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Der Tagesspiegel

Berlin, Jan 18, 2000


[English translation]

Der Leugner als Kläger

Er heißt ausgerechnet David, wie der israelitische Held aus dem Alten Testament.

Und er gehört ausgerechnet zu den fairen Briten, die als Alliierte das deutsche Rassistenregime besiegen halfen. Auch der Vater des 62-jährigen David Irving diente damals in der Armee. Sein Sohn hat aber hat drei große Probleme, die ihn zu jenem mediokren Monster werden ließen, das derzeit den Royal High Court in London beschäftigt.

IrvingDort klagt der Hobby-Historiker und Hitler-Apologet, ein Mann, der in Italien, Deutschland, Osterreich und Kanada persona non grata ist, gegen „Verleumdung" und ,,Rufschädigung" durch die Historikern Deborah Lipstadt. Sein erstes großes Problem:

Irving gehört zu denen, die beweisen wollen, „der Führer" habe von allem nichts gewußt" -- gemeint ist der Holocaust. Wer das Andenken eines Massenmörders zu retten trachtet, der will das Gefühl haben, dieser Machtfigur zu gefallen. Er baut sich Wände aus Wahn. Möchte so einer zugleich als Historiker ernst genommen werden, hat er das nächste Problem im Haus: schlechter Umgang. Seriöse Forscher oder Lehrstätten meiden Menschen wie ihn. So kommt es von allein zum dritten Problem: kein Ruf, keine Stelle, kein Geld. Normalerweise bleiben solche Leute unter sich, stöbern in Militarialäden nach Fetischen und stören zwar nicht den öffentlichen Diskurs oder den Fachdiskurs, aber immerhin unser sittliches Empfinden.

Was einen Autodidakten und Paranoiker wie David Irving zum abstoßenden Ärgernis macht, zur Dauerkränkung von Opfern, ist die obsessive Akribie, mit der er zu Werke geht. Zwanzig Bücher über das Dritte Reich hat er verfaßt, in denen er Lügen und Tatsachen miteinander verquirlt. Vor allem leugnet er das Ausmaß der Verbrechen des Dritten Reiches und die Mitwisserschaft wie die Autorschaft Hitlers bei der Shoah. Widerlegt hat ihn am genauesten Deborah Lipstadt, Professorin für jüdische Geschichte und Holocaust Studies an der Emory University in Atlanta. Lipstadts wichtigste Studie „Betrifft: Leugnen des Holocaust" (deutsch 1996) unterstellt Irving die Intention, Geschichte zu verzerren. Er leugnet auch das und will jetzt alle seine drei Probleme vor Gericht aus der Welt räumen. Irving, der sich von kleinen Spenden einiger Neonazis über Wasser hält, hat Lipstadt und deren Verlag Penguin verklagt. Als Forscher will er ernst genommen werden, zum Kreis der Anerkannten gehören und große Summen „Schmerzensgeld" erstreiten.

Bestürzt verfolgt nicht nur England das absurde Theater, in das Irving den Gerichtssaal 37 des High Court verwandelt. Die Perfidie dieses Verfahrens im Land der Meinungstoleranz, wo das Leugnen des Holocaust -- noch -- nicht wie hierzulande als Straftatbestand gilt, liegt im System der Beweislast. Das Gericht muß nachweisen, daß Irving absichtlich und böswillig historische Tatsachen verfälscht. Der Kläger beharrt darauf, seine Darstellungen seien rein wissenschaftlich. „Es laufen doch soviele Überlebende herum", soll er 1991 in einer Rede gesagt haben, „die werden sogar immer mehr, das ist zumindest biologisch gesehen ziemlich fragwürdig". In Allianz mit forschenden Komplizen versucht David Irving nun seit 1988 detailliert nachzuweisen, daß Auschwitz zwar ein Arbeitslager war, aber keine Mordmaschine. Seine Webpage nennt er „The Fight for Real History" -- und produziert einstweilen Real Hysteria. Weiter nichts, zum Glück.-- Caroline Fetscher.


January 18, 2000

 

Website note: The publication of this article by a newspaper within the jurisdiction of the High Court would be a contempt of court while the matter is sub judice; German newspapers can get away with it.

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