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caption Herbert
Backe (Staatssekretär im
Reichsernährungsministerium):
Ausgewählte Briefe an seine Frau
Ursula. 29. August 1936 Sicher kann man nicht seine Kinder vor
ihrem Schicksal bewahren. Aber sie sollen
nicht meine schwere Jugendbelastung haben.
Dann werden sie lebensfreudiger sein und
sich ungehemmter schöpferisch
betätigen können. Weniger
höflich sein, weniger Rücksicht
auf die Umwelt nehmen aus den Gefühl
heraus, daß die andern auch
schöpferisch sind; sondern "ihr"
Leben leben. Konstanz, 4. September 1936 Dr.
Vogt hat mir nicht viel berichten
können. Die Leute reden immer so
viel. Es ist so, daß keiner
versteht, was zwischen D. [Richard
Walther Darré,
Reichsbauernführer, links]
und mir, ja selbst nicht, was zwischen mir
und den Andern Meinbg. [Wilhelm
Meinberg, "Landesbauernführer" in
Westfalen] usw. an Differenzen
besteht. Parchmann sprach mit Meinbg. und
dieser teilte ihm mit, daß er gar
nicht Staatssekr. werden wolle und es
ablehnen würde usw. Ich habe nur
gelächelt. Wie ist das typisch,
daß man eine Stellung, auf die einen
der Chef verweist, danach beurteilt,
daß sie ja keine "Beförderung"
sei. Auf den Gedanken zu kommen, daß
man auf Stellungen kommt des
Arbeitsgebiets wegen, kommt man nicht. So
erzählte auch Vogt allen den Tratsch.
Ich habe ihm sehr klar gesagt, daß
er genau so, wie ich es bisher getan habe,
jeder Ansicht, als sei bei D. kein
Vertrauen zu mir, entschieden
entgegentreten müsse, weil das nicht
wahr wäre. Ebenso der Ansicht "ich
hätte kein Vertrauen zum Chef". Vogt sagte mir, daß scheinbar von
der "anderen Seite" Friedensschritte mir
gegenüber eingeleitet werden sollen.
Parchmanns Brief war Bestätigung. Das
nächste war eine Einladung des
Reichsführers [Heinrich
Himmler]. Ich sagte sofort zu und war
am 1. und 2. September bei ihm am
Tegernsee. Ich bin immer wieder von der
Kameradschaftlichkeit und dem Herausheben
des Persönlichen auf die große
Ebene beeindruckt. Gerade die ungezwungene
Herzlichkeit des Reichsführers hat
mir sehr viel gegeben. Aber er
bagatellisiert nicht, dreht nicht ab,
sondern hebt das Grosse, Wesentliche
hervor und verlangt, daß man diesem
dient. Ich mußte am ersten Tag --
ich war von Konstanz mit dem Dampfer nach
Lindau (3 Stunden) gefahren, dort holte
mich das Auto des Reichsf. nach Tegernsee
(4 Std.), so daß ich erst etwa um 4
Uhr eintraf -- erst mal allein auf
Bockjagd und schoß auch einen Bock.
Abends unterhielten wir uns bei einem
gesellsch. Kartenspiel. Erst am
nächsten Tag wollte er von mir die
Differenzen zwischen D. und mir
hören. Den nächsten Tag konnte
ich freimütig mit ihm sprechen, so
gut man in paar Stunden -- um 1 Uhr fuhr
ich wieder weg -- alles sagen kann. Der RF sagte, daß es unbedingt
notwendig für die Bewegung für
Deutschland wäre, daß nicht
Streit innerhalb der Reihen der
Unterführer entstehe. Daran
wären bisher alle großen
Bewegungen gescheitert, und er sähe
es als seine Aufgabe an, die Einigkeit und
Geschlossenheit wieder
herbeizuführen. Ich erklärte ihm eingehend,
daß meinerseits keine
persönliche Ambitionen oder
Beleidigtsein vorliege, sondern daß
ich nur der Sache diene, da aber ohne
jeden Kompromiß. Daß ich eher
bereit bin zu fallen als preiszugeben das,
wofür ich als Nationalsozialist
gekämpft habe. Daß keiner der
Unterführer D.s dessen Werk so
unumwunden als Voraussetzung für alle
unsere Arbeit ansehe wie ich, daß
keiner das Schöpferische von D. so
anerkenne wie ich. Die Differenzen beruhen
eben darauf, daß man in den Kreis
der Führer kleine Leute
hineinließe, die nur ihrem
persönlichen Ehrgeiz dienend, gegen
mich als Kesseltreiben hervorgerufen
haben, das eben dazu führte,
daß ich mich zurückzog und
selbst die schwersten persönlichen
Konsequenzen -- Auflösung des
Haushalts pp -- zog, um nicht als ein Mann
rumzulaufen, der nur die Vorteile von
einer Stellung genießt. Ich habe
bewußt -- weil der Reichsf. eine
Versöhnung zwischen den
Unterführern herbeiführen will
(Meinbg., Reischle [Wirtschaftsberater
Hermann Reischle], Kanne [Frhr. v.
Kanne, Verwaltungsamtsführer],
Granzow, ich) diese geschont und nichts
über diese gesagt. Ich habe aber das Gefühl gehabt,
daß er doch mehr weiß, als ich
angenommen habe. Auf seine direkte Frage,
wer die Leute sind, die Keile treiben,
nannte ich Saure, Dr. Korte und
erwähnte, daß die Adjutanten
m.E. einen sehr schlechten Einfluß
hätten, weil sie D. von mir
absperren. Ich sagte, daß ich
monierte, daß oben nicht gearbeitet
würde und dadurch unten diese Leute,
die nichts von der uns gestellten Aufgabe
ahnten -- regierten. Besonders
beeindruckte ihn, daß Kanne für
Preiserhöhung war -- das ist ja der
Ursprung der Differenzen mit mir
gewesen. Er sagte, es sei ihm mitgeteilt,
daß auf mich einen schlechten
Einfluß Harmening habe, den er nicht
kenne, jedoch warnte er mich vor Moritz,
den er für einen Juden halte. Ich merkte -- wegen Harmening --
daß hier Granzow gebohrt hat, dessen
Eitelkeit durch meine Mahnungen verletzt
ist und der diese Harmening zuschreibt.
Der RF sprach auch davon, daß
Granzow mit ihm gesprochen habe und seine
Sorgen ihm mitgeteilt hätte. Vom Chef sagte ich nur, daß er
leider sehr wenig Menschenkenntnis
hätte und Treue wahre gegenüber
Leuten, die es nicht wert seien. Das gab
der RF zu. Noch geringere Menschenkenntnis
hätte Meinbg., für den nur
Westfalen gelten. Auch das gab er zu. Der RF kritisierte an D., daß er
nicht dafür sorge, daß seine
Unterführer sich genügend
erholten -- im Hinblick auf mich -- er
würde das mit D. besprechen, denn wir
könnten uns den bisherigen
Verschleiß nicht mehr leisten. Er
sagte, daß ich hätte zu ihm mit
meinen Sorgen kommen sollen und verlangte
das in Zukunft (hier ist der Gegensatz in
den Charakteren des RF u. D. besonders
stark). Wenn Differenzen vorkämen, so
müßte man sie im Kreis dieser
Unterführer bereinigen, ohne andere
hineinzuziehen. Ich erzählte ihm,
daß ich das gerade getan hätte,
indem ich über Korte und Saure offen
mit Meinbg. gesprochen hätte und
daß ich erstaunt gewesen sei, als
ich plötzlich merkte, daß
Meinbg. nur Werkzeug in der Hand dieser
Leute war. Ich hätte als Meinbg. mir
vorschlug, mit ihm über die
Schwierigkeiten mit D. zu sprechen, dieses
abgelehnt mit der Begründung,
daß ich mich vor ihm nur verteidigen
könnte, indem ich den Chef anklagte;
das aber wäre mit meiner Anschauung
von Gefolgschaftstreue unvereinbar
gewesen. Der RF nahm mir das Wort ab, daß
ich nach der Kur hier (die am 12.9.
beendet wird) noch 14 Tage in
Erholungsurlaub gehe, da er mit Daluege
(der auch hier war) die schlechtesten
Erfahrungen gemacht habe, als dieser
sofort sich in die Arbeit stürzte. Er
verlangte, daß ich alle
unwesentliche Arbeit abschiebe, um gesund
zu bleiben. Schließlich fragte er,
ob ich die Kur bezahlen könne, er
wolle sonst das übernehmen. Ich
sagte, daß ich Mittel hätte, ja
sogar die 500.&emdash;Mk monatliche Zulage
vom Führer abgelehnt hätte, was
er für falsch hielt und mir sagte,
ich solle das wieder in Ordnung
bringen. Wann ist D. [Darré] auf
den Gedanken gekommen zu fragen, wie ich
persönlich fertig werde und ob er mir
helfen könne? Dabei ist D. durchaus
nicht ohne Interesse für das
Wohlergehen seiner Unterführer und
hat ja 1933 immer wieder mir helfen
wollen. Aber inzwischen hat er sich
abriegeln lassen. Ein Führer
muß sich um seine Unterführer
kümmern; ich tue es auch. Hier liegt
ein großer Unterschied. Ich äußerte noch meine
großen Besorgnisse über die
Zukunft D.s besonders im Hinblick auf die
Wirtschaftsbeauftragung G.s. Ich sagte,
daß die Nichtbeschäftigung D.s
mit Wirtschaftsfragen m.E. ein
Verhängnis ist, und da er nun einmal
dafür nichts übrig habe, so
muß er umso mehr besorgt sein,
daß der oder die seiner
Unterführer (Reichle und ich), die
das verstehen und können, zur vollen
Wirkung kämen und nicht gehemmt
würden durch Leute, die vom Nat.Soz.
