm.15], Aumeier[s.Anm.16] und anderen, die ihr Segnum leisteten bzw. geleistet haben sollten für Äußerungen, die sich sicherlich nicht gemacht hätten, hätten sie nicht unter Druck gestanden. Der Druck, den Aussagebegehren der Siegermächte war oft eine sehr spürbare, wird aber kaum zugegeben werden von den Betroffenen. So schreibt Wilhelm Höttl, dem die Geschichtsschreibung die "Sechsmillionziffer" zu verdanken hat:

"Ich habe bisher nicht geschwiegen und werde auch weiterhin nicht schweigen, obwohl mir das schon viel so viel Ungemach bereitet hat. Selbst meine ursprüngliche Schule, die größte Privatschule Österreichs, habe ich verloren als ich ganz sinnlos als Eichmannmitarbeiter ins Gerede kam. (Damals lief in Jerusalem der Prozeß)."[s.Anm.17]

Daß die Aufzeichnungen von Höß, Wisliceny, Höttl, und anderen S.S. --Führern wenig historische Beweiskraft haben, wird von Eichmann bestätigt. Seine Leute besaßen alle sein Vertrauen und seine Vollmachten, sagte er an einer Stelle, und sie haben diese in all den Jahren nie mißbraucht. "Um so unglaubwürdiger ist mir alles, was ich nach 1945 über diese Leute erfahren mußte; in wiederholten Fällen konnte ich das Gegenteil ihrer durch Nötigung und Druck erpreßten Erklärungen feststellen." [193]

Die Niederschriften wurden von Sassen zum Teil sehr überheblich bearbeitet, mit dem Ergebnis, daß beim Studium der Aufzeichnungen man niemals sicher ist, was dem Gedächtnis Eichmanns entstammt, und was dem Feder des Publizisten. Eichmann hat die Entwürfe wohl gelesen, seine Kommentare sind zum Teil vernichtend: "Schreiber hat sich hier sehr verschrieben, so daß dieser Ganzer Absatz als Kohl zu bezeichnen wäre." "Alles Mist." "Blödsinn," notiert Eichmann. [109] "Sehr verworren wiedergegeben." [110]

Eichmann war bedacht, andere Leute nicht in Gefahr zu bringen. Manchmal hatte er bei den Tonbandgesprächen Namen genannt, wie den des späteren Hauptsturmführers der Waffen S.S. Dr Erich Rajakowitsch.[129] "Wenn es geht," vermerkt er an einer Stelle, "wollen wir den Dr Rajakowitsch nicht nennen, es konnte ihn schaden. Dazu grundsätzlich: Ich glaube, daß wir das auf alle Namensträger anwenden müßten, die in der einsichtl. Literatur nicht ohnedies genannt sind. Was meinen Sie dazu?" fragte er abschließend Sassen. [125]

AUS EINIGEN Formulierungen ist klar, daß diese Abschriften von handschriftlichen Aufzeichnungen bzw. Tonbandaufnahmen aus den späteren 50er Jahren stammen: hier erwähnt er die MauMau-Aufstände gegen die Engländer in Kenia; dort den soeben anlaufenden britisch -- französisch -- israelischen Überfall auf Ägypten vom Herbst 1956 [18] und auch den gleichzeitig damit ablaufenden Aufstand in Ungarn (Oktober --November 1956) [151] Auf Seite 163 eröffnet er, daß das Buch Joel Brands "vor wenigen Monaten" herauskam. An einer Stelle des Kapitel VI schreibt er "auch heute noch, zehn, zwölf Jahre nach dem Kriegsende" [167] und "auch heute, dreizehn oder vierzehn Jahre nach dem Geschehen" (vom Mai 1944) [179]; im Kapitel IX schreibt er sogar, "Heute, im Jahre 1957…" [370, 377] und, "Im Jahre 1957 ist es noch sehr schwer, personifizierte Entlastungszeugen zu finden." [376]

Photo: Eichmann 1940
[USHMM]

Eichmann hatte inzwischen weit gelesen. Er wußte, daß der ehemaliger US-Botschafter in London Joseph P Kennedy im Tagebuch vom September 1939 die Formulierung festgehalten haben soll: "Die Juden haben endlich ihren Krieg." [19] Er selber schrieb: "Die gegnerische Literatur hat mich mit einer Fülle von angeblichen Tatsachen bekannt gemacht, für die ich keine umfassende Erklärung finden kann."[22] Er hatte auch "eine Reihe von Besprechungen" über das von Joel Brand geschriebenes Buch gelesen (aber nicht das Buch selbst, das ihm nicht leicht zugänglich war). [116, 163] Brand behauptete, die ungarischen Juden hätten nur zu einem Viertel überlebt. Und warum nicht, so Eichmann, in eigener Sache lügen?

"Seit mehr aus zweitausend Jahren spielen die Juden die Ewigverfolgten. Ewig und immer ist der Jude unschuldig daran; er ist der Leidtragende und die Schuld hat immer nur der andere."

