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Posted Tuesday, September 1, 1998


 

Stubborn Praise by Germany's Leading Liberal Playwright for David Irving

"The book leaves questions open. For instance, that in 1996 somebody can still write words of praise for the radical right-winger David Irving without any footnote. 'Because I am Hochhuth,' says Hochhuth obstinately."

German text only. For AR's English comments see below.

Literatur im Deutschen Radio
Deutschland Funk, Berlin

Rolf Hochhuth:
Wellen
(Rowohlt Verlag, Hamburg, 14,90 DM)

Von Florian Felix Weyh

 

DER JUBILAR erreicht das Pensionsalter. Was möchte er für sein verdienstvolles Wirken um die deutsche Literatur denn gerne haben? „Ach", sagt er. „Vielleicht ein kleines Jubelbändchen? Keine Hymnen von Kollegen, die klängen nur verlogen. Lieber eine Sammlung von Erbaulichkeiten aus dreißig Jahren Schreibkampf. Nennen wir es ... Artgenossen. Zeitgenossen, Hausgenossen. „ - „Einverstanden", sagt der Verleger," aber bitte nichts Genossenschaftliches! Fällt Ihnen nichts besseres ein?" - „Doch!" sagt der Jubilar. Als ich in meiner Jugend über den Atlantik fuhr, erzählte mir ein alter Kapitän, daß Wellen grundsätzlich nur auf der Stelle treten, sich zwar turmhoch aufschrauben, in Wirklichkeit aber gar nicht vorankommen. Ist so nicht alle Geschichte und alles Wirken? Richtungslose Eruption? Konvulsisches Orgasmuszucken?" - „Einverstanden", sagt der Verleger resigniert. „nennen wir das Buch Wellen". Paßt auch gut zum Intemet-Surfing. Aber eines, lieber Hochhuth, eines bitte, bitte nicht: keine Lyrik! Um Gotteswillen keine Lyrik." Der Jubilar macht eine unbestimmte Kopfbewegung, Als der Verleger das Buch am Geburtstagsmorgen öffnet. entfährt ihm ein lautes Schluchzen. Lyrik! Aber wie!

Soll man noch weiterreden? Rolf Hochhuth ist am ersten April 1997 fünfundsechzig geworden. Kein Spott übers Datum, damit kokettiert er selbst genug. Ein Arbeitnehmer ginge nun in Rente. ein Dichterfürst widmete sich der ersten - unvollständigen - Gesamtausgabe und strebte dem Spätwerk zu. Hochhuth, immer ein bißchen anders, wählt den Holzweg. Statt auf Gesamtausgabe setzt er auf komprimierte Verdichtung, und statt dem Spätwerk neigt er sich den Frauen zu. Im Grunde ist beides eins: verdichtetes Frauenspätwerk. Denn Hochhuth ist ein Kenner. Ein Frauenkenner. Ein Geschichtskenner. Ein Literaturkenner. Ein Theaterkenner. Und natürlich ein Frauenkenner. Mit lockerer Hand skizziert er den Weg, den die emanzipierte Frau heutzutage zu beschreiten habe. und zufälligerweise wird sie auf diesem Weg Rolf Hochhuth begegnen, der ihr in flüssigem Parlando erzählt, wie er sich mit Ernst Jünger einig war, daß Polygamie Naturgeschichte sei. Alle Geschichte ist Polygamiegeschichte. Pardon: Naturgeschichte. Oder sollte der Rezensent das falsch verstanden haben?

2.

    So gockelt sich der Rentner durch den Ruhestand, und unverhohlen zelebriert er seine Bewunderung für den alten Goethe, der siebzigjährig noch einer Sechzehnjährigen hinterherstieg.

Denn wenn man sich Goethe nicht biographisch nähert, wie soll man ihm sonst nachfolgen? Doch da, da! dräut sie wieder: Lyrik. Und zwar auf den alten Geheimrat selbst gemünzt:

Weg zwar sein Frust,
wenn sie's Lager teilt:
Leckt er die Twenbrust
- ist er geheilt.

„Hochhuth", schreit der Verleger! „Hochhuth!" Aber der Jubilar bleibt ungerührt. Es ist schließlich sein Fünfundsechzigster, und einmal darf er machen, was er schon immer wollte. Zum Beispiel beweisen, daß man ohne Abitur Weltmeister in Bildungshuberei werden kann. „Alles gelesen!" triumphiert Hochhuth. Und sogar verstanden! Alles verstanden. Ohne Abitur!" Wie schon fügt sich darein, daß die deutschen Literaturnobelpreisträger fast alle die Reifeprüfung nicht erreichten. Kein Wink mit dem Zaunpfahl, iwo, eine zart-ironische Anspielung. Schließlich: Wie-viele Autoren mit Weltgeltung hat Deutschland außer Hochhuth hervorgebracht? Und wieviele Lyriker von Weltrang - außer Hochhuth? Eine Kostprobe?

Das höchste Ruhmesblatt der Frauen
wie in der Bibel - in der Dichtung:
Konnte ein Mann auf eine bauen,
stürzte er nie in seine Vernichtung.

Wo ist die Frau hinter Hochhuth? Wer bewahrt ihn vor seinen Veröffentlichungen? Warum hat man ihm keine Lektorin gegeben, mit der er Polygamie betreiben kann? Das Buch läßt Fragen offen. Zum Beispiel auch, daß man 1996 noch den rechtsradikalen David Irving ohne Fußnote lobend erwähnen kann. „Weil ich Hochhuth bin", sagt Hochhuth trotzig. „Ich habe Filbinger gestürzt, ich war das! Jawoll!" In Wahrheit ist ihm bis zum fünfundsechzigsten Geburtstag ein Kabinettstückchen gelungen: Der Welt vorzumachen, er sei ein linker Anarchist, obgleich er ein rechtskonservativer Renegat ist. Aber das macht alles seine Lyrik wett:

Denk' an Effie Briest;
keine Katastrophen:
Was Du hier liest,
sofort in den Ofen!

AR logoTHE ABOVE Radio Berlin review of the published memoirs of prize-winning German liberal playwright Rolf Hochhuth , with their revealing commentary on the mentality of Germany's cowardly modern journaille, was obtained on May 15, 1998. It was probably broadcast on April 1 - Hochhuth shares a birthday with David Irving's oldest daughter Josephine, and they are Dutzfreunde.

Mr Hochhuth had first approached Mr Irving after reading his 1963 best-seller The Destruction of Dresden; soon after, the German had written his sensational play The Representative (Der Stellvertreter), critical of Pope Pious' WW.II tolerance of Nazi persecution of the Jews. The two writers' friendship began when they met in the Hamburg offices of Der Stern magazine in January 1965; Rolf Hochhuth stayed with the Irvings in their London flat (then in Paddington), and Mr Irving often stayed with the Hochhuths - Rolf, his first wife Marianne and second, Dana, in Switzerland. They remained the closest of friends until circumstances drove them geographically apart - Hochhuth no longer able to travel to Britain, and Mr Irving banned from Germany in 1993

The above radio item is reproduced without editing other than typographical
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