und seinen Aufgaben auf dem Gebiet der
Wirtschaft nichts verstehen. Der RF sagte mir, daß er
veranlassen würde, daß nach
meiner Kur die anderen Unterführer
herkämen (Meinbg. Reichle, Granzow,
Kanne) und wir untereinander alles
klären und aussprechen
müßten. Ich sagte zu. Ist das richtig? Als ich hinfuhr,
wollte ich keinen Kompromiß --
äußerliche Versöhnung --
schließen. Ich habe es nun doch
getan, beeinflußt von den
Ausführungen des RF in Bezug auf die
Notwendigkeit der Einigkeit. Ich bin mir
klar, daß dadurch ein inneres Band
nicht geknüpft wird. Auf der anderen
Seite bin ich entschlossen, nunmehr, wo
ich mich bereiterklärt habe, auch
einzuhalten von mir aus diese
erforderliche Einigkeit. Das ist
möglich, weil ich nunmehr wenn
Differenzen auftreten -- und diese sind
sachlicher, nicht persönlicher Natur
gewesen und werden es auch in Zukunft
sein, wenn sie kommen sollten -- diese D.
und dem RF unterbreiten werde. Dann
möge man an höherer Stelle
entscheiden. Diese Lösung wird für mich
schwer sein. Leichter wäre gewesen,
nun den Kampf durchzuhalten, da ich mit
meinen sachlichen Ansichten Sieger bin
über die persönlichen Ambitionen
der andern. Deshalb wollen ja jene
Frieden, weil der Kampf ein anderes
Ergebnis hatte, als jene glaubten. Und in
dem Augenblick, wo jene schwach sind, wo
jene ihr Spiel -- denn es war ein "Spiel"
-- verlieren, halte ich den Kampf nicht
durch, sondern versöhne mich mit
ihnen. Mit welchem Erfolg für die
Sache? Ich weiß es nicht. Aber ich
will, weil ich nicht mir sondern der
Aufgabe diene, um der Sache willen diesen
Weg der Einigkeit gehen. Ich frage nicht,
ob es gelingt. Wenn es nicht gelingt, dann
wird eben der abgebrochene
zwangsläufige Kampf wieder beginnen.
Ich habe dann alles getan, trotz des
Kesseltreibens gegen meine Arbeit und
mich, was ich unter Hintenansetzung meiner
Person tun konnte. Im Sachlichen gebe ich
keine Jota nach, so wenig wie ich es
bisher im Kampf getan habe. Konstanz, den 7. September 1936
Daß der RF von mir noch 14 Tage
Nachurlaub verlangt hat, teilte ich Dir
bereits mit. Inzwischen hat mir auch
Staatssekretär Körner
geschrieben. Unter anderem: "Heute haben
wir den schönsten Tag auf dem Gebiete
der Wirtschaft erlebt. Göring kam vom
Obersalzberg zurück und brachte die
neuesten Richtlinien für unsere
Arbeit der nächsten Jahre (!!).
Leider kann ich Ihnen auf diesem Wege
nicht mehr sagen als das Eine, daß
gerade Ihr Arbeitssektor für die
nächste Zukunft von allen Sorgen
befreit ist. Wenn Sie Ende September (!!)
zurückkehren, werden Sie alles
Nähere erfahren. Ich sage Ihnen nur
Obiges, damit Sie wissen, daß Sie
vorläufig hier nichts versäumen,
und wenn Sie Ende September nach voller
Genesung (!!) wieder in Berlin einlaufen,
werden Sie einen klaren Weg
vorfinden." SEITEN 15 bis 18 nicht kopiert.
Berlin, den 31. August 1939 Liebe Ursel! Diesen Brief werde ich
sicher nicht abschicken. Du wirst ihn
später einmal lesen. Vielleicht
sollte man auch gar nicht schreiben. Eben habe ich Dir einen Brief
geschrieben, nachdem die Sondermeldung um
21, 22, und 23 Uhr -- letztes Angebot an
Polen -- durchgegeben war. Es liegt eine schwere Woche hinter
uns. Am Sonntag 20. August] vor 8 Tagen
kam ich nach Berlin. Am [ Lücke:
wohl nach dem 22. August, denn Göring
war das Geheimabkommen mit Stalin
offensichtlich bekannt ] waren wir
nach Carinhall gebeten. Göring, Funk,
Darré [Richard Walter
Darré: Präsident des
Reichsverbandes der deutschen
landwirtschaftlichen Genossenschaft;
Reichsminister für Ernährung und
Landwirtschaft], Körner,
Landfried, ich, Behrens, Neumann,
Posse. Göring teilte streng geheim mit,
daß Angriff auf Polen beschlossen.
Fragte wegen Kriegsvorbereitungen.
Kartensystem. Wir erreichten, daß
Brot und Kartoffeln für erste 4
Wochen bezugsscheinfrei bleiben sollten
wegen guter Vorratslage. Es ist ein
großes Glück, daß G.
widerstrebend zustimmte. [Anm. UB: In dieser Sitzung
sagte Funk zu HB: Lebensmittelkarten --
wegen der 6 Wochen?] Um Überraschungsmoment zu sichern,
verlangte G. sehr ernst strengstes
Stillschweigen. Stimmung bei den Herren
optimistisch. Angriff war auf Freitag den
25. vorgesehen. Sonnabend [26. August] kam
Befehl vom GB. Kennziffer Kartensystem
wurde ausgelöst. Sonntag [27. August]
Kartenverteilung. Voraussetzungen waren
nicht ausgelöst. Sonnabend nacht um 1 Anruf von
Goebbels. Sofort Propa zu kommen. Portionssätze katastrophal
niedrig. Unmöglich. Zunächst
rief mein Dr. Clauß an, dann sprach
ich mit Min. Fritzsche vom Propa. Er bat,
zu kommen. Ich zog mich an, fuhr mit Taxe
ins REM
[Reichsernährungsministerium],
nahm Dr. Clauß mit. 5 Minuten gewartet, dann zu Dr.
Goebbels. Dieser war ernst und sachlich.
Monierte 15 gr. Hülsenfrüchte
pro Monat. Ich sagte, daß man diese
streichen könne. Leider hätten
wir wegen Heereslieferung nicht mehr. Dann
monierte er 6 gr.Thee pro Monat. Ich
sagte, das wäre alte Zahl, es
wären 20 gr. G. war einverstanden. G.
wandte sich äußerst scharf
gegen
die Geheimniskrämerei des AA. Alle
wüßten, daß [Sir
Nevile] Henderson [britischer
Botschafter, links] und
[Robert] Coulondre
[französischer
Botschafter] beim Führer
gewesen seien, nur der deutsche Rundfunk
melde nichts. Also sei der Deutsche, um
sich -- nicht etwa aus Neugier und
Sensationslust -- politisch zu
orientieren, gezwungen ausländische
Sender zu hören. Ich klärte über Ernst der
Ernährungslage auf. G. bat, ob man
nicht mehr Milch für Kinder,
Mütter und mehr Fett -- Fleisch
für Schwerarbeiter geben könne.
Ich sagte, daß dieses für erste
4 Wochen nicht vorgesehen sei. Ich
würde ins REM gehen und ihn nach
einer 1/4 Stunde wieder anrufen. Ich sagte
zu, alles zu tun, was möglich sei. G.
sagte, die Ernährungssätze
hätten zwei Seiten: nach außen
und fürs Inland. Zu hohe Sätze
würden dem Ausland zeigen, daß
wir bluffen und nicht durchhalten
können, zu niedrige aber drücken
die Stimmung. Es käme
schließlich auf die ersten vier
Wochen nicht darauf an. G. machte
glänzenden Eindruck: sachlich, ernst,
entschlossen. Er bat Gutterer, dem
Führer die Schwierigkeiten des AA
vorzutragen, was den Eindruck
hinterließ, als sei er
abgehängt. Im REM traf ich meine Herren, die durch
Überarbeit und wohl auch zuviel Bier
noch stupider waren als sonst. Ich rechne
in wenigen Minuten neue Sätze
aus. Da Kinder unter 6 Jahren nach den
ersten 4 Wochen 750 gr Milch erhalten
sollen gegenüber 200 jetzt, bewillige
ich zusätzlich 500 gr. Bei werdenden
und stillenden Müttern
zusätzlich 200 gr, da sie später
500 gr erhalten sollen. Weiteres war
abzulehnen. Schwer- und Schwerstarbeitern
bewilligte ich 50 gr Fett pro Tag
zusätzlich und 70 gr Fleisch. Ich
habe mich sehr schwer dazu entschlossen,
gegen Opposition meiner Herren. Nach
Carinhall war mir klar, daß Gegner
nur Polen war, - kein Weltkrieg -- und
also dieses riskiert werden konnte. Ich
telefonierte mit MR Fritsche, der sehr
befriedigt war. 4 Uhr wieder zu Hause. Eigenartig war, daß Freitag
[25. August] ohne Angriff
verstrichen war. Die Besprechung im Propa
hinterließ den Eindruck, daß
es überhaupt ohne Krieg gehen
würde. Sonntag [27. August] auf
Gefechtsstand im Wildpark. Im
Eisenbahnzug. Anwesend noch Staatss.
[im Reichsinnenministerium
Wilhelm] Stuckart. G. gab streng vertraulich bekannt,
daß Italien nicht mitmache. Dieses
der Grund, daß Angriff abgeblasen.
Mussolini habe verzweifelten Brief an
Führer geschrieben: Höhere
Mächte machen es mir unmöglich
meiner Bündnispflicht zu genügen
usw. Der König habe die Unterschrift
des Mobilbefehls verweigert. Man
müsse nun sehen, wie man rauskomme.
Ein Glück sei Stalin. Neben dem
Russenpakt gebe es ja noch ein geheimes
Zusatzabkommen (schon in Carinhall teilte
er uns das mit. Scheinbar über
Auflösung Polens. Warschau sollte zu
uns kommen). G. trat für Mussolini
und dessen Tragik warm ein. Sagte dann
allerdings: wenn er ein Kerl wäre,
hätte er Königshaus
gestürzt. Schwere Lage für uns.
An Krieg nicht zu denken. Wenn wir mit
Danzig rauskommen, wäre das schon
gut. Vielleicht noch etwas vom Korridor.