"Warum sollte Brand anders sein?" fragte Eichmann. "Er ist der Sohn eines Rabbiners und je mehr er persönlich auf das Mitleid anspielt, umsomehr schaltet er sich in das Konzert aller Juden ein, die von dem inzwischen wieder reichgewordenen Westdeutschland dreizehn oder achtzehn Milliarden Mark verlangen und auch zugesagt bekamen." [232, 233]

"Daher hat man zweifellos auch Brand beeinflußt, auf die Tränendrüse zu drücken … weil sie sonst das Ende ihrer Tage in Israel rein mathematisch errechnen können."

Auch 1957 noch ärgerte es Eichmann, wenn er diese "banalste aller Lügen" lesen mußte. "Aber ist gab und gibt ja immer genug Dumme, die solche Lügen obendrein noch glauben." [233]

Es ist auch klar, daß man (an erster Stelle der Publizist von Sassen) dem ehemaligen S.S. Obersturmbannführer Eichmann Lesematerialien mitbrachte, was wiederum bedeutet, daß manches nicht seinem puren Gedächtnis, sondern vielmehr dem inzwischen Gelesenen entstammt. "In den vielen Monaten, in denen versucht wurde, mein Gedächtnis aufzufrischen," schreibt er, "wurde tatsächlich vieles geklärt." [27] Und weiter stellt er fest: "Wären von den 10,3 Millionen Juden, die [Dr Richard] Korherr nachgewiesen hat, keiner mehr in Europa vorhanden, dann wäre ein Feind ausgeschaltet."[27] Die Statistik Richard Korherrs, des Inspekteurs für Statistik beim Reichsführer S.S., wurde zwar März 1943 in dessen Auftrag aufgestellt, gelangte jedoch erst mit dem Buch Gerald Reitlingers Die Endlösung (TITEL?) an die Öffentlichkeit.

Außerdem wurde ihm (Eichmann) zugespielt eine sehr ausführliche Besprechung aus einer deutschen Zeitung ("etwa im Format des Völkischen Beobachters") über das Buch, Die Geschichte von Joel Brand vom Schriftsteller Alex Weisfeld über das Tauschgeschäft "LKW gegen Juden" in die Feder diktierte. [139] Diese Bücher ärgerte den im argentinischen Untergrund lebenden Eichmann sehr. Im Brand-Buch stand die Behauptung, Eichmann haben dem Judenrat in Budapest gesagt, "[Staatssekretär Dr Laszló] Endre möchte am liebsten die Juden mit Paprika fressen."

"So muß ich ja ein ausgesprochener Tölpel gewesen sein," bemerkt Eichmann, "um eine derartige Äußerung zu tun, noch dazu über meinen Freund Endre! Es kann wohl diesen ganzen Kohl der Autoren Glauben geschenkt werden; sie lügen sich alle was zusammen, ob das [Léon] Poliakov ist oder [Gerald] Reitlinger, der sogar noch mehr lügt, als der erste, oder Kogan [Eugen Kogon] und wie sie alle heißen." [201]

Nachdem er eine Tonbandaufnahme gemacht hatte, von der Eichmann annahm, es wäre die letzte, bekam er ein Buch zu lesen, und zwar Léon Poliakov und Josef Wulf, Das Dritte Reich und die Juden (Berlin-Grunewald, 1955). Vorher hatte Sassen(??) ihm nur einzelne Stellen hiervon vorgelesen. Eichmann war wütend, und trug eine Erklärung vor, aus dem hervorgeht, daß das, wofür er freiwillig die Verantwortung auf sich genommen hatte, in Wirklichkeit viel weiter ging -- wenn man den beiden jüdischen Autoren Glauben schenken konnte. Er habe im Buch Vorkommnisse gefunden, die er nur mit "scheußlich" und mit "pfui Teufel!" bezeichnen könne, er ziehe seine vorherige Schlußerklärung also zurück. "Wir führten einen anständigen Kampf," erklärte er nunmehr, "und ich weiß nicht, wer diese Biesterie, diesen Sadismus und diese Gemeinheiten hineingebracht hat." [28] Vor allem wolle er Abstand nehmen von der Statistik bei Poliakov, sowie von den zitierten "unwahren Äußerungen" von Dieter Wisliceny, von Wilhelm Höttl, und von Rudolf Höß. [29]

"… Denn wenn Höß zuerst zu freizügig mit Millionen herumhaut, warum wird er plötzlich so kleinlich?"

Eine kryptische handschriftliche Bemerkung Eichmanns auf der Niederschrift der Tonbandübertragung Nr. 52. [132]

Die Untreue Wislicenys ist dem Eichmann besonders nahe gegangen.

