Findelwiesenstr. 15Sehr verehrte, liebe Frau
Rohde!
Für Ihren Brief vom 23.
Januar, über den ich mich sehr
gefreut habe, sage ich Ihnen meinen
herzlichen Dank. Hier hält die
russische Kälte an, und wir haben
in jeder Nacht über 20 Grad
Kälte, am Morgen sind es noch 18
Grad, und in den Mittagsstunden geht
die Temperatur bei schönem
Sonnenschein meist auf 10 Grad minus
hinauf, Ich habe selten einen Winter
mit soviel Sonne erlebt, wie hier in
Weissruthenien.
Leider ist der
Gesundheitszustand der Deutschen, wie
der Bevölkerung infolge des
Fleckfiebers und der einseitigen
Ernährung nicht der beste. Es
werden wohl Jahre schwerster Arbeit
dazu gehören, um durch eine
strenge Erziehung zur Sauberkeit die
hiesige Bevölkerung seuchenfrei zu
machen. Dazu kommt, dass es an einer
Kanalisation und an einer
Wasserversorgung nach deutschen
Begriffen völlig fehlt. Ob wir
während des Krieges und den ersten
Jahren nach dem Kriege die notwendige
Zahl von deutschen Fachleuten bekommen,
um alle diese Aufgaben zu meistern,
erscheint mir sehr fraglich.
Den 30. Januar haben wir durch
eine grosse Kundgebung im
Weissruthenischen Theater gemeinsam mit
der Wehrmacht, der Luftwaffe und der
Eisenbahn festlich begangen. Ich selbst
habe die Festrede gehalten, die
über den Minsker Sender verbreitet
wurde. Das grosse Erlebnis war dann die
gewaltige Rede unseres Führers am
Nachmittage, die wir im
Gemeinschaftsempfang uns angehört
haben.
Dass Erika sich
künstlerisch und fachlich gut
entwickelt, freut mich. Je älter
sie wird, desto mehr wird sie die
Notwendigkeit begreifen, dass auch
Nebendinge in der Ausbildung wichtig
sind, auch wenn sie nächst
langweilig erscheinen.
Von meiner Frau und den Kleinen
aus Berlin habe ich gute Nachricht,
ebenso von Horst. Dieter hat seit 3
Wochen nicht geschrieben. Nach seinem
letzten Brief soll er nach Afrika
kommen. Bei solchen Umgruppierungen
tritt ja meistens eine Pause von 8
Wochen ein, sodass man mit seinen
Sorgen um seine Lieben auf sich selbst
angewiesen ist. Dass wir den Krieg
gewinnen, ist für uns im
Osteinsatz eine
Selbstverständlichkeit.
Ihnen, liebe Frau Parteigenossin
Rohde, und Ihren Töchtern
herzliche Grüsse.
Heil Hitler!
Ihr stets ergebener
Wilhelm
Kube