Besprechung (Funk) ergab, daß aus
neuer Situation auch Plus für uns
herauskäme, da wir mit Frankreich
keine Differenzen, sondern nur Italien.
Wenn wir also Italien preisgäben,
wäre Möglichkeit, Frankreich
rauszulassen. Auf meine Intervention (der Chef
[Darré] sprach wie
üblich Unsinn) wurden die
gesetzlichen Voraussetzungen der
Bewirtschaftung freigegeben. Die Gesetze
wurden gleich anschließend von den
Staatssekretären im anderen Wagen
besprochen u. dabei erzwang Neumann eine
Erhöhung der allgemeinen Fettration
von 50 auf 60 gr. Nur Landfried hat mich
unterstützt. Alle meinten, daß
ja ein Krieg unmöglich wäre,
also man schon den Anschluss an
Friedenswirtschaft suchen müsse. Ich
habe leider nachgegeben. Ich war mir dabei
klar, daß mich das den Kopf kosten
könnte. Es war klar, daß Verhandlungen
stattfanden. Vermeidung eines Krieges.
Möglichst Gesicht wahren. Auf der Rückfahrt Darré
schadenfroh. Es war widerlich. Mir war
klar, daß er nicht dicht
hält. Über Rede des Führers
Reichstag [vor den
Abgeordneten] später. Heute [31. August 1939] wieder
auf Kommandostand Göring. Minister
Frick, Funk, Darré, Seldte,
Staatss. Wie früher, Bormann,
Behrens. 1 1/2 Stunden gewartet. Neumann sehr
pessimistisch. Tags zuvor wollte er
gesamte Bewirtschaftung fallen lassen.
Bormann optimistisch. G. sagte, daß
Lage gut sei. Polen wollten
hinauszögern. Wir seien entschlossen.
Entscheidung in 24 bis 48 Stunden. Statt
Mussolini -- Stalin. Sprach von
Veröffentlichung von irgend etwas,
wodurch eventuell England rauszuhalten
wäre. Ich wußte nicht, ob
Schriftwechsel Führer-Chamberlain
oder Geheimklausel Russland. Jetzt wohl
klar, daß Ersteres gemeint war.
Polen wird niedergeworfen.
Überraschung leider vorbei, kostet
paar 100 000 mehr. Dann aber wir im Plus.
Nur Grenze im Westen und Flugeinbruch
außer Westen Küste Holland bis
Dänemark. Grosse Gefahr für
Ruhrgebiet. Da Grenze kurz, wahrscheinlich
starke Beurlaubung der Soldaten nach
Niederwerfung Polens. Und dann eiserne
Rüstung gegen England. Während die Tage vorher nur von
den Zwangswirtschaftsmaßnahmen
gesprochen wurde, die ev. auch im Frieden
beibehalten werden sollten (für uns
angemeldet: Milch, Fett, Fleisch --
Neumann dagegen), wurde jetzt nur von
Verschärfung gesprochen. Chef wie
immer Quatsch. Beschlossen
Reichskriegskommissargesetz. Grosse
unsachliche Debatten über
Persönlichkeiten. Ablehnung
Streichers, Prinz von Hessen, Weinreich
((?))[gemeint wohl Karl Weinrich
Gauleiter von Kurhessen] (statt dessen
Sauckel) Meyer-Münster -- statt
dessen Terboven. Darré versuchte,
Terboven einzuschränken --
Ruhrgebiet. Niveau -- beschämend. Tags zuvor, schwerste Differenzen mit
Behrens wegen Organisationsmaßnahmen
REM, Reichsnährstand. Harmering und
Behrens haben sich als Instrument einer
Intrige des Chefs mißbrauchen
lassen. Schwerste
Auseinandersetzungen. SEITEN 22 bis 25 nicht kopiert
[1941-1942?] [. .
.] angetroffen. Nimmt man mir
übel, daß ich nicht meine
Grundsätze zurückstelle und
unpersönlicher Adjutant bin? Meine
Stellung ist keine Adjutantenstellung, ich
bin -- ohne mein Zutun --
Befehlsempfänger, sondern muß
führen. Und so reiben sich die
Menschen daran, umso mehr je serviler sie
sind. Ich gebe ja meine Fehler zu.
Vielleicht nicht genügend. Ich bin --
besonders im Kameradenkreis -- zu offen.
Aggressiv. . . In Russland waren wir in
einer Zuckerfabrik eingeladen; unter
Anderen auch der Leiter der gewerblichen
Wirtschaft. Es ist sicher unklug von mir
gewesen, daß ich ihn in Gegenwart
der Anderen so annahm, wie es geschah. Er
gab aber doch zu -- allerdings nach meinen
mehr als massiven Angriffen, daß
Funk und Landfried usw. . . . ich
möchte das nicht weiter
ausführen. Aber warum wehrt sich so
ein Kerl nicht? Ich spitze dann die
Angelegenheit immer mehr zu, werde
ausfallend, beleidigend, verletzend. Aber
diese Leute lassen es sich ja gefallen.
Und ich kämpfe ja aus einer so
großen Seelennot. Kapieren die das
denn nicht? Alles Gegner. Und dann kommen sie mit Gerüchten:
vorgestern Wichtermann, Meinberg
käme, Eltz würde genannt. Ich
laß das eine zeitlang hingehen. Als
aber heute Vogt mit einer Sache kam, da
riß mir die Geduld. Kapieren denn
all diese Leute nicht meine Art? Bei
Darré kuschen sie. Bei mir glauben
sie, ihr Maul aufreißen zu
können. Ich werde es schon
stopfen. Du schreibst, Du hättest seit 10
Tagen keinen Brief von mir. Ich habe nach
Hornsen geschrieben. Wenn die Gestapo
diese Briefe liest, habe ich nichts
dagegen. Berlin, 31. August 1943 Eben bin ich aus dem Hauptquartier des
Reichsmarschalls gekommen. Es war gerade
ein Flugzeug da, so habe ich mir die
zweite Nachtbahnfahrt erspart. Gestern
fuhr ich mit dem Zug hin. Leider vertrage
ich die Schlafwagen immer schlechter;
vielleicht war es auch die Spannung. Ich
habe nämlich bis 3 nachts im Wagen
gearbeitet und leider stark geraucht. Es
ist heut alles gut verlaufen Davon
später. . . Du wirst Dir denken, wie schwer ich zu
diesem Vortrag ging, zumal Riecke mich
wissen ließ, daß der
Reichsmarschall mehr an Zulagen fordern
würde. Dazu die Spannung, die ich
immer habe, da ich immer mit den so
unverdienten und verletzenden
Ausbrüchen rechne. Und es war ganz
anders: kein Unmut, kameradschaftlich.
Wohl der erklärlichste Wunsch, beim
Fleisch etwas zu tun -- Sauckel hat mal
wieder eine Meldung nach oben gegeben,
daß in Thüringen Rekordernte,
desgl. in Frankreich und, wie ihm Peuckert
gemeldet habe, desgleichen in Russland.
Wenn Sauckel so weiter macht, verliert er
jedes Ansehen oben. Ich lasse es
geschehen. Man muß Besserwisser, die
keine Verantwortung tragen, "sündigen
lassen". Sie bringen sich heute im 5.
Kriegsjahr selbst mit solchen
törichten "Meldungen", die nebenbei
ungermanisch devot klingen, um ihr
Ansehen. Ich konnte eine Reihe wichtiger Fragen
erledigen, so Italien, Führerpaket,
Geflügelhaltung usw. Italien fordert
1,7 Mill. t. Getreide, 300 000 t
Kartoffeln und Ölfrüchte.
Vorjahr 300 000 t Getreide gegen
Rücklieferung von 200 000 t. Das war
die schlechte Nachricht, die ich gleich
Sonntag Abend bekam. Ich habe nun 75 000 t
als Ersatz für 300 000 t Kartoffeln
ausgespuckt und außerdem 75 000 t
bezw. 90 000 darüber hinaus aus
Ungarn den Italienern bewilligt.
Hoffentlich bringt es nun der Botschafter
Clodius fertig, die weiteren Wünsche
abzuwehren, die Höhe insgesamt und
etwaige kleinere Forderungen zunächst
zurückzustellen bis Februar.
Besonders hat mein Argument beim RM
gezogen, daß wir ja praktisch mit
Bewilligung die frühere Politik des
Duce desavouieren. Dieser war
anständig und verlangte für das
kämpfende Land nur 300 000 t oder
richtiger 100 000 t, denn die andern
mußten ja wieder
zurückgeliefert werden. Ich kann mich des Eindrucks nicht
erwehren, daß die jetzige Regierung
uns mit ihrer Forderung bewußt
vertragsbrüchig machen will, um aus
dem Krieg rauszukommen. Deshalb bin ich
für kleine Gaben, für Stottern.
Bei Kartoffeln ging es nicht, denn diese
müssen ja sofort -- vor dem Frost --
geliefert werden. Daher und auch weil ich
sie nicht habe, habe ich sie in Getreide
gewandelt. Bitter genug. Bei Ungarn
mußte ich etwas nachgeben, weil auch
hier -- nur für die Batschka --
vertraglich festliegt, daß Italien
mit 30% an der Ausfuhr partizipiert.
Außerdem schuldet uns Italien noch
160 000 t. Hoffentlich geht das alles
gut. Sehr viel mehr Sorgen macht meine
frühere Heimat [im Osten]. Du
verstehst diese Umschreibung. Wenn ich
dort Terrain verliere, wird die Lage auch
in meinem Sektor sehr ernst. Die
Nachrichten von dort sind nicht gut. Nicht
erschütternd, aber wir retirieren.
Wenn es wirklich so weit geht, wie jetzt
Linien gebaut werden sollen, muß ich
die Segel streichen. RM hat völlig
die Rückwirkungen für mich
übersehen. Er sagte mir noch beim
Abschied, daß er höheren Orts
vorstellig werden will. Wie ich jetzt nach Hause kam,
mußte ich immer einem Gedanken
nachhängen. Mein Dortsein hat mir
gezeigt, daß der Ernst der
Gesamtlage eine andere Bewertung der
tatsächlichen Leistungen und
scheinbar auch meiner Person gebracht hat.