"Hinhaltende Berichterstattung von Wisliceny -- Das konnte er sich erlauben, weil ich ihm blind vertraute. … Wir kennen uns seit 1934… Ich kam aus der Truppe, Wisliceny aus Danzig aus der allgemeinen S.S. … und wenn man dann immer zusammensteckt, wenn man einen gemeinsamen Meister hat, wie unseren Hochschulprofessor aus Kiew, dann mißtraut man sich nicht gegenseitig. Wenn mir Wisliceny etwas gemeldet hat, dann glaubte ich das, nahm es als bare Münze. … Alles das, was bezüglich Wisliceny und mir in dem Buch [von Joel Brand] steht, was gegen mich spricht, ist mir sauer aufgestossen; ich nehme es als Lüge auf, aber wenn sich die Fälle häufen, dann könnte es sein, daß da doch irgendwo ein Hund begraben liegt."

Trotzdem fiel es ihm schwer, ein negatives Urteil über den Dutzfreund Wisliceny zu fällen.[322, 323]

"Wo bleibt der Nutzen 1945," fragte Eichmann den Publizisten Sassen sarkastisch auf dem Tonband, "wenn ich sage: 'Ich springe freudig in die Grube'. Wo bleibt da der Nutzen?" [75]. Für die spitzen, amateurenhaften psychoanalytischen Bemerkungen Höttls über Lina Heydrich und einen "jüdischen Viehhändler Himmler in München" fand Eichmann wenig Verständnis.

"Ich verstehe überhaupt nicht," schrieb Eichmann, "was Höttl mit derartigen Behauptungen bezweckt und warum er seine ehemaligen Vorgesetzten so in den Dreck zieht. Er hat doch jahrelang mit ihnen gelebt, seinen Sold bezogen und hätte ja weggehen können, wenn er das gewollt hätte. Kein Mensch hat ihn gezwungen, dabei zu bleiben. Aber es ist einmal so. Er ist Ostmärker und versucht auf diese Art und Weise gegen die Norddeutschen zu hetzen. Ich kenne diese Leute zu gut." [291]

Photo: Lina Heydrich

"Im allgemeinen muß ich feststellen," sagte Eichmann, nachdem er Die Geschichte des Joel Brand das er als "Roman mit geschichtlichem Hintergrund" abwertete[146] gelesen hatte, "daß auch Brand zufolge ich angeblich die Sache mit den fünf Millionen Juden gesagt haben soll. Aus dem ehemaligen deutschen Reichsverband von siebzig oder achtzig Millionen Deutschen, hat man sonst keinen einzigen Zeugen für diese Fünfmillionengeschichte auftreiben können. Vielleicht wollte man niemanden sonst auftreiben. Ich bin also der einzige Deutsche, dem nun also diese Erklärung fälschlicherweise nachgesagt wurde. Infolgedessen muß mich das internationale Judentum jetzt so herausstellen, wie es nur gerade möglich ist, damit die Glaubhaftigkeit dieser These dem Publikum und der Geschichte gegenüber umso größer ist." [145] Und wiederum, klipp und klar: "Die fünf Millionen getöteter Juden ist eine Lüge." [146] "Aber nicht genug damit, andere Autoren erhöhten diese Zahl bis auf acht Millionen!" [147]

U.a. wurden ihm aus dem Poliakov Buch vorgelegt die Seiten 32 --34, Dokumente des Reichswirtschaftsministeriums (ND: NID --8928) über den Freikauf von holländischen Juden aus dem KZ Mauthausen, August 1941 [81] sowie ein Dokument des Dezernats Eichmanns (Amt IV --B --4a) die Auswanderung vermögender alter ungarischen und slowakischen Juden gegen entsprechender Bezahlung in Devisen im November 1942 (ND: NO --2408) [82]

"Ich sagte ja schon, daß alle mögliche Stellen versuchten, aus den verschiedensten Motiven heraus, um es kurz zu sagen: Waren gegen Blut und Blut gegen Ware zu praktizieren." [85]

Nicht alle Ausreiseanträge wurden genehmigt. "Wenn es sich z.B. um einen Gewerkschafts-funktionär handelte, der maßgeblich gegen den NS-Staat Stellung nahm, dann hätte man einem solchen Mann niemals eine Vergünstigung zubilligen können," erklärte Eichmann. [86] Wenn es sich aber um "den ungarischen Krupp" -- gemeint war die ausreisewillige Judenfamilie des Unternehmers Manfred Weiß -- "gar keine Bedenken."[86] ("Die Angelegenheit Weiß und Becher und das Flugzeug mit den Weiss-Angehörigen, Freunden und Bekannten nach Lissabon stimmt auch." [151; Brand S.89]) Nur Geld spielte eine Rolle "Und das alles trotz des ausdrücklichen Befehles Himmlers, der mit Kriegsausbruch herauskam: daß die Auswanderung nunmehr gestoppt ist, kein Jude darf mehr auswandern und eine Entlassung aus den KZ während der Kriegszeit ist verboten."[87].

