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Posted Saturday, April 24, 2010

Keitel Documents, Volume Nürnberg II, Item 16:

Keitel (far left) looks on as Hitler addresses his chief army engineer on fortifications; an adjutant takes notes. Photo by Walteer Frentz,from David Irving: Hitler's War (London, 2002).


Generaloberst Jodl:

Dezember 1945

Betr: Streiflichter aus dem Führerhauptquartier.

1. Das Führerhauptquartier war kein militärisches H.Q., im Gegenteil, die Soldaten waren Gäste des Führers. Er allein war der Vorgesetzte der verschiedenen voneinander unabhängigen Dienststellen, die im H.Q. zusammen waren.

  1. der Führer mit a) der persönlichen, b ) der militärischen Adjudantur.
  2. die Parteikanzlei, Reichsleiter Bormann mit 1-2 Hilfsarbeitern und zahlreichem Unterpersonal und eigenen Nachrichtenmitteln.
  3. der Reichspressechef mit seinem Gehilfen und zahlreichem Unterpersonal und eigenen Nachrichtenmitteln.
  4. die Ärzte, Prof. Morell und Prof. v. Hasselbach, der Chirurg.
  5. der Verbindungsstab zum Reichsführer SS, SS-Obergruppenführer Wolff, später Fegelein mit Adjutant und Personal.
  6. das Führerbegleitkommando unter SS-Brigadeführer Rattenhuber.
  7. ein SD-Kommando.
  8. die Fotografen.
  9. die Führer-Begleitbrigade unter dem militärischen Kommando des Führerhauptquartiers, dem aber nur der militärische Schutz nach außen hin oblag und zu dem auch der Flakschutz gehörte

.

2. Ebenso vervielfältigt waren die Wege, auf denen militärische Nachrichten insbesondere über das Verhalten des Heeres in den besetzten Gebieten zum Führer gelangten.

a) der normale Lagevortrag durch mich, bzw. durch den Generalstabschef des Heeres für die Ostfront.
b) durch die SS-Truppen durch den Reichsführer SS.
c) von den höheren Polizei- und SS-Führern über den Reichsführer SS.
d) durch den Verbindungsoffizier des Reichsführers SS im H.Q aufgrund unmittelbarer Meldungen, die Kommandostellen der SS an ihn gaben.
e) durch Parteidienststellen, die sich in den besetzten Gebieten befanden, Reichskommissare, Propagandaleiter, Arbeitsdienst O.T., ja sogar Fotografen, die vom Führer oft unmittelbaren Auftrag zu Aufnahmen an den Fronten bekamen.

Eine Anzahl dieser Dienststellen hat in loyalster Weise mit dem Heer zusammengearbeitet. Ein Teil aber sah seine Aufgabe darin, auf ihren Dienstwegen beim Führer gegen die „Schlappheit" der Generale zu hetzen. Diese Zustände waren oft unerträglich und ich habe deswegen viele Zusammenstöße mit dem Führer gehabt ohne Erfolg, denn er erklärte, woher er die Wahrheit erfahre, sei ihm gleichgültig, die Hauptsache sei, daß er sie erfahre.

Und was diese Stellen meldeten, war eben die Wahrheit. Was von den Befehlshabern über die Generalstabschefs des Heeres oder über mich gemeldet wurde, war gelogen.

 

3. Dienstlich zu arbeiten hatte ich im Führer H.Q. nur mit der Presse, die von mir täglich die notwendigen Informationen bekam. Das Zusammenarbeiten war ausgezeichnet, zumal Reichsleiter Dietrich im scharfen Gegensatz zu Dr. Goebbels stehend die Wehrmacht auf das beste unterstützte. Der viele Kummer, den er uns bereitete, war unvermeidlich. Er mußte dem Führer alle wichtigen Auslandsmeldungen vorlegen. Sie enthielten naturgemäß auch viele tendenziöse Propagandameldungen. Ihnen glaubte der Führer mehr, als unseren dienstlichen Meldungen und oft hatte ich das Gefühl, als ob das Ausland sich dieser zersetzenden Wirkung seiner Meldungen vollauf bewußt sei.

Mit Reichsleiter Bormann hatte ich dienstlich keinerlei Berührungspunkte, soweit er - als der Krieg im eigenen Lande tobte - militärische Meldungen von den Gauleitern bekam, gab er sie an mich ab. Sie waren je nach der Einstellung der Gaudieiter zur Wehrmacht ganz verschieden und enthielten im letzten Jahr viele Angriffe gegen die Luftwaffe.

 

4. Arbeitsweise.

Der Führer erhielt um 10 Uhr eine kurze, schriftl. Morgenmeldung durch einen Generalstabsoffizier. Um 12 Uhr begann meist die große Mittagslage. Um 17 Uhr trug mein Generalstabsoffizier dem Führer die Zwischenmeldungen vor. Um 22 Uhr oder 23 Uhr war Abendlage-Vortrag. Der Teilnehmerkreis war ganz verschieden und stieg gegen Ende des Krieges oft auf über 30 Personen. Die Zeitverschwendung war ungeheuer. Besonders wenn es Ärger gab, und der Führer lange Ausführungen machte. Es gab Tage, an denen ich selbst 7 Stunden im Lagezimmer des Führers zubringen mußte. Die Folge davon war, daß ich fast nie vor 3 Uhr früh zur Ruhe kam und ich mich mehr und mehr mit Feldmarschall Keitel die Arbeit teilte, sodaß ich mich nur mehr mit den operativen Führungsaufgaben befaßte während er unter Benutzung der Organisation und der Quartiermeisterabteilung meines Stabes alle übrigen Dinge bearbeitete. Vielfach habe ich diese Befehle garnicht gelesen, da ich einfach nicht die Zeit dazu hatte.