Vielleicht ist es darauf
zurückzuführen, daß ich
zwar mit großen Sorgen, aber
verhältnismäßig gelassen
und ruhig bin. Was wäre auf einen
solchen Vortrag noch vor einem Jahr --
ganz abgesehen von vor 2-3 Jahren --
erfolgt? Jetzt wertet man sachlicher, der
Ernst gebietet es. Man hat den
"Optimismus" Arbeit und meinen
Grundsätzen gewonnen, vielleicht
sogar mehr, denn ich bin bis oben hinauf
anders -- gleichwertiger -- bewertet. Es
ist nicht persönliche Eitelkeit, die
mich das aussprechen läßt, denn
wo ist bei dem heutigen Ernst des
äußeren Kampfes noch Raum bei
einem Menschen wie ich für Eitelkeit.
Der andre Kampf aber steht ernst. Wenn Goebbels jetzt schreibt: zu Anfang
des Krieges, da war das Risiko der
Niederlage am größten, damals
schien es unmöglich, einen solchen
Kampf von der engen Plattform des Reiches
aus zu gewinnen, aber nicht jetzt, wo
unsre Armeen in Feindesland usw. -- so ist
das eine Blasphemie. Denn wie hat er den
Sieg Tag für Tag vorweggenommen und
damit den Kampf bagatellisiert. Wenn wir
so im Kampf um die Machtergreifung
gehandelt hätten, wäre der
Umbruch nie gekommen [. . .] Und doch ist der Gedanke richtig.
Falsch ist, daß wir den Ernst damals
durch "Optimismus" verschleiert haben, und
daß wir so die eigenen Gefangenen
unsrer dürftigen und ungermanischen
Propaganda geworden sind. Daß wir
statt durch Herausstellung des Ernstes in
einer Zeit, wo einige Hunderttausende
bester Soldaten und damit bester nat.soz.
Kämpfer -- selbst wenn sie nicht in
der Partei waren, ja selbst wenn sie gegen
die Partei "meckerten" -- noch lebten,
durch diese Herausstellung den totalen
Krieg in echtesten und tiefsten Sinne
verwirklichen konnten, statt dessen mit
"Optimismus" diese Quellen
größter Kraft verschüttet
haben. Jetzt müssen wir den Ernst
aussprechen, ohne genügende
Kämpfer zu haben und nachdem wir die
Masse ohne Halt nunmehr aus
Luftschlössern, die wir ihr gebaut
haben, in die "Tiefe" der Realität
"stürzen". Soll man sich da wundern,
wenn dem Volk die Nerven durchgehen? Wenn
man den Ernst durch Flugblätter aus
heiterem Himmel durch die Türspalten
vermittelt? Ich
saß beim Essen rechts vom RM, links
der Eichenlaubträger Oblt. Dr. Kupfer
(Stuka) [muß heißen
Oberst Dr. Ernst Kupfer, rechts],
den ich mit seinem ganzen Geschwader vor
einem halben Jahr nach Tirol eingeladen
hatte. Dieser sprach erfreulich deutlich.
Er sagte, daß wir zu vornehm seien,
die Bevölkerung dazu zu zwingen, wie
der Gegner es täglich mache. Daraus
die sogenannten "Durchbrüche", die
keine sind, weil vorn nichts wäre und
der Sowjet nur tastend in leere Räume
"eindringe". Er übte härteste
Kritik an den Truppenführern
draußen, denen der Schneid fehle.
Beweis: die SS-Einheiten. Wo eine Division
panisch zurückging, hielt das Ganze
eine Kompagnie Totenkopf. Überhaupt
würde von der Luftwaffe nur noch die
SS anerkannt. Die bauten Stellungen bis
zum Vergasen, die holen die
Bevölkerung ran, auch wenn mit der
Pistole. Aber Durchbrüche gäbe
es bei ihnen nicht. Wenn sie aber weg
seien, dann spätestens in drei Tagen.
. . Es waren hohe Offiziere dabei: alle
stimmten zu. Man könnte sagen: du
hast gut zu reden und jene liegen im
Dreck. Jedoch gegenüber einem Oblt.
Kupfer, dem Stuka-Geschwaderführer,
der hoffnungslose Angriffe täglich 5
[mal?] gegen Stalingrad, am Kuban,
bei Jsjmir, Bjelgorod, Orel, Wjasma,
Charkow usw. geflogen hat, kann man das
nicht sagen. Diese seine Leute opfern sich
bei jedem Flug ohne Hoffnung, wenn
Abschuß gelingt. Sie haben das Recht
auf Kritik. . . Mir hat dieses
Gespräch sehr, sehr zu denken
gegeben. "Es ist der Geist. . ." Und wir
haben ihn nicht mehr vorne in der Masse,
weil wir ihn durch Bagatellisieren,
Unterstützungen, "Betreuung",
Geschenke usw. ertötet haben. Leben
steht höher im Kurs aus Aufopferung
für eine Idee. Dann das Leben wird ja
durch KdF, Materialismus, Zuchtlosigkeit
in der Liebe usw. usw. so "schön", so
"leicht" gemacht. Daher sind so viele
hinten. Das sagt nichts gegen viele,
viele, die draußen bis zum Letzten
für Führer und Volk kämpfen
und sterben. Die trotz der Versuchungen
eines leichten und minderen Lebens aus dem
Blut heraus für das Ganze, für
das Grosse ihr Leben voll einsetzen. Unsre
Wehrmacht und ihr Führerkorps ist
nicht in Ordnung. Damit es in Ordnung
kommt, deshalb diese Härte. Man macht
es uns allen so schwer, den "inneren
Schweinehund" zu bekämpfen. Nun will ich schließen. Es ist
1/2 12 Uhr abends. Eben ist die
Verdunkelungs-Erleichterung aufgehoben.
Also in den Keller. Im Übrigen ist
die Auffassung, daß die Abwehr erst
am Anfang ihres Ausbaus steht. Das
wäre eine sehr gute Botschaft [.
. .] Berlin, 5. September 1943 Ich habe mich gestern mit Mudracks
[Mudraks] Hilfe angeseilt und den
grössten Teil der Dachsteine
geborgen. Leider ging das nicht bei den
Beschädigungen auf dem höchsten
Dachboden . . . weil ich mich zwischen den
Dachlatten doch nicht durchzwängen
konnte, wie ich das aus meiner
Jungenserfahrung zunächst
glaubte. Am Dienstag fahre ich vermutlich nach
dem H.-Quartier, dann per Flugzeug an die
Front: Süd und Mitte. Sowohl zu
meinen Männern (Körner und
Wagner) als auch zu den Befehlshabern der
Heeresgruppen. Das wird ja ziemlich lang
und anstrengend sein. Muß aber
erfolgen. Ich habe da Sorgen. Aber
vorläufig nichts Kritisches. Berlin, 26. September 1943 Die Zeitungen "drehen wieder auf".
Verkürzung der Front, Einsparen von
Reserven. . . O wie gern würde ich es
glauben! Tatsache ist, daß
Rückmarsch in Ordnung geht, und die
Soldaten nach wie vor sich absolut
überlegen fühlen. Ich selbst
verliere natürlich viel. Nur ein
Bruchteil kann abtransportiert werden. Ob
das andre zerstört werden kann bei
der Schnelligkeit der Bewegungen, das
steht dahin. Ich will es wenigstens
hoffen. Städte werden gründlich
zerstört, dort ziehen ja auch Truppen
durch. Dasselbe -- zerstören -- soll
nun auch im Süden stattfinden
(Italien), aber ich habe dort noch keine
Leute. Den Befehl erhielt ich erst durch
Telefon RM am Donnerstag nachts. Der Ausfall der Ölsaaten wird sehr
bitter sein. Das Getreide trifft mich
natürlich sehr stark, aber es steht
dem die gute europäische Ernte
gegenüber. Dann Fleisch, Butter,
Kartoffeln usw. usw. Dazu ist nach neuster
Schätzung deutsche Kartoffelernte nur
50 Mill. t. gegen 66,3 im Vorjahr. Es wird
also sehr hart. Am Freitag mußte ich vor den
Propagandisten sprechen. Meine Rede war
mäßig. Es ist schon rein
psychologisch schwer zu reden, wenn einem
die Sorgen über den Kopf wachsen.
Dazu will dieses Auditorium ja Propaganda,
also letztlich: Verschleierung. Ich habe
natürlich offen gesprochen. Sehr gut
soll Goebbels gesprochen haben, wie mein
Mann mir meldete. Der Erntedank soll nun doch in Berlin
stattfinden. Am 3.10. ---- Geärgert hat mich sehr, daß
wir nur 3 Ritterkreuze erhalten. Nur im
Reich. Keiner meiner Leute draußen.
Es liegt darin eine solche
Nichtanerkennung der Leistung dieser
Männer. Dafür erhält es
Gauleiter Koch. Von uns nur ich und
Zschirnt. Das aber nur für Dich.
Riecke versucht noch, über RM
für Küper und Körner eins
zu bekommen. Wahrscheinlich hoffnungslos,
da Entscheidung schon gefallen. Meissner
-- der m.E. dieses bewerkstelligt hat --
stellte anheim, zum nächsten Termin
-- 30.1.44 -- wieder einige einzugeben.