Bevor ihm nähere Einzelheiten über Wisliceny und Krumey vorgelegt wurden, sagte Eichmann robust: "Ich bin heute noch froh und glücklich, daß ich von meinem Dezernat nur solche Leute ins Ausland schickte, für die ich auch heute noch meine Hand ins Feuer legen würde." [42]

Vor allem die Aussagen von Wisliceny störten ihn. Es handele sich um einen korpulenten, nicht verheirateten S.S.Hauptsturmführer (Hauptmann), der sich selbst eifrigst darum bemühte, in dieses Arbeitsgebiet hineinzukommen, sich zu Eichmann hereinzudrängeln, der früher einmal sein Untergebener gewesen war. "Vielleicht," argwöhnte Eichmann, "hoffte er, mich im Laufe der Zeit auszubooten und sich selbst an meine Stelle setzen zu können. Ich weiß das alles nicht." [39] Noch bevor er den vollen Wortlaut der Aussagen Wislicenys kannte, ärgerte er sich über die Auszüge, die bei Poliakov zitiert wurden, so die Behauptung, daß Wisliceny sich Ende 1942 £50,000 habe bezahlen lassen, um die Judendeportationen aus der Slowakei einzustellen. Was hätte Wisliceny mit einem solchen Betrag anfangen können? Auch als unverschämte Lüge bezeichnete er den Satz: "Wisliceny zeigte, daß er nicht mit sich spaßen ließ und schickte dreitausend Menschen in die Gaskammern".

Wenn schon Eichmann kein Recht, keine Befehlsbefügnis hatte, auch nur einen einzigen Juden in eine Gaskammer zu schicken, auch nur einen mit der Pistole niederzuschießen, aufzuhängen oder ähnliches, wieviel weniger hätte ein ihm nachgestellter Hauptmann Wisliceny dieses Recht besessen! [35] Eichmann wolle diesen und ähnlichen Quatsch überhaupt nicht weiter anhören, denn es sei eine schamlose Lügerei.[35] Er ärgerte sich über derartig primitives Lügensammelsurium und wunderte sich nur, wie soetwas der Öffentlichkeit vorgesetzt werden könne [36]

Man zeigte ihn die von Reitlinger und Poliakov zitierte Behauptung Wislicenys, wonach Eichmann ihm im Jahre 1942 einen Geheimbefehl gezeigt hätte, demzufolge die gesamte jüdische Rasse auszurotten wäre. Eichmann erklärte:

"... dann ist das ein an den Haaren herbeigezogener Blödsinn von Wisliceny und ein plumper Versuch, sich von dieser Sache abzusetzen." [39]

EICHMANN BETONTE, er habe in diesen Aufzeichnungen nichts verschönert, nichts vermindert, er habe die ihm zukommende Verantwortlichkeit zur Gänze bejaht. Er habe auch die volle Wahrheit gesagt, auch dann, wenn sie ihn selber belastet.

"Wäre ich wirklich zum Beauftragten für die Endlösung der Judenfrage, … bestallt worden," schrieb er (Sperrung im Original), "dann wäre sicher kaum ein einziger Tropfen jüdischen Blutes geflossen, dann hätte kaum ein Jude ein gewaltsames Ende gefunden, dann wäre es zu einer jener umfassenden 'politischen' Lösungen gekommen, in die ich mich zu jener Zeit mit wahrem Feuereifer hineinstürzte und die ich zur Verwirklichung zu bringen suchte…" [21, 22].

Am Schluß eines "Kapitel XII" diktierte Eichmann diese Formulierung: "Diese meine Erklärungen sollen nach meinem Tode veröffentlicht werden und der Forschung als Grundlage dienen. So lange ich lebe, interessiert mich die Veröffentlichung nicht, denn ich wünsche in keiner Weise aus der Verborgenheit ins Rampenlicht zu treten." [3, 26, 350] Wenn auch eine selbstverständliche Haltung, entsprach das aber auch weitgehend seinem zurückhaltenden, biederen Charakter.

Die chaotisch zusammengewürfelten, memoirenähnlichen, einer Selbstrechtfertigung nahekommenden Aufzeichnungen stimmen manchmal einen nichtcharakterisch mannhaften und sogar trotzigen Ton an. "Ich bekenne mich zu jeder Sache, die ich auf Grund empfangener Befehle durchgeführt habe, aber ich bin nicht bereit, aus Bequemlichkeitsgründen nun alles einfach auf das Dezernat [Amt IV --B4] kommen zu lassen…" [6] "Mich reut gar nichts, ich krieche nicht zu Kreuze." [27] "Andererseits ziehe ich es vor, daß meine unbedeutende Person in einer Affäre steckenbleibt, ehe der Eindruck erweckt wird, daß ich mich wie eine Ratte zu retten versuche." [43]

Eingehender behandelt er die Frage seiner Zuständigkeiten am Anfang des Kapitels seiner schriftlichen Aufzeichnungen (wovon allerdings nur Abschriften hier vorliegen).

"Ich bin es langsam müde," schrieb er, "wie ein anonymer Wanderer zwischen den Welten zu leben. Kein Mensch vermag der Stimme seines Herzens zu entfliehen mir raunte sie stets zu, den Frieden zu suchen. Auch den Frieden mit meinen ehemaligen Gegner möchte ich suchen; vielleicht gehört dies zum deutschen Charakter."