Außer den operativen und taktischen Problemen bearbeitete ich den Wehrmachtsbericht, die Informationen an die Presse, die Unterrichtungen und Anweisungen an meine Propagandaabteilung, die Erkundungsaufträge an die Abwehr, Abteilung I/(Geheimer Meldedienst), und mit den Neuaufstellungen von Heerestruppen und Divisionen zusammen mit General Buhle. Von allen übrigen Dingen hörte ich nur gelegentlich beim Lagevortrag, Bis Sept. 42 wurde bei den Führervorträgen nur bei Bedarf von Adjutanten und jungen Generalstabsoffizieren Aufzeichnungen gemacht. Stenographen gab es bis dahin nicht. Die Reden und Ansprachen, die der Führer hielt, machte er vom 1. bis zum letzten Wort selbst. Man bekam sie vorher nicht zu sehen. Gelegentlich mußte ich [ihm] militärische und Zahlenangaben dazu liefern.

Mittags und abends aß der Führer mit den Herren des Führer H.Q. zusammen. Keitel saß ihm gegenüber. Rechts von ihm der älteste Reichsleiter, ich immer links vom Führer, sofern nicht Gäste anwesend waren. Der Führer war in diesen ersten Jahren meist heiter und erzählte viel aus seiner Jugend, aus dem Kriege 1914-1918, von seinem Kampf um die Macht und von der Zukunft, oft auch von geschichtlichen, religiösen und philosophischen Problemen, sehr viel von Kunst und seinen zukünftigen Bauplänen. Sein Wissen und seine Sprache waren imponierend. Sein Zahlengedächtnis einzigartig. Er kannte alle Rüstungszahlen aus dem letzten Krieg auswendig. Seine Waffen- und Schiffskenntnisse übertrafen die aller Fachleute. Sein Einfluß auf die Waffenkonstruktion und Produktion war so groß, daß wir ihm allein die großen Erfolge und das lange Durchhalten verdanken. Jede neue Waffe hat er vorher betrachtet, begutachtet, abgelehnt oder genehmigt. Oft sprach er davon, daß er noch zu Lebzeiten sein Amt seinem Nachfolger übergeben werde, um auch noch einmal etwas vom Leben zu haben, das bisher nur Arbeit war.

Niemals traten in seinen Äußerungen in den ersten Kampfjahren [gemeint: seit September 1939] grausame oder sadistische Neigungen oder unmoralische Auffassungen zu Tage.

5. Diese Verhältnisse änderten sich mit einem Schlage, nach dem Konflikt mit mir und dem Generalfeldmarschall Keitel in Winniza Anfang Sept. 1942. Der äußere Anlaß war, daß ich einen operativen Vorschlag von Generalfeldmarschall List über die Weiterführung der Operationen im Kaukasus unterstützte, der von den Weisungen des Führers abwich. Der tiefere Grund war, daß ich dem Führer eine Zusammenstellung von Befehlen vorlegte, die er in der letzten Zeit an Generaloberst Halder gegeben hatte, nachwies, daß der Generalstab genauso befohlen hatte und demnach seine täglichen Vorwürfe an den Generalstab des Heeres berechtigt seien. Die Folgen waren:

a) der Führer kam nie mehr zum Essen bis zum Schluß des Krieges, sondern aß für sich.
b) der Lagevortrag fand nicht mehr in meinem Kartenzimmer statt, sondern im Führerbunker.
c) der Führer gab mir und Generalfeldmarschall Keitel keine Hand mehr.
d) am Lagevortrag nahm stets ein SS-Adjutant [meistens Richard Schulze] teil.
e) es wurden 8 Stenographen bestellt, die jedes Wort beim Vortrag über die Lage mitschreiben mußten.
f) der Führer ließ mir erklären, daß er mit mir nicht mehr arbeiten wolle und daß ich durch Generaloberst Paulus ersetzt würde, sobald dieser Stalingrad genommen hätte.

Jodl in IMT witness stand at Nuremberg

Photo: General Jodl in the witness stand at Nuremberg: from David Irving, "Nuremberg, the Last Battle"

Dazu kam es aber nicht. Da der Führer jedes Abschieds- oder Versetzungsgesuch verboten hatte, machte ich kalt und sachlich meinen Dienst weiter, ohne jeden persönlichen Konnex.

Dieser Zustand besserte sich vom Ende Nov. 42 an etwas, führte aber erst am 30.1.43 zum Ende, wo der Führer mich allein zu sich befahl und mir das goldene Ehrenzeichen der Partei überreichte und etwa Folgendes sagte:

„Ich habe mich damals im September furchtbar über Sie geärgert und halte auch heute noch Ihr Handeln für falsch, ich habe mich aber inzwischen überzeugt, daß Sie ein ausgezeichneter, charaktervoller Offizier sind, der vorbildlich seine Pflicht erfüllt. Ich habe auch gehört, daß Ihr persönliches Leben und Verhalten in dieser Notzeit des deutschen Volkes ein mustergültiges ist. Ich überreiche Ihnen daher das goldene Ehrenzeichen der Partei, die einzige Auszeichnung, die auch ich neben dem Eisernen Kreuz trage. Das Ritterkreuz sollte nur für Tapferkeit neben dem E.K. getragen werden."

(Das Ritterkreuz sollte nur für Tapferkeit und an verantwortliche Befehlshaber verliehen werden, Kriegsverdienstkreuz kam für mich nicht in Betracht.)

Trotzdem hat mein Vertrauen zum Führer seit dieser Zeit einen Riß gehabt, der nicht mehr ausgeglichen wurde.

gezeichnet: Jodl.

November 1945


Free download of the 2010 edition of David Irving's English translation of The Memoirs of Field Marshal Wilhelm Keitel
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