Meine Ausführungen, daß wir in
der Landwirtschaft im Gegensatz zu den
andern Sparten eben nur einen Termin
hätten -- den Erntedank --
berührte ihn nicht. Nun ist die Lage
oben so verschlossen und
zurückgezogen, daß ich bei
dieser Lage deswegen nicht verantworten
kann, mich nach oben zu wenden. Du wirst
Dir schon denken können, was ich
hiermit sagen will. [. . .] Unklar ist die
politische Lage. Zweifellos sind
große Differenzen zwischen den
Alliierten. Das ist natürlich ein
Lichtblick. Ob daraus aber einmal
Tatsachen werden -- wer weiß das. Im
übrigen müssen wir kämpfen
auf Tod und Leben. Vielleicht verlangt das
Schicksal, bevor es uns den Sieg gibt, den
letzten, den allerletzten Einsatz, weil
nur so wir als Volk intakt bleiben, das
deutsche idealistische Wesen nicht
überschwemmt wird. Aber diese
"Überschwemmen" machen wir doch
selbst. Deshalb ist das alles so schwer zu
tragen. Wenn ich sehe, daß nur dort, wo
unter vollem Einsatz konsequent gearbeitet
und geleistet wurde, die Dinge noch im
großen Rahmen intakt sind, dann
kommt immer wieder die Frage: mußte
es denn sein, daß in den anderen
Sektoren -- so auch Wehrmacht -- so wenig
getan, so wenig vorausgeschaut wurde? Und
wenn wenigstens jetzt in zwölfter
Stunde die Unfähigen abgesägt
würden. Mir bleibt das
größte Rätsel, daß
bei dem großen Heer, das wir haben,
wir es nicht schaffen, Schwerpunkte zu
bilden. Ist der Rückzug im Osten ein
Anfang, konsequent zu Schwerpunktbildung
zu kommen, so ist es gut, trotz allem, was
wir auf die Dauer verlieren. Die Presse
erhält Richtlinien, in denen dieses
anklingt; ist das aber Konsequenz oder
wieder Propaganda? Man ist so
mißtrauisch, wenn die Propaganda
Parolen ausgibt. Meine -- und nicht nur meine -- einzige
Hoffnung ist, daß der Führer
selbst die Tatsachen sieht und handelt. So
in Italien. Musso ist meines Erachtens nur
eine Figur. Wir werden -- wie Dr. Goebbels
vertraulich sagte -- nur den deutschen
Interessen dort zu dienen haben. Alles das
gibt Kraft. [. . .] Nun ist es bereits Sonntag: 2 Uhr
nachts und Luftalarm. Ich habe wieder
einen bösen Tag hinter mir. Aber heut
Abend war es schön: ich war zum
Abendessen bei Kehrls geladen --
allein. Wir haben wieder unsre alten Probleme
gewälzt. Es scheint nun so weit,
daß Speer die Produktion
übernimmt, ein Planungsamt unter
Kehrl errichtet und Funk die
Handelspolitik und Kredit- und
Bankenpolitik erhält. Das bedeutet
wahrscheinlich, daß ich meine
Handelspolitik u. Aufsicht über die
landwirtschaftlichen Banken verliere. Vorgestern
war nun [SS Gruppenführer
Otto] Ohlendorf [Chef Amt III des
RSHA, rechts] bei mir und
warnte mich dringend. Vor diesem Plan und
vor dem Asphaltintellektuellen Kehrl. Die
Reise ginge gegen die Mittelstandpolitik
und für Konzerne, überhaupt
für Zentralismus. Mag sein. Ich sehe nur eines: die
Notwendigkeit des deutschen Sieges. Hierzu
bedarf es der Konzentration.
Natürlich wäre es theoretisch
besser, der Wirtschaftsminister
übernähme den
Rüstungsladen, so wie ich ja auch die
Ernährung der Armee habe. Aber was
nutzt saubere Organisation, wenn man um
die Personen nicht herumkommt. Und hier
steht es so: dem klugen und
wirtschaftspolitisch beschlagenen Funk,
der aber absolut inaktiv ist -- sonst
gäbe es keinen Munitionsminister --
steht der nicht grundsätzliche und
volkswirtschaftlich gefühllose, aber
aktive und für den Krieg
entscheidende Speer gegenüber. Ohlendorf sagte zu mir: Sie haben Ihre
Erfolge, weil Sie grundsätzlich Ihre
Aufgaben von vornherein angepackt haben.
Jene sehen nur den Ausstoß, d.h. die
Folgen. Richtig. Aber wer soll heute im 5.
Kriegsjahr die Wirtschaft noch
grundsätzlich ausrichten? . . . Auch
Du, Ursel, wirst nicht meiner Meinung
sein. Ich weiß das. Es ist alles
leichter gesagt, als das wieder
zurückgedreht, was man zehn Jahre
versäumt hat. Wenn ich 1933 gesagt
hätte: am meisten leisten an
Ernährungsgütern -- da
produktions- und
erfaßungsmäßig am
einfachsten - für die Armee und die
Stadt die großen
selbstbewirtschafteten Domänen
ähnlich wie das Forstamt aus
demselben materialistischen und auch
sachlich falschen Grunde für
Staatswald eintritt, dann hatte ich nach
Ertötung des leistungsfähigen
Bauerntums und der Privatgüter nicht
jetzt im 5. Kriegsjahr sagen können:
nunmehr stelle ich um. Denn dann
läßt es sich nicht mehr
umstellen im Kriege, da sonst Anlaufzeiten
und Verluste entstehen, die nicht
aufgeholt werden können. So ist es
jetzt im Wirtschaftssektor. Die
Rüstung ist dank Wehrmacht und
Luftwaffe in Großkonzerne verlagert.
Das ist leider nun mal passiert. Jetzt muß der Krieg gewonnen
werden. Das wird sehr, sehr schwer. Es ist
Ungeheuerliches versäumt worden, und
deshalb muß wenigstens in
zwölfter Stunde eine Führung der
Wirtschaft entstehen. Vielleicht tue ich
das alles und helfe Kehrl, weil ich stets
das Ganze über das Einzelne stelle.
Vielleicht ist das für den einzelnen
Sektor schwer; aber was soll der "Sieg"
des einzelnen Sektors, wenn das Ganze
verlorengeht. Wenn ich irre, so mag man
mich verurteilen für diese im Dritten
Reich nicht geschätzte Eigenschaft:
dem Ganzen dienen. Kehrl meinte, der
Führer wäre doch davon
abgekommen, die Zyklothymen zu
überschätzen: sie hätten
mit ihrem "Optimismus" und "Halbstarksein"
enttäuscht. Hoffentlich. Manchmal
packt mich das Grauen, wenn ich sehe
daß man selbst jetzt nach den
russischen Erfolgen der Rüstung nicht
sieht, daß es sich dabei nicht um
"Improvisation", sondern lediglich um
systematische und brutale Planung handelt.
Und wir improvisieren weiter. Goebbels
propagiert das noch, ohne zu sehen,
daß wir bisher gar nicht geplant
haben, sondern nur improvisiert. Muß denn Deutschland und das
ganze Werk des Führers an solchen
Dingen scheitern? An der hoffnungslosen
Unzulänglichkeit der
Unterführer? Kehrl las mir sein
Vorwort einer Denkschrift vor, die Speer
veranlassen soll, sein Ministerium nicht
nach den "organisch gewachsenen
Zuständigkeiten", die sich
hoffnungslos überschneiden, sondern
nach klaren Aufgabengebieten zu
organisieren. Das man so etwas im 5.
Kriegsjahr noch sagen muß! Wenn ich
so regiert und gearbeitet hätte,
wäre der Krieg schon vor mindestens
einem Jahr verloren gewesen aus Versagen
der Ernährung. Und jetzt? Jetzt soll
ich in die Bresche springen. Anerkennung?
Die wird mir, dem Reichnährstand und
dem Bauerntum nie zuteil. Ist auch
unwesentlich. Wo sind schon bei
Lebenszeiten Leistende anerkannt worden?
Aber es nicht sehen und immer wieder der
das Wesentliche nicht als
alleingültig in Vordergrund stellen
-- das ist tragisch und kostet uns heute
Hunderttausende von Menschen. Im
übrigen müssen wir das
nächste halbe Jahr eisern
durchkämpfen. Wir müssen solange
die Schäden der Vergangenheit --
dieses Nichtsehen des Grundsätzlichen
-- auf uns nehmen. Schaffen wir's, so
glaube ich, ist der Krieg entschieden.
Dann werde ich ohne jede Rücksicht
für die naz.soz. Grundsätze auch
in der Wirtschaft kämpfen. Also heute
zu feige? Ich kämpfe ja darum in
meinem Sektor. Ich kann nicht heute, wo
eine Welt gegen uns steht, gegen andre
Deutsche kämpfen. Ich hätte es
vorher noch stärker tun müssen.
Ich hätte Darré noch im
Frieden stürzen müssen. Ich habe
in meinem Sektor keine Kompromisse
gemacht. Ich mußte ihn zuerst
festigen. Ein Übermensch bin ich auch
nicht. Im Osten war vor paar Tagen die
schwerste Krise dieses Krieges. Sie ist
behoben. Die Russen hungern und werden
alles einsetzen, auch im Winter. Dann --
wenn wir das überstehen, ohne ihnen
Land und damit Nahrung zu geben -- ist es
aus mit Russland. Die große
Belastung sind die Fliegerangriffe. Die
Abwehr dagegen wächst. Möge sie
genügen, bis wir soweit sind. Ich sage mir, daß wir
kämpfen werden, wenn nicht anders, so
bis zum letzten bittern Ende. Bis zum
letzten Mann. Ich fürchte das nicht.
Aber mein Herz krampft sich zusammen, wenn
ich denke, daß das das "heldische"
Ende sein soll. Pessimismus? Nein. Aber
man muß den letzten Abgrund sehen,
die letzten Tiefen erfühlen, wenn man
in sich die letzte Härte aufbringen
soll. So bin ich jedenfalls beschaffen.
Ich bin kein Dickhäuter, an dem alles
gleichgültig abprallt, oder der in
seiner Ichbezogenheit oder Eitelkeit --
wie man es will -- kein Gefühl mehr
hat für die großen Spannungen
einer Revolution, für die
Geburtswehen einer neuen Welt. Die wir
Wenigen schaffen müssen, sonst lohnt
das Leben nicht. Es ist eben entwarnt. Warum mag der Führer nicht
Männer, die so sind? Das ist keine
Anklage. Wieviel könnten wir ihm mehr
geben. Und das liegt an uns ebenso sehr
wie am Führer. Ich kann mich nicht
vordrängen. Die Angeber, die
"Optimisten", die werden dem
Leistungsmenschen, der stets nur die
Leistung für sich sprechen
läßt, stets überlegen
sein. Ich denke so oft an Heydrich, und
was er damals sagte. Er ist erst
anerkannt, als er auf der Bahre lag. Genug davon. Es ist schon 1/2 4 [.