Er wäre der letzte, fährt er fort, der nicht bereit wäre, sich den deutschen Gerichten zu stellen, hätte er nicht zu bedenken, daß das politische Interesse an der Judenfrage doch noch allzu groß sei, um die Materie zu einem klaren, sachlichen Ausgang zuzuführen. Was z.B. sei der rechtliche Status, den ein einstiger Befehlsempfänger, der auf Grund seines Diensteides erhaltene Befehle und Weisungen durchzuführen hatte? "Nach ernsthafter Prüfung muß ich mich selber für nicht schuldig erklären und unter Umständen kann ich mit einem ordentlichen und reinen Gewissen vor mir selbst vor gerichtlichen Betrachtungen bestehen. Ich bin mir vor meinem Gewissen nichts anderes als ein getreuer, korrekter, fleißiger, besoldeter Angehörige der S.S. und des Reichssicherheitshauptsamtes [RSHA] gewesen und nur von idealen Regungen für mein Vaterland beseelt. Ein 'innerer Schweinehund' war ich nie." [7, 114]

Trotz gewissenhafter Selbstprüfung, schrieb er weiter, müsse er für sich feststellen, daß weder er noch ebensowenig die ihm direkt unterstellten Angehörigen des Dezernates IB --B --4 "Mörder" gewesen seien. [7, 114

Bei einem auf Tonband aufgenommenen Gespräch mit Sassen stellte SS-Obersturmbannführer Eichmann zornig am Ende fest:

Photo: Reinhard Heydrich

Heydrich photoEICHMANN: Also ich sage zu dieser Kontroverse abschließend: ich bleibe dabei

  1. Der Reichsführer ist nicht der Initiator und selbstverständlich auch nicht sein Hauptamtschef Heydrich, wie überhaupt keiner seiner Hauptamtschefs. Die Initiative muß von einer dritten Seite gekommen sein.

  2. Ich habe mich in keinster Weise zu rechtfertigen, in keiner Weise mein gewissen zu entlasten, das habe ich nicht notwendig ich spüre keine Bedrückung und kein Schuldbewußtsein, denn für mich als einen Deutschen, der seinen Fahneneid geleistet hat, galt es als selbstverständlich, dem Volk und Vaterland gegenüber seine Pflicht zu tun, indem ich die Befehle, die ich bekam, ausführte und den Befehl, soweit ich sie detaillieren mußte, Nachdruck zu verleihen hatte.

Wo ich mit dem Geschehen der physischen Vernichtung der Juden in Zusammenhang zu bringen bin, habe ich das frei und unumwunden zugestanden Was heiß hier zugestanden Ich habe nichts zu gestehen. Dinge, die mich nicht angehen, nehme ich nicht auf mich, schon deswegen nicht, weil ich das meinen ehemaligen Nachgeordneten nicht zumuten kann wenngleich ich als eine Art Amokläufer sagen könnte: nimm den ganzen Scheißdreck auf Dich und alles hat seine Ruh'. Ich tue es nicht und damit habe ich gesprochen.

SASSEN: Haben Sie beim Erhalten der Befehle sich Gedanken gemacht, über den Sinn und über die Durchführung?

EICHMANN: Nein. Nein. Ich habe sie durchgeführt, das ging mich ja garnicht an. Wo kämen wir hin, wenn sich jeder damals Gedanken gemacht hätte wenn meine Untergebenen sich Gedanken gemacht hätten.[70]

Und weiterhin:

SASSEN: Glauben Sie, der Vernichtungsbefehl hat damals dem deutschen Volk genützt? … Was hat es ihm genützt?

EICHMANN: Feinde umbringen. Feinde gehören getötet. Was hat der Chef der 6. Armee in Korea gesagt zu den Journalisten: "Meine Herren, … meine Aufgabe ist es, Feinde zu töten… Nie habe ich gehört, daß dieser ordentliche Generalleutnant vor ein Kriegstribunal kam.

SASSEN: … Das ist eine ganz andere Angelegenheit, die von Ihnen fälschlicherweise verglichen wird mit unseren Judenmaßnahmen.

EICHMANN: In einem Krieg gibt es weder Front noch Hinterland; im totalen Krieg ist alles Front.[73]

Es ärgerte ihn, daß seine ausländischen "Deportationskollegen" hierbei wurde an erster Stelle die Vertreibung der Deutschen von den Polen, Tschechen, Ungarn, Jugoslawen, und Rumänen in der Nachkriegszeit gemeint [17] bislang nicht ebenfalls der Beihilfe zur Tötung an Millionen von Menschen belangt wurden, weder unter dem Titel "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" noch "Beihilfe zur Tötung". "Die Verbrechen meiner Kollegen," betonte er, "fanden meistens nach dem, Kriege statt und können nicht mit den harten Gesetzen des Krieges 'erklärt' werden."[21] "Dabei deportierte sie nicht nur Deutsche, sondern auch zahllose Angehörige anderer Völker, zu einem sehr hohen Prozentsatz mit Todesfolgen."[7, 8, 17]

