The Berghof of Adolf Hitler Adolf Hitler | ||||
Berlin, am 16. Juli 2004 Führers Höhlen Erster Atombunker oder unterirdisches Archiv: Neue Funde in Hitlers Obersalzberg von Sven Felix Kellerhoff NIE ist mehr Aufwand für den Schutz eines einzigen Mannes getrieben worden als im Sommer 1944 für Adolf Hitler: Im Garten der Berliner Reichskanzlei ging der "Führerbunker" seiner Vollendung entgegen. In der ostpreußischen "Wolfsschanze" wurde das Quartier des Staatschefs mit fünf Meter mächtigen Betondecken verstärkt.
Mehrere hunderttausend Besucher zieht es heute jedes Jahr dorthin, in den äußersten Südosten Deutschlands - wie viele von ihnen vor allem des Grusels wegen kommen, den der einstige Lieblingsort des "Führers" verströmt, weiß niemand genau; es dürfte aber wohl die Mehrheit sein. Immerhin ein Teil von ihnen besucht die 1999 eröffnete Ausstellung des Instituts für Zeitgeschichte, die auch Teile der unterirdischen Anlagen erschließt. Trotzdem sind die wahren Ausmaße der Bunker erst jüngst, nach fast sechzig Jahren, bekannt geworden. Der Berchtesgadener Privatforscher Florian Beierl, der sich seit 20 Jahren mit dem Stollensystem im Obersalzberg beschäftigt, hat jetzt seine Erkenntnisse zu einem umfangreichen und illustrierten Band zusammengefasst (Hitlers Berg. Geschichte des Obersalzbergs und seiner geheimen Bunkeranlagen. Beierl Verlag Berchtesgaden. 259 S., 34,80 Euro). Als US-Truppen am 4. Mai 1945 den wenige Tage zuvor zerbombten Obersalzberg erreichten, fanden sie ein verwirrendes Tunnelsystem vor. Der Eingang lag, wenige Meter hinter dem gigantischen Neubau des "Berghofs" von 1936, in einer Hangstützmauer. Dann ging es 65 Stufen hinab in die Tiefe, vorbei an Maschinengewehrstände (die es in keinem anderen Hitler-Bunker gab) und Gasschleusen zu insgesamt zehn Räumen unterschiedlicher, aber eher geringer Größe. In einem zweiten Abschnitt waren Räume für den Stab, das Personal und Hitlers Privatpapiere aus dem Fels geschlagen worden. Diese Teile des Bunkersystems sind zwar nicht zugänglich, aber waren Fachleuten schon lange bekannt. Im Gegensatz zu jenen noch größeren und tiefer gelegenen Anlagen, die Beierl seit 2001 im Obersalzberg entdeckt hat. So führt vom äußersten Ende des Berghofbunkers ein Schacht mindestens 30 Meter, vielleicht aber auch weiter in die Tiefe. Er ist heute blockiert durch die Reste des Baugerüsts, das im Frühjahr 1945 gesprengt wurde. Was darunter liegt, muss bis auf weiteres offen bleiben. Es ist jedoch höchst unwahrscheinlich, dass dort irgendwelche Schätze verborgen liegen, am Ende gar das legendenumwobene Bernsteinzimmer. Welche Bedeutung hatte dieser Schacht? Beierl kann zwei mögliche Lösungen anbieten: Einerseits führt ein gewaltiger, erst im Sommer 2002 entdeckter Tunnel vom viel tiefer gelegenen Gutshof am Obersalzberg genau auf diesen Schacht zu - und zwar auf demselben Niveau im Berg. Eine Kurve in diesem nur roh ausgehauenen "Gutshofstollen" weist genau jenen Radius auf, der im Straßenbau üblich ist. Es könnte sich also um die vorgesehene Zufahrtsstraße zu einem weiteren geplanten, noch sichereren Hitler-Bunker handeln. Nach den Erinnerungen eines 1945 am Bau beteiligten Ingenieurs wurden dafür Tore entworfen, die 400 Tonnen schwer sein sollten. Entstand hier also der erste Atombunker der Weltgeschichte? Oder sollte die künstliche Höhle unter 200 Metern Fels die Papiere des NS-Regimes aufnehmen? Das jedenfalls deutete Martin Bormann nach einem Bericht Hermann Gieslers an, des neben Speer zweiten "Leibarchitekten" Hitlers: "Dieses Stollensystem sei bei einer Verlegung des Hauptquartiers auf den Berg nicht nur eine Luftschutzmaßnahme, die Kavernen seien auch für die sichere Lagerung der Dokumente bestimmt." War der Tiefstollen vielleicht geplant als Archiv für die Ewigkeit - etwa so wie heute der Barbara-Stollen südlich von Freiburg, der offiziell "Zentraler Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland heißt"? Man wird es nie erfahren, denn ab dem 21. April 1945 wurden in den Bunkerzellen des Obersalzbergs in großem Umfang Geheimpapiere und sämtliche private Unterlagen Hitlers verbrannt. Bis heute zeugt Ruß an den Decken von dieser Spurenbeseitigung. Doch weil nichts der Mystifizierung des Massenmörders so entgegenwirkt wie umfassende Aufklärung, sind Beierls Recherchen in Hitlers Höhlen und sein Buch darüber wichtig.
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