. .] Die Bonzen fahren hier ihre Möbel
weg. Es wirkt erhebend. Unsre Möbel
usw. mögen verbrennen. Als Tribut an
die Gerechtigkeit. ----- Berlin, 14. November 1943 Das Reisen ist heute unmöglich und
auch aus notwendigen Rücksichten
untunlich. Die Lage ist doch sehr, sehr
ernst. Ich selbst werde
möglicherweise auch nicht fahren . .
. Shitomir besetzt. D.h. ein Einbruch in
die Ernährung der in seiner Tragweite
gar nicht schwer genug gesehen werden
kann. Bei K. ein Loch von 200 km und 60 --
80 tief. Die Dinge nehmen eine Wendung,
die nur durch härteste und tapferste
Haltung einen Ausgleich finden kann. Die
unten gehörten Vorträge waren
mit einer Ausnahme -- ich brauche ihn wohl
nicht näher zu kennzeichnen --
positiv, aber sehr ernst. Der eine war ein
volles Eingeständnis eigener
Unzulänglichkeit und leider unserer
Schwäche auf diesem
Gebiet. . . Gut, daß
Optimismus da ist, nur soll er sich im
Durchhaltewillen äußern; nicht
mehr. Alles andre wäre nur
Selbsttäuschung. Ich halte die
Rückzüge im Osten für
strategisch noch nicht mal ungünstig,
wenn kein Bergrutsch daraus entsteht.
Deswegen ist die Aufgabe dieser Gebiete
ernährungsmäßig der Beginn
von 1917. Ich klammere mich daran,
daß es mir nicht verwehrt wird, die
Konsequenzen auf meinem Gebiet zu ziehen
-- Senkungen auf der ganzen Linie, und
dazu eine der schlechtesten
Kartoffelernten. Ich hoffe, daß das
Volk auch dran -- und das wird sehr hart
-- weiter hält und leistet. Schlimm
ist, daß gar kein Ende dort
abzusehen ist. Wo bleiben wir stehen?
Front und Partisanen haben sich nur
vereinigt. Der geplante Gegenstoß
scheint durch die Entwicklung bei K.
gewandert oder nicht durchgestoßen
zu sein. Hoffentlich sind meine sehr
ernsten Sorgen wenigstens zu einem
entscheidenden Teil
falsch. . . Wir müßten jetzt und zwar
jeder die größten, ja
menschenunmögliche Opfer auf uns
nehmen. Der Führer ist gegen sich
hart wie Stahl. Wenn wir das nicht auch
gegen uns sind und zwar alle -- wird das
Schicksal ihn als den Größten
bezeichnen, aber über uns
hinweggehen. Wir dürfen uns nicht
[auf] übertroffene Hoffnungen
auf Vergeltung, Abwehr usw. verlassen. An
uns liegt es. Ich werde von der
Landwirtschaft und den Selbstversorgern
Unmögliches fordern, das aber
möglich gemacht werden muß. Was
hat schon die Heimat -- selbst bei
Bombenangriffen -- bisher mitgemacht gegen
das Unaussprechliche, was unsre
Ostsoldaten jetzt -- und bei der kommenden
russischen Offensive im Winter --
mitgemacht haben oder mit machen werden.
Jene stehen auf hoffnungslos verlorenem
Posten, wenn wir sie allein
lassen. . . Deshalb muß jetzt alles
zurückgestellt werden, jedes einzelne
Schicksal. Wir müssen jetzt bis zur
Neige das auf uns nehmen, was dort im
Osten seit Jahren und namentlich jetzt der
einsame Soldat tut. Nur dadurch geben wir
ihm Kraft, sich weiter zu opfern. Und,
Ursel, ich fürchte, sie werden sich
für den Sieg noch alle -- Mann um
Mann -- opfern
müssen. . . Man fürchtet, daß durch ein
Wort an einen geliebten nahen Menschen der
eigne Halt reißt. Wissen und doch
Andern Kraft geben müssen, das ist
das schwerste. Der Führer kann es.
Das beweist noch einmal seine
Münchner Rede. Psychologisch: er
bricht die Brücken für sich
selbst ab. Das ist wahrscheinlich das
Primäre. Er zeigt damit auch dem Volk
den einzigen Weg. Aber das Volk sieht es
noch nicht. Denn dieser Weg wird so
grauenvoll sein, das wir ihn nur mit sehr
tapferem Herzen werden gehen können.
Nicht Optimismus war in den Worten des
Führers sondern sie waren Ausdruck
seiner Entscheidung, daß er auch in
der jetzigen und kommenden Lage
kämpfen wird und nicht "flieht".
Niemals wird die Welt erfahren, was er
durchgemacht und aus welchem Abgrund
heraus er Deutschlands Banner wieder
aufrichtet. Friedrich der Grosse konnte
einen Staat verlieren und schrieb damals
sein Testament. Der Führer kann das
Volk verlieren, und das ist das Ende nicht
nur des Abendlandes, sondern des Lebens
schlechthin . . .. So steht jeder von uns,
der weiß, in der ungeheuren Spannung
zwischen ihm, der das Schicksal bejaht,
und dem Volk, das das Schicksal noch nicht
mal ahnt. Dessen Ahnung durch Propaganda
ertötet wurde und wird. Mich selbst mag der Führer nicht,
ebenso wie das Bauerntum. Der Verstand bei
ihm bejaht es vielleicht. Sein Herz
gehört nicht uns. Die Anerkennung
Heydrichs kam auch aus dem Verstande, es
sei denn, daß er in ihm als dem
stellv. Reichsprotektor den politischen
Menschen erkannte und ihn wie einen
Gauleiter wertete. Das Politische im
Bauerntum -- und in mir -- wenn ich das
einmal unbescheiden schreiben darf - sieht
oder anerkennt er nicht. So ruht auf mir
dieses noch zusätzlich als schweres
Gewicht . . .. Die zerstörten Städte sollen
noch schöner aufgebaut werden! Die
Urkraft aber und die Grundlage des Volkes
und der Volkswirtschaft -- das Bauerntum
(auch bombengeschädigt) und die
Landwirtschaft -- gehen leer aus. Obgleich
das Zeitalter, das jetzt eingeläutet
wird -- das Zeitalter des Erzeugens und
nicht des Handels ist. Es liegt eine Tragik in meinem ganzen
Tun. Ich sorge mich um die Kartoffeln und
Zwiebeln und Kohl usw. und
tatsächlich sorge ich mich durch
diese Sorgen um ganz Anderes. Um das
Biologische. Nur in seinem realen Gewande.
Die Andern lebten Ideologien nach, und
diese sind als lebensfeindlich mit den
engl. Bomben auf unsre Städte
zusammengebrochen. Deshalb haben sie
versagt in der großen
Auseinandersetzung. Statt aber Konsequenz
daraus zu ziehen, werden neue, und doch
dieselben Ideologien wieder als
Silberstreif an den Himmel
gemalt. . . Wenn der Sieg bisher nicht errungen
wurde, wenn er sogar jetzt umstritten
erscheint, so nur deshalb weil das Ziel
dieses Sieges mit dem notwendigen Ziel
eines völkischen Sieges unvereinbar
war. Würde man das richtige Ziel
einer tatsächlichen völkischen
Erneuerung im Auge gehabt haben, so
hätten die andern Sparten -- als
Dienende -- nicht versagt. Bin ich der Geeignete, um diese
Erkenntnisse durchzukämpfen? Sicher
ist, daß ich diese Erkenntnisse
allein gehabt habe. Das war oder ist mein
Schicksal, meine Aufgabe. Ob ich es
durchkämpfe? Ich zweifle daran. Dazu
fehlt mir das unreale Denken und daraus
die Unbekümmertheit der aus Instinkt
Handelnden. Ich bin Erkennender. Da ich
das bin, stelle ich wahrscheinlich zu hohe
Ansprüche an den Nachfolger und finde
ihn nicht. Welcher Unterschied ist zwischen einem
Sieg Ley's und Stalins. Masse und
Kollektive in beiden Fällen, und
Entpersönlichung. Nur bei Stalins
Sieg werden wir alle uns bis zum letzten
Bluttropfen aufbäumen und vielleicht
wie die Goten untergehen, beim Siege Leys
werden wir, ohne es zu merken, amorphe
Masse, bolschewistisches Chaos. Das
letztere ist sicherer Untergang, denn es
geschieht angeblich im Namen des
Führers. . . Berlin, 15. November 1943 Übrigens [Friedrich]
Landfried ist zurückgetreten.
Staatssekretär im Wirtschaftsm. wird
an seiner Stelle Dr. Hayler, bisher Leiter
des Einzelhandels. Du kennst ihn ja. Er
nimmt [SS Gruppenführer Otto]
Ohlendorf mit. Ich begrüße
diese Veränderung, obgleich zum
Reichsnährst. Differenzen entstehen
werden. Aber für das
Grundsätzliche: Privatwirtschaft
gegen Kollektive bezw. Staatskapitalismus
ist die Lösung gut. Außerdem
ist Hayler Nazi und jung und
ungebrochen. . . Morgen gebe ich ein Frühstück
für den ungar. Staatssekretär
Juracek, dann Vortrag von ihm bei uns im
Sitzungssaal, abends wieder eine Einladung
von mir mit einigen Dutzend Gästen.
Übermorgen Fahrt nach Dummersdorf,
abends Essen beim ungar. Gesandten.
Für mich sind das immer starke
Belastungen, zumal ich sehr schlecht
schlafe; Herzbeschwerden. Zur Lage hatte ich Dir gestern
geschrieben. Es ist heute gleich trostlos.
Manchmal habe ich das Gefühl,
daß der Führer bewußt die
Dinge im Osten nicht wiederherstellt, da
er sich daraus die Vertiefung der
Differenzen zwischen den Alliierten und
ein Zusammenrücken der
europäischen Länder verspricht.