An anderer Stelle wiederholte Eichmann, "Nach dem Krieg wurden Millionen von deutschen Zivilisten im Osten vernichtet und Hunderttausende in den Sudetenländer[n] gewaltsam beseitigt", und er erwähnte außerdem die britischen und amerikanischen Bombenflieger, die, weil sie genauso wie er "unter Fahneneid standen," Frauen, Kinder und Greise getötet und ihre Heimstätten in Schutt und Asche gelegt, und ohne vorherige Warnung die Atombomben geworfen hatten. Die unvermeidbaren Todesfälle an Erfrierung in den Transportzügen haben ihn nicht aufgeregt, schrieb Eichmann, "weil ich mich ja schließlich auch nicht [darüber] aufregen durfte, daß die Bombenabwürfe auf deutsche Städte Todesopfer unter Kindern und Frauen forderten." "Darin," fuhr er fort, "lag vielleicht meine ganze Einstellung den zu erhaltenen Befehlen."[51]

"Warum also soll Galgenholz oder Zuchthaus nur für Deutsche gelten?"[10] Und: "Welche Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Massenmorde wurden durchgeführt in Nordkorea und in Südkorea, in Indochina, in Marokko, in Algerien, im Roten und Nationalen China, auf Zypern, im Rahmen der MauMau-Bekämpfung in Afrika? Warum eigentlich mußten nur deutsche Generalfeldmarschälle und deutsche Minister am Galgen zu Nürnberg baumeln?"

Immer wieder kam Eichmann auf den Bombenterror zurück. "Wer tötete während des Krieges Millionen deutscher Frauen, Greise und Kinder in Hamburg, in Berlin, in Dresden … Wer jagte mit Flugzeugen Menschen, die auf dem Felde arbeiteten, auf der Straße mit ihrem Rad fuhren? Wer zerschmetterte sie mit Sprengbomben, wer verbrannte sie mit Schwefel und wer dörrte sie mumiengleich zur Schrumpfmenschen? Wer hat dies angeordnet, wer ausgeführt, zweifellos gemäß Befehl? Wer hat Beihilfe dazu geleistet?"[16]

Nachdem er sich diesen keineswegs ironisch gemeinten Vergleich erlaubt hatte, stellte Eichmann nüchtern fest: "Um haargenau bei der Wahrheit zu bleiben könnte ich der Beihilfe zur Tötung während des Krieges bezichtigt werden, weil ich die erhaltenen Evakuierungs und Deportationsbefehle weitergab und deren Einhaltung und Befolgung überwachte und ein Teil der Deportierten getötet wurde, wenn auch von einer ganz anderen Einheit und von einem ganz anderen Hauptamt" gemeint ist das für die Konzentrationslager zuständige Wirtschafts und Verwaltungshauptamt der SS (WVHA).[8]

Dann folgte die Rechtfertigung Eichmanns -- "mein Glaube an den von der Führung des Großdeutschen Reiches verkündeten 'Volksnotstand'. Dazu gehört mein zunehmender Glaube an die Notwendigkeit eines totalen Krieges vor dem Dilemma 'Sieg in diesem totalen Krieg oder Untergang des deutschen Volkes'. Dieser Glaube wurde durch [Theodor N] Kaufmans und [Henry R] Morgenthaus Erklärungen noch stärker begründet und bestätigt."[8, 20, 115]


Am 20. Oktober 1991 besuchte mich Hugo Byttebier im Garten eines Hauses in einem nördlichen Stadtteil Buenos-Aires und händigte mir zwei braune Couverts aus. Auf beiden Umschläge, nachdem ich deren Inhalt geprüft hatte, unterschrieb Byttebier folgende in englischer Sprache abgefaßte Erklärung: "Ich bestätige hiermit, daß es sich bei diesen Unterlagen um die Eichmann-Papiere handelt, worauf ich in meinem Schreiben vom 2. Januar 1991 bezug nahm." Es handelte sich um insgesamt 426 Blatt Schreibmaschinenseiten, durchgehend Durchschläge auf hauchdünnem Papier eines amerikanischen Formats (etwa "Legal"-Größe entsprechend.)