Es ist kein Zweifel, daß sich auf
politischem Gebiet doch gewisse Spannungen
bemerkbar machen: 1. die Amerikaner werden
den Krieg in Europa leid, da einmal er
sich -- Italien -- hinzieht und sie Gefahr
laufen, daß bei längerer Dauer
des Kriegsrausch so nachläßt
(Verluste), daß sie das Volk gegen
den eigentlichen Gegner -- Japan - nicht
mehr begeistern können; zum zweiten
wirken die Schläge der Japaner gegen
die USA-Flotte in der gleichen
Richtung. 2. Auf der Moskauer Konferenz ist ganz
Europa direkt (Finnland, Baltikum, Balkan)
oder indirekt über Sowjetisierung
(Deutschland, Polen, Frankreich usw.) den
Sowjets preisgegeben worden. Viele
Engländer fragen sich nun, ob es denn
sinnvoll sei, Deutschland zu besiegen, und
an seine Stelle das viel härtere und
um ganz Europa vergrößerte
Russland als Kontinentalgegner
einzutauschen. Vielleicht spielt hier der Führer
sein größtes
politisch-diplomatisches Spiel.
Hoffentlich ist es so, und der Grund
unsrer furchtbaren Rückzüge
nicht allein unsre Schwäche, bezw.
Desorganisation in militärischen
(Millionen von Heimattruppen, die nichts
tun) und wirtschaftlichen (Mangel an
Waffen). G. sagte in der Tagung in M., daß
eine quantitätsmäßige
Überlegenheit seiner Waffe niemals
mehr infrage käme, dazu die
Kapazitäten der Gegner zu groß.
Vor einem Jahr sprach er von
[amerikanischen]
Rasierklingen- und Knopffabrikanten. Es
ist schauerlich. Im übrigen sagte er,
daß er öffentlich als
Vergeltung proklamieren würde, wenn
wir mit 100 Apparaten die Insel angreifen
könnten. Das alles strengstens. Nur
für Dich allein. ----- nach meiner
Reise ins
Protektorat. . . Ich werde am Donnerstag den 25.11.
morgens hier wieder eintreffen. Am 28.
werde ich aus Stuttgart zur
Erzeugungsschlacht
sprechen. . . Im Dezember werde ich am 2. in
München vor Parteikanzlei sprechen;
anschließend wahrscheinlich
Steiermark und Italien. Dann
Oberschlesien. Weihnachten hoffe ich, eine
Woche in Hornsen zu
sein. . . Berlin, den 21. November
1943 Ich komme erst morgens am 25.11. und
fahre bereits Freitag, 26.11. nachmittags
nach Ulm. Dann Württemberg und Baden,
anschließend noch ein Vortrag vor
Parteikanzlei in Feldafing. Es hat daher
keinen Zweck, daß Du kommst.
Insbesondere bei den jetzigen
Bahnverhältnissen. Ich bin am 3.
Dezember früh wieder in Berlin. Zwar
habe ich für den 4. Dezember für
eine weitere Woche mich nach Steiermark,
Triest, Bozen u. ital. Hauptquartier mit
Reichsführer zusammen verabredet,
aber ich muß das absagen, da ich
körperlich nicht mehr durchstehe. Ob
es die verdrängte Erkältung ist,
die gerade heute wieder Blüten
treibt, weiß ich nicht. Ich bin auch
seelisch völlig fertig. Dabei gestehe
ich, daß ich zum größten
Teil selbst schuld bin: Ausschweifungen
Alkohol, Nikotin, zu spätes
Schlafengehen. Ich bin so labil, wie
ich. . . SEITEN 38 bis 43 nicht
kopiert [. . . ]
Invasion. Ich selbst glaube es erst, wenn
sie wirklich da sind. . .
Telefon wird nun so eingeschränkt,
daß es mir nicht mehr möglich
sein wird, bei Dir
anzurufen. . . Ab und zu
lasse ich Dir Dinge
schicken. . .
Rundfunkplatte über mich in der Serie
"Marschallstab im Tornister" am 1.5.
. . . Berlin, den 17. Mai 1944 . . . Die Reise war
sehr anstrengend. Immer dasselbe:
Überladung der Programme, dauernde
Gespräche, dabei stets Gauleiter
anwesend. Eine Jagd auf Auerhahn wurde
auch noch eingelegt, so daß ich nach
einem Dorfabend und anschließendem
Abendessen beim Kreisbauernführer im
großen Kreise schließlich 2
Uhr nachts ohne mich hinzulegen einen
Aufstieg -- sehr steil - von einer Stunde
hatte. 1/2 7 endlich zu Hause, 1 1/2
Stunden Schlaf und weiter Besichtigung bei
strömendem Regen. Sonst war die Reise
sehr interessant. Der Gauleiter gegen
Reichsnährstand eingestellt, aber
Niveau, und ich glaube, er hat mich von
einer Seite kennengelernt, die ihm neu war
und sicher ihre Früchte noch tragen
wird. Hier natürlich wahnsinnige Arbeit.
Alles aufgestaut. Dazu gestern Geburtstag
von Muhs, der bis in den frühen
Morgen dauerte. Man verschwendet seine
Zeit und ist kameradschaftlich oft, wo es
nur belastend ist und das Niveau nicht
lohnt. Ich werde kaum dieses Leben lange
aushalten können. Aber es ist so,
daß man sich in die neue Lage erst
reinfinden muß und daraus die
nötigen Konsequenzen ziehen
muß. Das Redenhalten ist für
mich eine wahnsinnige Belastung. Ich
muß mehr absagen. Daß meine
Rundfunkrede Dir gefallen hat, freut mich.
Im Wesentlichen von Riecke gemacht, aber
Anfang und Ende ganz von mir. Sie
können es eben nicht. Nächstens
muß ich nun vor den
Propagandaleitern wieder mal sprechen.
Morgen werde ich für die Wochenschau
gefilmt. Ziemlicher Unsinn, wie ich
annehme. . . Es ist
wirklich schwer, Minister zu sein. Das vertrauliche Rundschreiben an
Ortsgruppenleiter kenne ich. Es ist
für ganz Deutschland herausgegeben,
also nicht speziell Hannover. --- Anscheinend soll es nun doch ernst
werden mit der Invasion. Der 18.5. wird
genannt, also morgen. Ich glaube erst dann
daran, wenn sie wirklich gelandet sind.
Sicher ist, daß die Bombenangriffe
erkennen lassen, daß etwas
bevorsteht. Ich glaube auch, daß der
Grossangriff in Italien damit
zusammenhängt. Unsre Generäle
sind ausnahmsweise sehr optimistisch. Aber
na, Du weißt ja, was ich von ihnen
halte. Immerhin sind größte
Vorbereitungen unsererseits gemacht. Ich
habe keine Sorgen. Hier wünschen
alle, daß es kommt. ---- Innerlich natürlich eine ungeheure
Spannung, die auch dazu . . ... SEITEN 45 bis 47 nicht
kopiert [Juli 1944] [. . .] Seien. ---
Der Graf von der Schulenburg, der bei mir
eine Zeit lang die Abteilung Personal und
Etat führte er kam dann zu General v.
Unruh, ist verhaftet; soll Auftrag gehabt
haben, den Reichsführer und Stuckart
umzulegen. Und dieser Mann ist mir von der
Parteikanzlei empfohlen
worden.. . Wenn ich nur wüßte, was man
noch tun könnte, um dem Führer
zu helfen? Es kommt jetzt so sehr darauf
an, daß für den Führer und
seine Kriegsführung Bausteine
geliefert werden. Zu Guderian habe ich
großes Vertrauen. Er hat operative
Gedanken und wird deshalb die großen
Befehle des Führers in die richtige
Exekutionsmaßnahmen ummünzen
können. --- Berlin, 29. August 1944 . . . Es treten ja jetzt
gewaltige Einbrüche auf meinem
Ernährungsgebiet in Erscheinung:
Rumänien -- meine stille Hoffnung,
und nun wohl auch Ungarn. Der Balkan wird
uns wohl völlig verlorengehen. Das
hat militärisch auch seine guten
Seiten. Schlimm ist, daß immer
wieder wir uns von solchen Ereignissen
überraschen lassen.
Außenpolitisch. Du weißt, wie
sehr ich -- genau wie bei den Männern
des 20.7. -- diesen Verbündeten
mißtraut habe. Durch dauerndes
Streicheln und Nachlaufen macht man sie
nicht sicher, sondern umgekehrt. ---
[Langer Brief aus dem Zoo-Bunker am
Tage vor der
Blinddarmoperation] Berlin, den 30. September 1944
. . . Morgen werdet Ihr nun
meine Rede zum Erntedankfest hören,
die ich vor zwei Tagen auf Platten
gesprochen habe. Heute nahm ich die
Erntekrone der Landjugend in Empfang und
hatte anschließend die Feier der
Verleihung der Ritterkreuze zum
Kriegsverdienstkreuz im Saal des
Propagandministeriums. Acht Ritterkreuze:
Behrens, LBF Blöhdorn (Pommern) LBF
Huber (Kärnten), LBF Kohnert (Posen);
Dr. Brummenbaum; Dr. Pflaumbaum; Hecht und
als letzter Hauptabteilungsleiter Pehle
(Pommern) z.Zt. Leiter der Ernährung
in Italien, der das Kreuz mit Schwertern
erhielt. Riecke wurde als
Staatssekretär abgelehnt. Ich habe nach einem Musikstück
gesprochen. Es war herrlich, aber nicht
so, wie ich es im Niveau gerne gehabt
hätte. Dann sprach Dr. Goebbels sehr
herzlich (aber ohne Herz) und strich mich
wieder raus. Drei Ritterkreuzträger
des Heeres und der Waffen-SS
überreichten die Auszeichnungen. Dann
gemeinsames Mittagessen in der Kantine,
das ja nun als Eintopf in dem
durchgepusteten Raum nicht sehr feierlich,
aber kameradschaftlich war. --- Für mich sind diese Feiern eine
furchtbare Belastung. Ich bin kein Redner
und werde es wohl nie werden. Das ist auch
nicht nötig, denn meine Leistung
liegt auf anderem Gebiet. Aber das
Quälende vor und . . . . . . . .
. SEITEN 49 bis 57 nicht
kopiert[Scheinbar April 1941
gschrieben: ] . . . meinen "Zickzackkurs" sprachlos,
wagten nichts zu sagen und halten mich
für verrückt oder ahnen. Der Schweinebestand ist meine
größte Sorge. Das Heer hat 50
000 to Fleisch zuviel verbraucht (500 000
Schweine); ich habe bis 1. September 1941
ein Loch von rund 200 000 t = 2 Mill.
Schweine. Es wird sehr ernst.
Selbstversorger werden pro Kopf für
das laufende Jahr bis 1. Juli 6kg
abgezogen bekommen. Die Stadt 100 gr pro
Woche usw. Pferdefleisch wird
kartenpflichtig gemacht. Trotzdem bleibt
ein Loch -- nach Ausgabe der
Reichsreserven -- von 50 -- 60 000 t. Ich
hoffe nur, daß bis dann die Armeen
marschieren und aus Feindesland leben. Hoffentlich entstehen keine
Schwierigkeiten bei den 100 gr. Abzug. Das
wäre katastrophal. Chef hat heute die
Fleischbilanz für Führer
unterschrieben. Also alles im Rollen. Ich
komme noch darauf zurück. In der
"Schwebe" ist leider noch das Wetter.
Auswinterung nur Hannover und Prov.
Sachsen. Sonst alles gut mit Ausnahme
Ostpreußen (gestern 5 Grad Frost und
10 cm Schnee!!). Trotzdem hat mir die
Tätigkeit wieder die alte Kraft
gegeben. Und ein Weiteres. Ich habe
nunmehr die Maßnahmen Barbarossa
für Zukunft auf unserem Gebiet genau
überlegt und entschieden. Gestern bis
2 Uhr morgens ausgearbeitet im Konzept.
Ich muß so bald wie möglich
Genehmigung für meine Pläne von
Gö haben. Dann wird es eine ganz
große Sache. Ich habe --
gegenüber dem unsagbaren Druck der
letzten Monate -- nun wieder Klarheit. Die
Entschlüsse sind gefaßt; der
Erfolg m.E. sicher. Ich bin manchmal
richtig froh und glücklich über
die neue große Aufgabe, die -- falls
ich sie löse -- entscheidend auch auf
meine Stellung hier, Bauerntum usw. sein
wird. Ich muß nur die
grundsätzliche Genehmigung haben, da
es sich ja nicht um landw. Probleme allein
handelt, sondern um die gesamte
Wirtschaft. Es wird nämlich an diesem
Beispiel nun im Ernst zum ersten Mal
darauf ankommen, ob man dem
Ernährungsproblem den ihm
gebührenden Vorrang gibt. Nur unter
dieser Bedingung ist es zu lösen.
Will man auch die Industrie "voll
beschäftigen" (Barbarossa), so ist
das Problem nicht zu lösen. Man geht
dann wieder einen Irrweg, der zu spät
erkannt wird und zu jahrelangem Hunger
führt. Es ist so, daß
Darré seinen Kampf um das Primat
des Bauerntums u. der Ernährung
verloren hat (ich war zu bescheiden
damals, den Kampf an mich zu reißen)
nunmehr steht wiederum dasselbe Problem
an. Aber nicht Darré sondern ich
regiere dort. So werde ich kämpfen
und zunächst dort siegen. Daraus
rollt dann die Frage hier an. Es dreht
sich um die grundsätzlichste Frage. D
hat s.Zt. dabei versagt. Werde ich es
jetzt schaffen? Ich bin eigentlich sehr
siegesgewiß Insbesondere weil ich
Gö begleiten soll. Ich weiß, Du
wirst sagen: auf Entscheidung Gö
kommt's gar nicht an. Nicht auf die
"Entscheidung", sondern auf die
Möglichkeit, mich mit der Aufgabe
durchzusetzen. Wenn ich nur mit dem
Führer einmal eine halbe Stunde
darüber reden könnte. Günstig wirkt auf mich, daß
mich Dr. Grunwald behandelt. Also ich habe
so hohen Blutdruck. Das Vorstadium der
letzten Jahre ist überschritten ---
das sind meine Beschwerden gewesen. Ich
habe falsche Medizin genommen ----- Leider
schlafe ich wenig, wegen der Arbeit. Dabei
trinke ich zu viel Wein und vor allem
rauche zu viel. --- Es ist 1/2 12 abends und ich
müßte schlafen gehen. Aber ich
möchte noch etwas festhalten. Gestern war ich mit Fleischdenkschrift
fertig (Sonnabend und Sonntag gearbeitet).
Es drängt sehr, da Ostern u. bis
25.4. Entscheidung sein muß.
Reischle habe ich nicht zugezogen und
Narten verboten, Reichsl. zu informieren.
Ich wollte es auf Krach ankommen lassen.
Mißlungen, da R. vorgestern auf
Urlaub gefahren, so daß seine
Mitzeichnung gegenstandslos. Heute morgen bei D. Ich wollte es auf
Bruch ankommen lassen, war daher
verschlossen und unwirsch. Er unterschrieb
widerspruchslos. Sonst wollte ich sagen,
daß ich unterschreibe. Er war gar nicht bei der Sache. Klagte
gleich. Sah schlecht aus (Nase), nickte
beim Lesen und murmelte. Dann
schüttete er mitten im Lesen sein
Herz mir aus. Er hätte noch vor vier Wochen
diese Fleischsenkung nicht unterschrieben.
Aber jetzt sei er fertig. Er wolle weder
Minister noch Reichsb-F. noch Reichsleiter
bleiben nach dem Krieg. Im Krieg
müsse er noch seine Pflicht tun.
Seine Aufgabe sei gescheitert. Man
sähe oben die Probleme nicht. Er
hätte nicht die Aufgabe bekommen,
eine Kriegsernährung aufzubauen oder
die Ernährung zu sichern in einem
Krieg, über dessen Voraussetzungen
und Dauer und Schwere man sich oben geirrt
habe, sondern das Bauerntum zu retten. Und
der Anfang seiner Tätigkeit in dieser
Richtung 1933 wäre erfolgreich, da
grundsätzlich gewesen. Aber der
Führer habe Autobahnen gebaut, und
jetzt hätten wir Autobahnen, aber
kein Benzin. Und genau so sei es mit der
Wasserwirtschaft, die nun auch Todt
erhalte: Man wird später Moore haben,
aber keine Ernährung. Sein Kampf um
Blut und Boden sei vergebens gewesen und
gescheitert. Er wisse das. Und er
zöge am Tage des Kriegsschlusses die
Konsequenzen (Er sagt "wir" ziehen die
Konsequenzen und erwartete meine
Zustimmung und endete: na jedenfalls "ich"
ziehe die Konsequenzen und gehe). Sein
einziger Wunsch wäre nur noch, im
Kriege im REM seine Pflicht zu tun und uns
die Arbeit zu erleichtern. Daher
unterschreibe er auch die Denkschrift. Wie
der Krieg zuende ginge, wüßte
er nicht. Wahrscheinlich müßten
wir doch an den Verhandlungstisch. Der
Führer und Göring hätten
sich eben in den Voraussetzungen dieses
Krieges geirrt. Und deshalb solle er nun
die unmögliche Aufgabe der
Ernährungssicherung für Jahre,
die der Krieg dauert, durchführen. Er
sei ein Opfer. Hätte man damals
seinem Ratschlage folgend die
Cernowitz-Bahn bei Lemberg Stalin nicht
gegeben, so könnten wir jetzt russ.
Getreide über die grüne Grenze
importieren. Aber das sah man eben nicht.
Er habe recht gehabt und nun wolle man ihm
die Schuld geben, daß Ernährung
zurückgehe. Deshalb sei er entschlossen, noch
radikalere Denkschriften zu unterzeichnen.
Sie -- d.h. Führer und Göring --
sollten eben jetzt die Konsequenzen sehen.
Man habe auf ihn nicht gehört. Sein
Kampf sei gescheitert . . . . . . Und
persönlich habe er dabei alles
geopfert. Er habe nichts. Eine
dürftige Amtswohnung, die man ihm
nehme nach dem Kriege. Kein privates
Leben, kein Vermögen. Völlig arm
. . . . . .. Er kam immer wieder auf diese Tiraden.
Ein erledigter gebrochener Mann. Dabei
sieht er nicht einmal, daß nicht
seine Aufgabe gescheitert ist, sondern er.
Seine Aufgabe hat er längst selbst
aufgegeben, und sie ist von mir allein
gestaltet. Daher mein steigendes Ansehen
oben und unten. Ich habe ihn nicht
beruhigt. Der Mann ist es nicht wert.
Nicht eine Aufgabe hat er gesehen, sondern
nur sein kleines ruhmsüchtiges und
willkürliches "Ich". Und so ein
Leichnam hat noch vor 3 Monaten den Kampf
gegen mich über den Rausschmiß
Behrens geführt. Ich habe nicht mal
Hass, sondern nur unsagbare Verachtung vor
diesem Spieler, Blender und Taktiker
gefühlt, der sein so ungeheuerlich
selbstverschuldetes Scheitern nun dem
Führer anhängen will. Das Ganze war unsagbar widerlich. Der
Zusammenbruch eine Egoisten, dem jedes
Mittel, jede Willkür recht war, nur
um sein "Ich" herauszustellen. Ein
Plagiator und Byzantiner. Die
Anmaßung, den Führer für
sein Versagen verantwortlich zu
machen. Wie lange dauert das nun an? Ich habe
fast nichts gesagt. Nur genickt, wenn er
vom Scheitern sprach. Wenn er aber
erfährt -- dieses
Stehaufmännchen -- von meiner
Aufgabe, d.h. von der Möglichkeit,
wiederum auf Kosten meiner Arbeit dort
für sich klingenden Lohn und Ruhm zu
kassieren, dann -- das sehe ich jetzt
schon -- ist er wieder anmaßend und
beginnt zu knebeln. -
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