David Irving

Notes by David Irving:
  1. Gespräch des Herausgebers mit Hugo Byttebier, London, 27. Mai 1990.
  2. Schreiben Hugo Byttebier an den Herausgeber, 2. Januar 1991. -- Das Buch erschien im Druffel Verlag, Leoni, 1980.
  3. La Nación, Buenos Aires, ... Oktober 1991.
  4. Schreiben Botschaftsrat Dr Reinhard W Ehni, deutsche Botschaft London, an den Herausgeber, 12. Dezember 1991.
  5. Weserzeitung, Tageszeitung für Bremen 1992.
  6. Die Welt, Bonn, 13. und 15. Januar 1992.
  7. Wie die Nachrichtenagentur Reuter am 27. Mai 1994 meldete, wurde Willem Sassen zusammen mit einem früheren Gestapooffizier Abraham Kipp, der ebenfalls nach dem Kriege in Holland zu Tode verurteilt worden war, soeben vom argentinischen Fernsehen entlarvt. The Times, 28. Mai 1994.
  8. Gespräch des Herausgebers mit Hugo Byttebier, Buenos Aires, 20. Oktober 1991.
  9. Sassen soll mehrmals seinen Namen gewechselt haben; Ende 1994 sollte er jedoch aus Argentinien ausgewiesen werden. Frau Löns starb 1990 an Krebs. Nachdem Lehmann-Willenbrock 1988 starb, lebt seine Witwe noch in Bremen.
  10. Schreiben Woltersdorf an Irving, 14. Januar 1992.
  11. Ebda.
  12. Siehe hierzu u.a. „Eichmann Writes: ‚I Regret Nothing, I will not Repent,' in Herald Tribune, 30. November 1960.
  13. U.a. Bild-Zeitung, Abendpost, Berlin 1. Dezember 1960.
  14. Schreiben Woltersdorf an Irving, 14. Januar 1992..
  15. Siehe vor allem die Vernehmungen von Rudolf Franz Ferdinand Höß, Wortlautprotokolle im Nationalarchiv Washington (Mikrokopie M.1270, Rolle 7.) Am 20. März 1946 wurde Höß im englischen Lager Minden vernommen, danach sehr oft im April 1946 im Militärgefängnis Nürnberg, wobei man den Eindruck nicht erwehren kann, daß das Gedächtnis Höß durch die verschiedensten Mitteln laufend „aufgefrischt" wurde.

    Die Protokolle sind somit vom problematischen Wert. So sagte Höß am 1.April, er erinnere sich am sumpfigen Gelände um Auschwitz, er könne sich aber nicht an den genauen Ablauf der Judentransporte erinnern. Im Juli 1941 (aber auch: „noch vor dem Rußlandfeldzug") habe ihm Himmler den Befehl zur Judenvernichtung in Auschwitz erteilt, nachdem die Kapazitäten der drei im Generalgouvernement befindlichen Lager sich als nicht ausreichend erwiesen. Hierbei erwähnte Höß verfblüffenderweise die Lager „Belzek, Treblinka, und Walzek": letzteres wurde von der Forschung bislang nicht ermittelt. In Auschwitz habe er manchmal zwei Züge täglich bearbeitet. Ein Transportzug habe zweitausend Menschen erfaßt (auch eine Lüge, die Evakuierungszüge erfaßten höchstens 1100 Menschen); in Auschwitz habe er die Vergasungen in zwei alten Bauernhöfen durchgeführt, Höß sprach dabei von „einem kleinen Loch [durch den] der Gas wurde hineingeblasen", um sofort ergänzend hinzuzufügen, es handele sich um Zyklon-B, „eine krystallähnliche Substanz." Nach drei bis fünfzehn Minuten wären alles tot, Höß könne draußen die Todesschreien hören (die ebenfalls draußen ihrem Schicksal harrenden dagegen, wie er behauptete, nicht). Nach einer halben Stunden wurden die Leichen der Vergasten entfernt und in offenen Gruben hinten verbrannt (trotz der sumpfigen, unter Wasser liegenden Gelände).

    Bei einer weiteren Vernehmung am 2.April 1946 weiß Höß allerdings zu berichten, zwei Züge umfaßten insgesamt 1.600 bis 1.700 Menschen. Über Gesamtziffer könne er keine Angaben machen: in Minden habe ihm gegenüber ein Engländer von 100.000 (getöteten) Russen gesprochen, er halte das für unmöglich „vielleicht 10.000". Himmler habe ihm Befehl erteilt, alle statistischen Unterlagen laufend zu vernichten (wohl auch ein Märchen: denn woher sonst stammten die statistischen Tätigkeitsberichte, die 1942/3 von den Engländern entziffert wurden?) und keine Vernichtungsunterlagen zu führen. Weiter erzählte Höß angeblich bei dieser Vernehmung, in den Decken der Gaskammern seien drei bis vier Öffnungen, die mit einem Draht umzäunt wurden, der Draht habe bis zum Boden der Gaskammern heruntergereicht und durch diese Öffnungen sei der Gas hineingegossen worden; mittels elektrischer Ventilatoren seien die giftigen Gase innerhalb einer halben Stunde nachher entfernt. (Weder in den vorhandenen Gebäuderesten noch auf den Blaupausen sind Löcher, Drahtsäule, oder Ventilatoren zu erkennen -- lediglich in der heute den Touristen gezeigten, zugestandenermassen von den polnischen Kommunisten im Jahre 1948 zur „Gaskammer" umgebauten Gebäude.) Die zwei großen Kremas mit je fünf Doppelmüffel hätten, so Höß, zweitausend Leichen in zwölf Stunden verbrennen können; gefragt nach dem Zeitbedarf für eine Einäscherung, blieb Höß bei dieser Vernehmung einer Antwort schuldig. (An anderer Stelle jedoch gibt er wahrheitsgetreuer an, in einem Muffel könnten höchstens gleichzeitig drei Leichen eingeäschert werden, der Vorgang dauere bis zu sechs Stunden: insgesamt also 120 in zwölf Stunden).

    Am 3. und 4. April wurde Höß u.a. über seine frühere Laufbahn, das KZ Dachau, sein Verhältnis zu Eichmann, sowie über Erschießungen in Riga verhört. Am 4. sprach er nochmals von den Vernichtungslagern „Treblinka, Wolzek und Belzek" und schätzt die in Auschwitz ermordeten mit 2,5 Millionen plus 0,5 Millionen an Krankheiten gestorbenen. (Am 2. April hatte er behauptet, Eichmann habe ihm gesagt, er melde dem Reichsführer SS er habe 2,5 Millionen nach Auschwitz geschickt: einer behauptet heute aber, daß alle, die nach Auschwitz kamen, liquidiert wurden. Die Zahl 2,5 Millionen scheint also, aus der Luft gegriffen zu sein.)

    Dann war es für Höß soweit. Am 5. April 1946 wurde ihm ein für ihn von den alliierten Vernehmungsoffizieren in Nürnberg angefertigtes Affidavit (eidesstattliche Erklärung) zur Unterschrift vorgelegt (aber nicht unterschrieben!): „We have prepared an affidavit written in English…" (Darauf, so heißt es im Protokoll, hat der Zeuge [Höß] die Erklärung wie folgt „gelesen", und geantwortet, er habe alles gelesen und verstanden: „Yes, I understand everything that I read." Höß könnte in Wirklichkeit kein Wort englisch lesen bzw. verstehen.) Es fällt auf, daß die 1. Ausfertigung (in englischer Sprache, im Nationalarchiv Washington aufbewahrt) der angebl. Eideserklärung von Höß vom 5. April (mit der Schätzung, er habe 2,5 Mio Menschen in Auschwitz „vergast", zuzüglich 0,5 Mio, die dort an Krankheiten gestorben seien) von ihm nicht unterschrieben wurde, obgleich sowohl die Nürnberger Vernehmungsoffiziere und Dolmetscher das Dokument unterfertigten. Hat er die Unterschrift verweigert? Erst am 8. April wurde ihm eine deutsche Übersetzung der Erklärung („which you signed") vorgelegt; das erneute Vernehmungsprotokoll hält fest, daß er jedoch auf Änderungen besteht.

    Bei der Vernehmung am 16. April kommt es zu eine Gegenüberstellung mit Otto Moll, Gärtner, Genickschußspezialist und Verwalter eines der angeblich zu Gaskammern umgebauten Bauernhöfe in Auschwitz (von Höß am 30.April festgelegt als „hinter [den Kremas] 3 und 4, etwas entfernt von 3 und 4.") Moll meinte, er habe 30-40,000 Leichen in den Massengräbern beerdigt, er wisse nicht um wen es sich gehandelt habe; Höß dagegen bei diesem Verhör korrigiert die Zahl auf 106-107.000 die „dort in den Massengräbern der sog. Bunker" verbrannt worden seien (das Volumen von hunderttausend Leichen läßt sich auf etwa 10.000cbm zu bemessen, der Massengrab mithin also eine Fläche von etwa 50.000m2; keine derartige Verbrennungsvorgänge oder Massengräber sind auf den Luftbildern zu erkennen.) Bei einem Verhör am 30. April 1946 ändert Höß seine Erzählung wiederum: die „105-106.000" Leichen seien dort vergraben, er habe Moll den Befehl erteilt, auf Anordnung von Himmler oder Eichmann, im Winter 1941/42 wieder ausgraben müssen und verbrennen; der Verbrennungsvorgang wurde einmal vom SS Reichsarztes Dr Grawitz persönlich kontrolliert -- denn es bestand Seuchengefahr.

  16. Für die Geständnisse Aumeiers, der mehrere Wochen lang Höß im KZ Auschwitz vertreten hatte und schließlich von den Engländern an die Polen ausgeliefert wurde und ebenfalls von ihnen aufgehängt, siehe die Akten des wegen seiner Brutalität notorischen britischen Vernehmungsoffiziers Oberstleutnant Scotland; bei seinen von den Engländern in Norwegen durchgeführten Befragungen war Aumeier genauso konfüs und unsicher wie Höß; die in Bleistift geschriebenen Niederschriften in England (Akte PRO file WO.208/4661) weisen eine zunehmende Sicherheit und Genaugkeit auf. Die letzte Niederschrift bzw. Abschrift Aumeiers ist in typischer British Army Form niedergeschrieben (alle Orts- usw Angaben in großen Buchstaben).
  17. Schreiben Wilhelm Höttl an dem Verf., 21. Februar 1977.

See also Associated Press release, Thursday, August 5, 1999, Eichmann's sons demand that Israel return his prison memoirs
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